Kapitel 1

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Widow

Ich schmeckte das warme Blut meines Opfers auf der Zunge. Einige Minuten war ich damit beschäftigt den Körper der roten Flüssigkeit zu berauben, bevor ich dann von ihm abließ um die Taschen seines Anzugs zu durchsuchen.
Recht schnell fand ich was ich suchte und hielt den kleinen Datenträger in die Luft.

"So eine Verschwendung.", murmelte ich, steckte den Stick ein, "Der Anzug war sicher teuer."
Dann verfrachtete ich die Leiche in einen nahestehenden Müllcontainer.
Ich schickte eine SMS mit dem jetzigen Standort an den Entsorgungsdienst und steckte mein Handy wieder ein.
Dieser Job war erledigt.

Eine Sekunde lang sah ich mich um und ließ meinen Blick über die Fenster der Seitenstraße gleiten.

Zwar war ich mir sicher, dass uns niemand verfolgt hatte, aber trotzdem musste ich mich davon überzeugen, dass niemand dieses Spektakel beobachtet hatte.
Andernfalls musste ich mich darum kümmern.
Dank dem Hut hätten sie mein Gesicht zwar nicht sehen können, aber trotz allem war Vorsichtig geboten.

Obwohl ich gewillt war es drauf ankommen zu lassen. Es war Frühlingsbeginn und tagsüber schon verdammt warm.
Deshalb nervte es mich, dass ich auf die UV-Strahlen resistente Kleidung angewiesen war, aber dies brachte ein Leben als Vampir nun mal mit sich.

Vor mittlerweile gut 180 Jahren wurde ich gebissen.
Ich wurde in eine Falle gelockt.
Dass ich überlebt habe, verdankte ich nur meinem ehemaligen Partner Norman.
Partner im Sinne von Detektive.
Norman hatte dem Vampir während dem Biss den Kopf abgehackt.
Mittlerweile wusste ich, dass sich der Virus auf diese Art übertrug, deswegen legte ich viel Wert darauf einen Biss wirklich zuende zu bringen. Alles andere brachte nur weitere Unannehmlichkeiten mit sich, mal abgesehen von der Tatsache, dass es äußert schwierig war sich während dieser Art des Tötungsdelikts wieder unter Kontrolle zu bringen.
Als Norman nach kurzer Zeit, ebenfalls von einem Vampir, ermordet wurde, bin ich dem Ganzen auf die Spur gegangen, habe unterwegs die Selbstkontrolle verloren und bin deshalb dann irgendwann Berufsmörder geworden. Damals hatte ich meine Zelte in London abgebrochen und war zu Beginn der Neuzeit nach New York gezogen und hatte

Ich klopfte mir die Hose ab und verließ die Gasse um zu meinem schwarzen Jaguar zu gehen, der ein paar Blocks entfernt stand.
Ich schlug instinktiv einen anderen Weg ein, als den, auf dem ich gekommen war.
Abseits der Menschen und Polizisten, die nun gaffend und mit Notizblöcken an dem Taxi standen.

Fraglos musste ich mich beeilen. Sobald es um einen Skandal geht, will jeder was zu melden haben, sei es nur um Fernsehen zu landen.
Und ein Mann in Umhang und Hut ist einfach auffällig, auch in New York.
Unbemerkt stieg ich ein, startete den Motor und reihte ich mich zwischen den anderen Autos ein.

Als Vampir war das Leben gar nicht so einfach, aber mit genug Grips konnte man sich darauf einstellen.
Als einfaches Beispiel: das Alleinsein.
Nach der ersten Phase der Einsamkeit und den ersten dreißig Jahren, in denen man beobachtete wie alles alterte, wurde einem dann schmerzhaft bewusst, dass man nicht mehr in diese Gesellschaft gehörte.
In der Regel war man nach wenigen weiteren Jahren froh, wenn man seine Ruhe vor diesen ganzen engstirnigen Idioten hatte.

Vor mir sprang eine Ampel auf rot um.
Ich bremste genervt.

Dann nahm ich meinen Hut ab und legte ihn neben mich auf den Beifahrersitz.
Gottseidank hatte ich meine Haare heute morgen mit etwas Gel zurückgekämmt. Anderenfalls würden mir meine leichten, schwarzen Locken jetzt ins Gesicht hängen und mich in den Wahnsinn treiben.

Um direkt allen Geschichten den Wind aus den Segeln zu nehmen: Wir glitzerten nicht in der Sonne, wie in diesen absurden Filmen.
Ab einer bestimmten Generation der Vampire stimmte allerdings die Sache mit dem fehlenden Spiegelbild, woran zum Henker auch immer das lag.

Vampire Agent (abgeschlossen)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt