Als er fort war, bewegte sich Lyric zum ersten Mal und ließ seine erstarrten Gelenke kreisen. Dann schaute er sein Orakel an. In einem ruhigen Ton sprach er, auch wenn es in ihm brodelte: „Nix. Was ist hier passiert?"
Nix schaute ihn an. „Ich habe ihm etwas von meinem Blut gegeben."
Lyric war sprachlos.
Tori schaute ihn an. „Verstehe. Du willst also das triggern, was er bezüglich Serephs Blut erwähnt hatte? Das war nicht dumm, doch gefährlich. Wenn sein Körper dein Blut abgestoßen hätte, hätte das ins Auge gehen können."
Nix stand auf und sagte lauter als beabsichtigt: „Ich weiß. Aber wir haben keine Alternative, verdammt. Wenn er nicht stärker wird, wird das unser Ende bedeuten. Ich habe nicht Jahrhunderte lang gelitten und mein Leben riskiert, um endlich mein Herz zu finden, damit man es mir nach einem Jahr wieder wegnimmt."
Lyric schaute ihn an und zum ersten Mal verstand er Nix' Handeln. Er will mich – nein, uns – nicht verlieren. Die Last, uns alle durch diese Zeit zu bringen, liegt ganz alleine auf seinen Schultern. Wenn er nur einen Fehler macht, könnte das unser Ende bedeuten.
Er nahm seinen Liebsten in die Arme und gab ihm einen liebevollen Kuss. „Es ist alles gut, Kəpək. Ich bin da. Ich werde nicht fortgehen und wir werden das gemeinsam schaffen", flüsterte Lyric und Nix umschlang seinen Gefährten. In seinen Armen begann er zu zittern und Lyric spürte seine heißen Tränen an seiner Brust. Beruhigend strich er ihm über den Scheitel.
Tori hatte sich zurückgezogen, um den beiden ihre Privatsphäre zu lassen.
„Latíz, vergiss nie, wir tragen diese Last gemeinsam. Alles. Gemeinsam."
Nix schluchzte. „Ich weiß. Und doch kann ich dir vieles nicht sagen. Ich hasse es. Ich will dich nicht verärgern oder sauer machen. Es tut mir leid, dass ich so schwach und nutzlos bin."
Lyric lachte leise. Wenn jemand nicht schwach war, dann Nix. „Rede keinen Unsinn, Kəpək. Wir sind beide stark genug, um das zu überstehen. Immerhin wollen wir doch nicht, dass unsere Kleinen irgendwann in einer Welt der Zerstörung aufwachsen", sagte Lyric Liebevoll.
Nix schaute ihn mit geröteten Augen an und lachte. „Willst du etwa Kinder mit mir?", sagte er frotzelnd.
„Warum nicht?", fragte Lyric mit gespielter Überraschung.
„Weil sie ein Chaos werden, wenn sie nach mir kommen", sagte Nix und hickste. Er wischte sich die Tränen weg und drückte den Rücken durch.
„Ja, das werden sie. Ganz sicher."
Der Moment der Schwäche war vorbei. Lyric ergriff die Hand seines Liebsten und gemeinsam gingen sie in ihre Zimmer, wo sie lachend ihre Liebe miteinander teilten.
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Hope ging es an diesem Abend und dem darauffolgenden Tag immer schlechter. Er konnte kaum aus dem Bett aufstehen, jede Bewegung war eine Zumutung für seine Ohren. Wenn ich dieses Orakel erwische, dann... Doch wie sollte er auch? Fokussier dich. So konnte es nicht weiter gehen. Er musste aus diesem Höllenloch raus.
Ihm war aufgefallen, dass sich etwas verändert hatte. In den vergangenen Stunden hatte sich ein Bild vor seinen Augen manifestiert. Er konnte es nicht genau erklären. Es war wie eine Art Karte, auf der alles, was Nix gesagt hatte, verzeichnet war. Die Prophezeiung, Zeit, Empathie und Wissen, Sereph und er, sowie der Rest, den er über die Hölle erfahren hatte. Es hatte sich eine Ordnung darin gebildet, die ihn alles ganz klar sehen ließ.
Nun war ihm auch klar, welche Rolle er spielen würde, zumindest nahm er das an. Er war Serephs Herz – somit seine größte Schwachstelle. Wenn er starb, würde Sereph ihm folgen. Infolgedessen würde das Gefüge der Hölle aus dem Gleichgewicht geraten. Es würde ein Krieg um die Nachfolge geben, was es ihren Feinden – Telos – ermöglichen würde, die Prophezeiung voranzutreiben. Telos. Interessant, dass sie die griechische Bezeichnung für Ende gewählt haben. Griechisch? Woher wusste er das? Verdammt, ich drehe durch. Bestimmt hatte jemand das erwähnt.
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Hope - ein schicksalhafter Augenblick (BAND 5) ✅
Fantasy„Was wollen Sie damit sagen? Welches Recht haben Sie ihn mitzunehmen?", presste Steve hervor. Der Dämon schaute ihn mit glühenden Augen an, sein bester Freund und große Liebe lag bewusstlos in dessen Armen. „Hope ist mein Gefährte, meine Braut, w...