Kapitel 27

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„Hope, möchtest du etwas essen?", fragte die weiche Stimme des Fremden.

Vorsichtig richtete sich Hope auf und nickte. Er griff nach dem Essen und biss herzhaft hinein. Ein köstlicher Geschmack flutete seine Geschmackssensoren. Himmel ist das lecker. Wieder spürte er ein vertrautes Ziehen.

Sereph lächelte. „Das ist dein Lieblingsessen", sagte er und freute sich, den fröhlichen Gesichtsausdruck seines Gefährten zu sehen. Er war dünner, als er ihn das letzte Mal gesehen hatte. Er schien einen großen Teil seiner Muskeln verloren zu haben, den er sich in seinem Training mit Lyric und Nix antrainiert hatte.

Hope spürte, wie sein ausgehungerter Körper das Essen eifrig umsetzte, so wie er es auch schon in den letzten zwei Wochen getan hatte. Genüsslich aß er alles, was er aufgetischt bekam. „Danke", sagte er. Er spürte eine weiche Hand an seiner Wange und drehte seinen Kopf zu seinem Entführer.

„Du musst dich nicht bedanken."

Wieso ist seine Stimme so voll von... Zuneigung? Er war es nicht gewohnt, auf diese Weise angesprochen zu werden. Zudem schien er auch über Hopes Blindheit Bescheid zu wissen. Hat er mich deshalb entführt? Weil ich ein leichtes Opfer bin?

„Ich fahre nun fort, wenn es für dich in Ordnung geht." Kurze Pause, dann knüpfte Sereph an das Letzte, was er gesagt hatte, an. „Du warst bereits für knapp einen Monat in der Hölle, bevor ich dich auf der Versteigerung gefunden habe. Ich habe dich mit zu mir genommen und du hast dich hier eingelebt. Nach und nach konnten wir uns annähern."

Hope hörte misstrauisch zu. Was war dann in diesem Monat geschehen? Mach ich mir darüber jetzt wirklich Gedanken? Es ist fast so, als glaube... Nein.

„Du bist mein Herz. Jeder Dämon besitzt eine zweite Hälfte, die ihm bestimmt ist. Wenn er diese findet, schließen sie einen unzerstörbaren Bund, werden zu einem."

„So etwas wie ein Seelenverwandter? Und eine Heirat?", fragte Hope.

„Seelenverwandter könnte eine passende Beschreibung in eurer Sprache sein, doch Heirat ist es nicht. Es ist etwas viel Tieferes, das nicht mehr rückgängig gemacht werden kann", erklärte Sereph. „Wenn man sein Herz findet, ist es, als atme man zum ersten Mal. Man spürt einen tiefen Frieden und eine Leere wird gefüllt, die kein anderer zuvor zu füllen vermochte. Man wird ganz. Doch es hat auch Nachteile. Wenn man von seinem Herz getrennt wird oder es verliert, bildet sich eine entsetzliche Leere. Man folgt seinem Herz, denn diese Leere kann niemand ertragen."

Diese Worte trafen Hope tief. Die Gedanken, die ihn die ganze Zeit gequält haben, drangen an die Oberfläche.

Erneut erklang das laute Piepsen. Alles, was er wollte, war weiter in dieser Ruhe zu gleiten. Kein Lärm, kein Schmerz, einfach nur Frieden. Warum fühlte er dann einen solchen Schmerz in seiner Brust? Woher kommt diese Leere? Ich will das nicht.

„Hope, hast du Schmerzen in der Brust?"

Hope schüttelte den Kopf, was den Vater erleichtert ausatmen ließ.

„Nein. Aber es fehlt etwas. Ich habe etwas verloren", sagte er und plötzlich spürte Hope, wie heiße Tränen über seine Wangen liefen. Was habe ich verloren? Was fehlt?

Heiße Tränen liefen über Hopes Wangen. Er wollte das nicht mehr, er wollte ihm nicht weiter zuhören. Es tat zu weh. „Bitte lass mich alleine", schluchzte er. Er musste alleine sein.

Der Dämon zögerte, stand dann aber auf. „Bitte ruf mich, wenn du etwas brauchst. Ich werde sofort kommen." Dann ließ er Hope schweren Herzens alleine.

Hope - ein schicksalhafter Augenblick (BAND 5) ✅Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt