Kapitel 6

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Als Joseph merkte, dass Hope verschwunden war, hatte er sofort eine der Wachen aufgesucht und einen Vermissten gemeldet. Diese schienen jedoch kaum Interesse daran zu haben, was Misstrauen in ihm weckte. Wissen sie über sein Verschwinden Bescheid? Haben sie etwas damit zu tun? Er erhielt keine Antworten und ihm waren die Hände gebunden. Ich hoffe dir geht es gut, Kleiner.

Während Joseph alleine zur Arbeit ging, wurde Hope wie eine Ware über ein Portal zum Versteigerungsort gebracht. Er verbrachte die Nacht eingesperrt in einem Raum. Verzweifelt krallte er sich in das Kissen und begann zu weinen. Was passiert mit mir? Ich habe Angst. In solchen Momenten hätte er Grace angerufen, doch diese war unerreichbar für ihn.

Irgendwann schlief er ein, hoffte, dass dieser Alptraum doch endlich enden würde.

Am nächsten Tag war es so weit. Mit einem lauten Knarren öffnete sich die Tür und Hope schreckte hoch. Jemand betrat den Raum und er wurde am Arm aus dem Bett gezogen. Der fremde Dämon ging mit ihm in einen weiteren Raum. Hope zitterte, traute sich kein Wort zu sagen.

„Wir werden dich jetzt bereitmachen. Leiste keine Gegenwehr", erklang dessen gefühllose Stimme.

Er wusste nun, dass Dämonen seine Sprache sprechen konnten, sie taten es einfach nur nicht. Warum sollte auch eine simple menschliche Seele verstehen sollen, was sie reden? Schweigend mit gesenktem Kopf lief er hinter dem Dämon her, der ihn in einen anderen Raum brachte.

Liv, eine angestellte Dämonin des Versteigerungsortes, hasste ihren Job. Doch sie hatte keine Wahl, denn sie musste die Schulden ihrer Eltern begleichen. Also arbeitete sie dort, wo sie die armen Sklaven, die versteigert werden sollten, schön herrichtete, damit sie einen hohen Preis erzielten. Die Tür ging auf und der arme Tropf wurde hereingeführt. Mit gesenktem Kopf und geschlossenen Augen stand er dort, zitterte.

Hölle, er ist so jung. Dazu schien es kein Dämon zu sein, sondern eine menschliche Seele. Sie konnte es sich jedoch nicht leisten, Mitleid zu empfinden, was grausam war. „Zieh dich aus und steig in die Wanne. Ich werde dich waschen und vorbereiten. Leiste keine Gegenwehr, sonst werden sie dir wehtun", sagte sie in seiner Sprache und konnte dem Jungen nicht ins Gesicht schauen.

Hope schwieg und blieb stehen. Er wusste nicht, wo die Wanne war, und hatte auch nicht die Motivation, sie mit seinem Klick-Sonar zu suchen. Sie würde ihn schon hinbringen.

Liv schaute ihn verwundert an. Zwar konnte sie seine Reaktion verstehen, doch es brachte nichts. Also lief sie zu ihm und zog ihn neben die Wanne. „Zieh dich bitte aus."

Hope begann sich zu entkleiden und entblößte seine tiefen Narben auf der Brust und dem Rücken. Die Dämonin sog scharf die Luft ein, sagte jedoch nichts. Vorsichtig tastete er nach dem Rand und stieg in das mit Wasser gefüllte Becken. Er spürte, wie er mit einem Lappen am ganzen Körper gewaschen wurde.

Liv schrubbte erst seine Arme, dann seinen Oberkörper. Er hat so weiche Haut. Wenn die Narben nicht wären... Nein, er ist auch so eine Schönheit.

„Heb deine Füße. Deine Schenkel und deinen Schritt kannst du selbst waschen, oder soll ich das übernehmen?", fragte sie ihn.

Hope schüttelte den Kopf und hielt ihr, nachdem sie seine Beine gewaschen hatte, die offene Hand hin. Ich will das nicht. Ekel breitete sich in ihm aus, als er sich zu waschen begann. Zitternd hielt er ihr dann den Lappen hin.

„Gut, steig aus der Wanne."

Hope gehorchte und stellte sich tropfnass neben das Becken und versuchte seinen Schritt zu bedecken. Er hasste jede Sekunde und es wurde immer schlimmer. Daraufhin spürte er einen weichen Stoff, der seinen Körper trockenrieb. Sie arbeitet systematisch, sie muss das schon oft gemacht haben.

Hope - ein schicksalhafter Augenblick (BAND 5) ✅Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt