Kapitel 45

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Es hatten sich in der Zwischenzeit immer mehr Menschen zu uns gesellt.

"Einen schönen guten Abend miteinander" sagte eine Person, die ich erst nicht sehen konnte, da ein großer Mann vor mir stand,der dann aber glücklicherweise einen Schritt zur Seite machte.

"Nennt mich bitte Spike" Ja, der Name passte. Die Person sah ziemlich verrückt aus. Die Haare hatten eine Mischung aus lila und blau. Spike trug eine Hose, deren eines Hosenbein schwarz und die andere rot grün kariert. Ein schwarzes oversized Shirt einer Punkrock Band rundete das Erscheinungsbild ab. Ich mochte Spike jetzt schon. Ich war mir aber nicht sicher ob Spike ein Geschlecht hatte. Es sah so aus als sei Spike nichtbinär. Als ich genauer hinsah hatte Spike tatsächlich die Nonbinary Flagge als Pin am Shirt.

"Ich hoffe ihr habt euch alle Wechselkleidung mitgebracht, denn es ist gut möglich, dass sich der ein oder andere in die Hose macht." lachte unser Tourguide.
"Also, jetzt ist die letzte Gelegenheit für alle, die es sich nochmal anders überlegen wollen. Alle anderen folgen mir nun bitte in die dunklen Steinmauern!" die letzten Worte sprach Spike irgendwie gruselig aus.

Ryan lief vor mir her und ich versteckte mich ein wenig hinter seinem Rücken. Ich hatte bisschen Angst, wenn ich ehrlich war.

Zuerst liefen wir in den Thronsaal. Dieser war langezogen, an den grauen Steinwänden hingen alle möglichen Gemälde, Schwerter, Waffen. In der Mitte vom Raum stand eine lange Tafel, dedeckt mit Goldbesteck.

Die anderen Gäste sahen sich um und Spike lehnte gelassen an einer Wand mir gegenüber.

Ich sah mir den Tisch genauer an als Ryan seine Hand an meinen Rücken legte, dies hätte mir nichts weiter ausgemacht, aber seine Hand rutschte ziemlich tief.
Ich sah zu meiner rechten, wo ich meinen Cousin vermute, da war er aber nicht. Als ich links hinter mir sah, erkannte ich Ryan, an der Wand stehend und sich ein Bild ansehend.
Erschrocken wich ich zur Seite und kreischte kurz auf.

Ryan kam sofort zu mir "Alles in Ordnung?", fragte er, "Du bist so blass!" besorgt nahm er mich in die Arme. Ich sah wie Spike auf uns zukam.
"Na, da hat Thornten aber schnell zugegriffen. Wo hat er dich berührt?" Spike grinste frech. Ich dachte, eine Berührung gespürt zu haben, aber da war ja niemand bei mir! Oder etwa doch?

Spike wendete sich zu den Menschen im Raum und meinte etwas lauter "Thornten war ein Ritter, dieser Burg und bekannt dafür blonde, hübsche, junge Männer zu umwerben. Nein, umwerben ist das Flasche Wort, bedrängen wäre an dieser Stelle richtig. Junge Männer haben hier oft das Gefühl beobachtet zu werden, besonders, wenn sie hier übernachten. Nachts kommt es dann zu Übergriffen." erklärte Spike "Aber er ist sonst harmlos, keine Sorge!" zwinkerte Spike.

Mein Herz raste immernoch und ich schwöre, wenn Ryan mich nicht festgehalten hätte, wäre ich umgekippt. Meine Knie waren weich wie Butter!

"Ich wünschte ich wäre an deiner Stelle gewesen! Du hast gerade eine Paranormale Erfahrung gehabt! Nach so kurzer Zeit, ich bin ja fast neidisch!" lachte Ryan.

Spike meinte dann an Ryan gerichte "Keine Sorge, die Chancen, dass du ebenfalls eine paranormale Begegnung hast liegt hier nach Einbruch der Dunkelheit bei über 80 Prozent. Besonders im Folterkeller!" grinste Spike. Unserem Guide schien es zu gefallen, dass hier Leute erschreckt werden! Spike kannte bestimmt jeden Spuk hier schon auswendig.

Nachdem unser Guide noch etwas zur Geschichte dieser Burg erzählt hatte liefen wir weiter durch die Burg. In Schlafgemächer, einen Turm und zum Schluss tatsächlich in einen Folterkeller. Heilige Scheisse!

Die Atmosphäre hier unten war bedrückend! Es war stickig und mir wurde furchtbar übel. Die schummrige Beleuchtung machte die Situation hier nicht besser, das Licht ahmte die Fackeln nach, die damals hier den Untergrund erhellte.

Rechts und links des Ganges waren verschiedene Folterinstrumente zu sehen mit passender Beschreibung. Ich sah nicht hin, aber Ryan interessierte sich dafür. Ich blieb immer dicht an seiner Seite und vergrub mein Gesicht in seinem Arm, wenn ich etwas nicht sehen wollte.
Am liebsten wollte ich hier raus, aber mein Cousin zog mich immer hinter sich her und ihm jetzt den Spaß verderben indem ich raus ging, wollte ich nicht. Also ließ ich die beinahe Wort wöchentliche Tortur über mich ergehen.
Spike erzählte an jedem Ort von übernatürlichen Erlebnissen von Gästen oder der Burgverwalter.

Die anderen, die die Führung mitmachten fragten hin und wieder etwas, einige waren skeptisch andere glaubten fest daran.

Irgendwann hatte ich den Schrecken hinter mir. Wir liefen wieder zum Auto. Ich war todmüde und sehnte mich nach einem Bett. Ryan beschwerte sich die Autofahrt darüber, dass er kein bisschen Spuk mitbekommen hatte. Ich hörte ihm kaum zu, da ich wegdöste. Zuhause angekommen steig ich wortlos aus und lief gähnend in das Haus.

Ob Nico noch wach war? Mit Sicherheit! Tatsächlich, die Geschwister saßen am Tresen in der Küche und diskutierten angestrengt. So sehr, dass sie und nicht bemerkten.

"... Ist es nicht!" beschwerte sich Rose, "Schwesterherz, bei diesem Fluch ist es besser eine energetische Reinigung durchzuführen als eine reine Entfluchung! Bei der Reinigung bist du besser geschützt, auch von innenheraus!" erklärte Nico ruhig.

"Hallo, wir sind wieder da" sagte Ryan und unterbrach die Diskussion. Sofort änderte sich die Körperhaltung der beiden, sie lächelten und wirkten nicht mehr angespannt.

"Hey, na du" Nico stand auf, kam zu mir und küsste mich. Wie gut es tat wieder bei ihm zu sein, den ganzen Tag über hatte ich kaum Gelegenheit über hin nachzudenken, aber jetzt spürte ich umso mehr, dass ich ihn vermisst hatte.
"Du siehst müde aus", stellte Nico leise fest, "geh schlafen, ich komme später auch" er küsste mich nochmal und ich nickte lächelnd.
Als ich hochgehen wollte sah ich noch kurz Ryan, wie er in seinem Schlafzimmer verschwand.

Er hatte garnichts mehr gesagt, nicht mal gute Nacht. Was zum Kukuk hatte er nur?

Ich musste es morgen um jeden Preis herausfinden!

mors et vita Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt