6 | Drei Wünsche

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mit @LonelyArktis

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Ich will mich hier zu deinen Diensten verbinden,
Auf deinen Wink nicht rasten, nicht ruhn;
Wenn wir uns drüben wiederfinden,
Sollst du mir das Gleiche tun.
- Goethe, Faust I, Vers 1656 ff. -

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꧁ Luci ꧂


"Also, was ist es, das du begehrst?"

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"Also, was ist es, das du begehrst?"

Die Frage, die ausgesprochene Verführung, sie jagte jeden Stumpfsinn aus ihren trüben Augen. "Zwei, nein drei Wünsche." Gierig leckte sie sich über die trockenen Lippen.
"Ich will Tod, erst den meiner Mama." Verächtlich spuckte sie die Bezeichnung aus.
"Roger, mein Ehemann, soll sterben und ich als Letzte."

Ohne Probleme machbar für M, bei dem zwar der Name durchaus mit der Größe seines Ranges korrelierte, aber weniger mit der Größe von etwas anderem.

'Ohne Probleme machbar' hieß aber nicht, machbar ohne Gegenleistung.
Alles erforderte einen Preis, und drei Leben, drei Seelen, waren nicht mit ein wenig Blut zu kaufen.
„Abgemacht", sagte M leise, lauernd, "aber dafür...bekomme ich deine Seele."

Sie hatte sich bereits auf den Blutpackt eingelassen, er hatte ihr Blut auf seinen Lippen und sie seines auf ihren. Egal, was sie forderte, er würde es tun, und egal, was er als Gegenleistung forderte, sie war verpflichtet es ihm zu geben.
Blut gegen Blut, so einfach, so simpel, so schnell erreicht.

"Hab ich dir das nicht schon zugesichert, als ich mir den eigenen Tod gewünscht habe?", traute sie sich spöttisch grinsend zu klugscheißern.
Wahnsinn war in ihren Kopf eingedrungen, oder Langeweile. Die Wahl zwischen Langeweile und Wahnsinn, was ist schlimmer?
Langeweile, da schleichen sich die wahnwitzigen Ideen an. Sie bedrängen einen und suchen dich Heim, bis du mit Fantasieprodukten sprichst, willens, weil sie die einzige Art Ablenkung bieten.

Wie auf einem Silbertablett erhielt Luci die pure Versuchung serviert. Es waren die schönsten Sätze, denen Luci jemals lauschen durfte.
"Himmlisch", murmelte sie und schloss die Lieder für einen Augenblick, kostete es bis zur Grenze aus. Dunkle Augen suchten seine rot leuchtenden. 'Wie Warnsignale', schoss es ihr durch den Kopf.

Jäh wurden sie unterbrochen, als die Tür ruckartig geöffnet wurde und Doktor Skinner den Raum betrat.
Über den Rand der Brille warf er der fest geschnürten Frau auf dem Bett einen prüfenden Blick zu, bevor er die Tür sachte wieder schloss und sich auf den Stuhl an ihrem Bett setzte. Mitleidig sah er sie an.
"Es tut mir leid, Luci", begann er mit schwerer Stimme, "wir mussten dich fixieren, um dich vor dir selbst zu schützen. Am Ende unseres Gesprächs nehme ich dir die Riemen und die Jacke ab."

Luci bemerkte den Onkel Doktor erst, als er versuchte mit ihr zu sprechen. Sämtliche Lebendigkeit war fort aus ihrem Gesicht nur Resignation und Desinteresse blieb.
Falsch.
Es war Verrat, der in ihren dunklen Augen blitzte, Mordlust, aber keine unabdingbare, nur die durchschnittliche, die die man dem Mann gegenüber verspürte, der Bonding mit einem ausprobierte, nicht einvernehmlich.

Der Doktor, der zwei Jahre lang Bonding mit Luci betrieben hatte, sprich, den Aufbau einer therapeutischen Beziehung, um das unfreiwillige Bondage, zu dem es nun gekommen war, zu verhindern. Zumindest war dies bei den meisten seiner Patienten der Fall.
Diesmal war es vielleicht anders gewesen.
Vielleicht hatte er sein gutes Bonding mit ihr dazu verwendet, sie zu überzeugen, anstandslos und ohne zu fragen, bestimmte Medikamente zu nehmen. Pillen aus einer Smartie-Dose, die ihr Träume bescherten, süße Träume, verbotene Träume und Albträume.
Luci war süchtig danach.
Pille über Essen.
Pille über Schlaf.
Pille über Pille.

Gerade Psychopharmaka hatten nicht nur eine starke Wirkung, da sie massiv in die Hirnchemie eingriffen - sie hatten auch genauso starke Nebenwirkungen - und Halluzinationen waren da noch die kleinsten.
Halluzinationen, mentaler Zusammenbruch, Selbstmordversuch - gute Gründe für die kleine Weiße, wie die Jacke hier in der geschlossenen spielerisch genannt wurde.
Gute Gründe für ihn, Luci in diese zu stecken.

Ein Kichern an ihrem Ohr.
"Er lügt. Er steht drauf, deshalb hat er dir den hübschen Überzug verpasst", kam es gehässig von ihrer Seite, wo M bequem am Kopfende des Bettgestells lehnte, die roten Augen auf den Arzt gerichtet, ein hämisches Grinsen auf dem Gesicht.

Luci hielt die Klappe. Sonst würde man sie noch für Verrückt halten. Onkel Doktor und jeder andere hielt sie bereits für Verrückt, sie eingeschlossen, also wo war das Hindernis?

Ruhig fuhr der Therapeut fort.
"Deine Mutter will nur dein Bestes. Als sie merkte, dass du instabiler wirst, hat sie mich kontaktiert."

"Er schläft mit ihr. Schon seit zwei Jahren, schon seit du die Therapie angefangen hast. Er hat es mit ihr geplant", kam wieder die Stimme neben ihr, beinahe gelangweilt.

"Was denkst du, ist er besser als mein Vater? Oder ist es nur das Alter?" Luci versuchte den Kopf ein bisschen anzuheben um das Kranke mit Doktortitel zu betrachten. "Reichen vier Punkte?" Mehr als ein Flüstern wurde ihren Worten nicht an Leben eingehaucht. Sie machte sich nicht für den Doktor die Mühe, sie war nur benebelt und schwach.

"Ich dachte wirklich, ich kann dir helfen", kam es betrübt vom Arzt, der Luci nun über seine Brille hinweg von oben bis unten musterte. "Ich wollte nicht, dass es soweit kommt", beendete er mit einem Seufzen.

Ein leises Pfeifen war von M zu hören und er beugte sich nah an Lucis Ohr. "Er stellt sich gerade vor dich hier auf dem Bett zu nehmen, so wie du gerade bist, gefesselt", flüsterte er verschwörerisch in ihr Ohr. "Was für ein böser Doc."
Sein durchdringender Blick richtete sich auf den Mann in mittleren Jahren auf dem Stuhl neben dem Bett.
Ein typischer Therapeut: glühender Anhänger von Freud, selbst das beste Beispiel für den Ödipus-Komplex und besessen von der Idee mit seiner jungen Klientin zu schlafen und Bondage, statt gutem Bonding zu betreiben. Was für ein Klischee.

"Infantiles Schwein."
Wie überaus beschränkt. Besser als eine One Shot Story war seine Fantasie nicht, wenn es stimmte, was M sagte.
Aber waren das M's Worte oder ihre Gedanken?
"Einer lügt, du oder er?", strickte sie ihre Gedanken weiter.
Wenn ihr Denken ein Schal aus Wolle war, dann war es kein sehr warmer, es war einer mit vielen ausgelassenen und verdrehten Maschen, vom Mangelware Stoff gar nicht erst zu sprechen.

Der Doktor rückte die Brille zurecht und sah Luci ernst an. "Ich muss wissen, warum du das getan hast, Luci. Und du musst mir versprechen es nicht wieder zu tun."

"Mir war langweilig. Es war dunkel und ich konnte keinen Rasierklinge finden. Ich denke ich hab auch gar keine? Was meinen Sie?"
Die Objektivität dieser Aussage, pure Ehrlichkeit. Nichts als die reine, unverschönte Wahrheit. Würde er die Lüge in der Wahrheit sehen?
Und das Wahre in der Lüge?

„Nun gut", sagte Skinner seufzend und erhob sich. „Ich sehe schon, heute kann ich nicht vernünftig mit dir reden. Die Nebenwirkungen der Mittel, die wir dir gegeben haben, scheinen noch zu stark. Ich komme morgen früh wieder."
Mit einem kurzen Nicken verließ er den Raum und ließ sie in der Dunkelheit des Zimmers zurück.

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***Wer lügt? Wer sagt die Wahrheit? Was denkt ihr?***

***Wenn euch die Geschichte gefällt, freue wir uns über Kommentare und Votes!***

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