Kapitel 5

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Man konnte Hope die Angst im Gesicht ablesen. Dämonen? Sie waren in der Hölle, natürlich gab es dort Dämonen. Doch wollte er ihnen begegnen? - Nein, ganz klar.

„Macht euch an die Arbeit. Eure Pause ist vorbei", rief eine Stimme. Das musste einer der Dämonenwärter sein.

Der gefallene Engel lief durch die Reihe und schaute, dass die Seelen wieder an die Arbeit gingen. Irgendetwas hatte den Ablauf gestört und er würde herausfinden, was das war. Schon bald entdeckte er die vermeintliche Ursache. Ein blonder Junge saß zusammengekauert auf dem Boden, hatte die Augen geschlossen.

„Ein Neuankömmling?", fragte er die menschliche Seele neben ihm. Dieser nickte. Er ist aber sehr jung.

„Gut, dann wirst du ihn erst einmal unter deine Fittiche nehmen und ihm die Arbeit zeigen, die ihr zu verrichten habt." Erneut nickte dieser und verbeugte sich. Misstrauisch schaute er wieder zu dem Jungen. Er würde ihn im Augen behalten.

Als der gefallene Engel gegangen war, atmete Hope erleichtert auf. Er hatte an dessen Aura spüren können, dass er nicht menschlich war. Aura? Bin ich nun völlig verrückt geworden? Doch es war einfach so gewesen. Der Fremde hatte sich anders angefühlt, er konnte es nicht erklären.

„Hope, kannst du aufstehen?", fragt Joseph freundlich. Dieser nickte und Joseph half dem Neuankömmling auf. Fürsorglich nahm er seine Hand und lief mit ihm zum Ort, an dem sie arbeiten würden.

„Versuch nicht aufzufallen und vor allem lass sie nicht wissen, dass du blind bist. Halte dich einfach an mich. Ich beschütze dich, so gut ich kann."

„Ok. Danke, Joseph."

„Nichts zu danken, mein Kleiner."

Gemeinsam gingen Hope und Joseph zu einem etwa zehn Minuten entfernten Gebäude. Dort gingen sie durch ein Tor und betraten eine Halle.

„Das hier ist die Arbeitshalle. Wir arbeiten hier in Schichten. Es gibt insgesamt zehn Gänge mit jeweils zehn langen Becken. Dort gibt es im Abstand von einem Metern Stühle, auf die wir uns setzen. Wir sieben und waschen Erde, um Edelsteine und Mineralien freizulegen."

Joseph versuchte, ihm alles zu genau wie möglich zu beschreiben.

„Hope, du musst die Augen aufmachen, solange wir nicht an unseren Plätzen sind. Ich sag dir dann, wenn du sie wieder schließen kannst", warnte ihn sein Beschützer.

Hope gehorchte, auch wenn er es nicht mochte. Er ließ sich von Joseph zu einer Reihe ziehen und setzte sich auf den Stuhl neben diesem.

„Vor dir ist das Sieb. Es ist in den kleinen Fluss integriert. Du musst nun eine Hand voll von der Erde links aus dem Sack neben dir nehmen und hineinlegen. Dann schiebst du sie so lange hin und her, bis alles weg ist und nur die Festkörper zurückbleiben. Diese sammelst du und wirfst sie rechts neben dir in den Behälter. In Ordnung?"

Hope nickte. Seine Augen begannen zu tränen. Als er endlich hörte, dass er die Augen schließen konnte, seufzte er. Mit seinem Klick-Sonar konnte er ungefähr seine Umgebung abschätzen. Er griff mit beiden Händen neben sich und nahm etwas von der Erde und legte sie in das Sieb, das in einem fließenden Kanal war. Als seine Hände auf das kalte Wasser trafen, zuckte er kurz zusammen. Mit Schieb- und Ziehbewegungen presste er die Erde durch das Sieb und bald spürte er die spitzen Kanten von übriggebliebenen Steinchen.

„Das passt, du kannst sie einsammeln", sagte Joseph und Hope tat, wie ihm geheißen. So saßen sie eine Weile stumm da.

„Joseph, wie lange bist du schon hier?", fragte Hope. Er mochte die Stille nicht, die herrschte.

Hope - ein schicksalhafter Augenblick (BAND 5) ✅Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt