Sereph entschied sich dafür, sich erst einmal von Hope fernzuhalten. Dies war nicht besonders schwierig, denn Hope war seitdem nicht mehr aus dem Zimmer gekommen. Das Essen wurde zu ihm auf das Zimmer gebracht und das leere Geschirr wieder abgeholt. Hinzu kam, dass es zu mehreren Unruhen in seinem Gebiet gekommen war. Er musste zu den Befehlshabern seiner Divisionen, um ihr weiteres Vorgehen zu klären.
Jaden hatte langsam die Nase voll, also machte er sich auf den Weg zu Hopes Zimmer. Ohne zu klopfen, öffnete er die Tür und trat ein.
Hope lag eingemummelt in seiner Decke auf dem Bett. Sein Kopf hob sich und er schaute Jaden an. „Jaden, was willst du hier drinnen?"
Dass er in der Lage war, ihn zu erkennen, ohne ihn zu sehen, faszinierte ihn für einen Moment, doch dann wurde er ernst. „Hope, wir müssen reden. Sereph ist nicht da, das heißt, du hast keinen Grund mehr, dich hier einzusperren. Komm mit mir in den Garten."
Hope wusste, dass es eine höflich formulierte Anweisung war und offensichtlich wusste Jaden bis zu einem gewissen Grad Bescheid. Hope ballte die Faust und setzte sich auf. Er wollte nicht reden, wollte dieses Zimmer nicht verlassen. In den vergangenen Tagen hatte er viel nachgedacht, doch er hatte keine Ordnung in das Chaos in seinem Inneren bringen können. Vielleicht kann es ja Jaden. Also stand er auf und folgte dem Dämon in den Garten.
Draußen angekommen, setzten sich die beiden auf die Bank. Hope verschränkte nervös die Finger und saß nach vorne gebeugt. Es war ihm deutlich anzusehen, dass er überall sein wollte, nur nicht hier. Doch es war genug, also begann Jaden zu reden: „Hope. Ich lebe nun schon seit mehr als einem Jahrtausend und habe viel gesehen, viel gehört und auch viel gefühlt."
Hope schaute auf, war sich unsicher, worauf Jaden anspielte.
„Du lebst gerade mal ein Fünftel Jahrhundert und es ist viel in deinem Leben passiert. Dazu kommen dein Tod und der Abstieg in die Hölle. Wir wissen nicht, was vor deiner Versteigerung war. In dieser kurzen Zeit hier haben wir alles versucht, damit du dich wohlfühlst und du heilen kannst. Es war nicht fair, was dir passiert ist – doch das Schicksal geht manchmal grausame Wege, um an sein Ziel zu gelangen.
Als Mensch gibt es etwas, was du niemals nachvollziehen kannst – nämlich ein Dämon zu sein. So wie wir es niemals nachvollziehen können, wie es ist, ein Mensch zu sein. Wir leben in einer anderen Welt, haben ein anderes Zeitempfinden. Die Länge deines bisherigen Lebens ist für uns nur ein Augenblick. Es ist ein völlig anderer Blickwinkel, somit können wir auch nicht wissen, wie du die Dinge siehst – und du nicht, wie wir sie sehen. Die einzige Möglichkeit, auf einen Nenner zu kommen, ist zu reden."
Jaden machte eine Pause.
„Ich erzähle dir nun etwas, was für jeden Dämon selbstverständlich ist. Jeder Dämon trägt eine Art zweites Ich in sich, wir nennen es innerer Dämon. Dieser zeigt sich, wenn etwas passiert, was uns aus dem Gleichgewicht bringt. Ein schreckliches Ereignis, ein unermesslicher Verlust, der Verlust jeglicher Kontrolle. Es ist ein Zustand, in dem wir nicht wir selbst sind, in dem unsere Instinkte das Ruder übernehmen.
Je älter der Dämon, desto mehr Kontrolle hat er. Doch gleichzeitig ist es umso schlimmer, sollte diesem die Kontrolle entgleiten und der innere Dämon zum Vorschein kommen. Das ist keine Entschuldigung, keine Ausrede. Es ist eine Tatsache, die unsere Spezies nicht ändern kann, sie ist einfach da."
Hope versuchte das Ganze nachzuvollziehen. „Hat Serephs innerer Dämon die Kontrolle übernommen?", fragte er leise.
Jaden schaute den Menschen an, der seine Beine umschlungen hatte. „Zunächst gibt es noch etwas, das du wissen musst. Wir ernähren uns wie Menschen, doch es gibt auch eine zweite Komponente, die uns Kraft schenkt – Blut. Wir nennen es nähren, aber ich denke, das weißt du schon. Der Körper gewöhnt sich an eine gewisse Menge, die wir in gewissen Abständen zu uns nehmen. Sollten diese Zeiträume gedehnt werden oder es zu keiner Aufnahme kommen, wird es schwieriger unseren inneren Dämon unter Kontrolle zu halten."
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Hope - ein schicksalhafter Augenblick (BAND 5) ✅
Fantasy„Was wollen Sie damit sagen? Welches Recht haben Sie ihn mitzunehmen?", presste Steve hervor. Der Dämon schaute ihn mit glühenden Augen an, sein bester Freund und große Liebe lag bewusstlos in dessen Armen. „Hope ist mein Gefährte, meine Braut, w...