Atme! (Michael (Lucifer) POV/Angst)

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Ein Entwurf aus 2020, den ich vermutlich nicht mehr beenden werde, der aber so weit ganz gut klingt, deswegen lade ich ihn trotzdem hoch. Enjoy.

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Seine Gedanken rasten, das Blut pochte so lautstark durch seine Adern, dass er es in seinen Ohren wahrnahm.
Verzweifelt krallte er sich an seiner Bettdecke fest, Schweiß stand auf seiner Stirn.
Vor seinen Augen immer wieder Chloe Deckers Gesicht, Wutverzerrt, in seinen Ohren seine eigene Stimme: "Tun Sie's!"
Und dann die Stimme seines Bruders, seiner eigenen so ähnlich:
"Detective! So bist du nicht."

Michael fuhr hoch, sein Atem flach und schnell, Schmerz schoss ihm den Rücken hinauf an der Stelle, an der Lucifer seine Flügel von seinem Körper getrennt hatte, um ihn zu bestrafen.

Nicht genug, zischte die Stimme in seinem Kopf: Du solltest gar nicht mehr hier sein.

Seine Hände verkrampften auf dem weißen Laken, ein unangenehmer Piepton hatte sich in seinem Schädel breitgemacht. Er fluchte und strampelte die Decke von sich, um aufzustehen.
Er stand beim zweiten Anlauf, wackelig, aber er stand.
Als er die Matratze musterte, erkannte er, dass sich eine der Wunden geöffnet haben musste, denn darauf war ein braunroter, bereits angetrockneter Blutfleck zu sehen.
Er fluchte erneut. Verfluchte Lucifer, Detektive Decker und seinen Vater, der nicht einmal den Mut gehabt hatte, ihm zu sagen ob er ihn nun liebte, oder nicht.

Eifersucht machte sich in ihm breit in dem Wissen, dass Lucifer so viel Aufmerksamkeit von ihrem Dad bekommen hatte. Lucifer hatte es versaut, hatte eine verdammte Revolution angezettelt und was hatte er dafür bekommen? Ein eigenes Königreich, eine Befreiung von jeglichen himmlischen Pflichten und einen freien Willen plus auf ihn zugeschnittene Kräfte, die ihn von anderen Engeln unterschieden.
Und Michael? Michael war geblieben. Hatte sich um die silberne Stadt gekümmert und absolut nichts dafür bekommen.

Er verschränkte die Arme hinter dem Rücken in der Hoffnung, mit der Dehnung dem stetigen stumpfen Schmerz in seiner schlechten Schulter entgegenzuwirken.
Ein Brennen breitete sich von den Brandwunden an seinem Rücken her aus, als seine Haut sich spannte. Ein Winseln entfuhr ihm, für das er sich gerne selbst eine verpasst hätte.
Wütend auf sich selbst, zwang er sich dazu, seine Arme nach oben zu strecken, seine Schulter knackte, als sie zurück ins Gelenk rutschte.
"Ahh..", knurrte er, bevor er die Arme wieder sinken ließ, und sich seine schlechte Schulter zurück nach oben schob, in die unnatürliche Position, in der sie für immer gefangen war.
Er war ein Krüppel. Der verunstaltete, ungeliebte Zwilling. Nicht mal seine Flügel waren ihm noch geblieben. Lucifer hatte den Job ihres Vaters übernommen und er war ein Nichts.

Plötzlich wurde ihm bewusst, dass er vergessen hatte, zu atmen. Er öffnete den Mund, aber irgendetwas hielt ihn davon ab, seine Lungen mit Luft zu füllen.
Er fühlte sich wie ein Schiffsbrüchiger, der auf offener See, umgeben von Milliarden Litern von Wasser, verdurstete.
Er schwankte.
Lächerlich, schnarrte die Stimme in seinem Kopf, die immer mehr wie die seines Bruders klang.
Du bist kein Engel, du bist kein Mensch, du bist ein verkrüppeltes, kastriertes Mischwesen ohne Sinn und Zweck., zischte sie. Es gibt niemanden, der dich liebt. Lucifer hat dich bloß am Leben gelassen, um dich zu quälen. Er ist der Teufel, er ist der König der Hölle und er hat dich in eine Höllenschleife auf Erden versetzt.

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