59 | Halleluja

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mit LonelyArktis


Vor den Treppensteigern erstreckte sich ein weites Plateau, an dessen Ende sich ein mächtiges, goldenes Tor gegen den Himmel reckte, ein Himmel, ebenfalls in strahlendem Weiß, wie eine unendliches Licht.

Vor der überdimensionalen Tür stand, genau wie unten, eine lange Reihe von Menschen. Diese jedoch wirkten nicht zusammengekauert und verängstigt, sondern fröhlich, gelöst, sogar glücklich.

So nah, so lange, war sie nie jemanden gewesen, oder konnte sich zumindest nicht mehr daran erinnern, was bewies, dass es ewig her sein musste. Als das Tempo sich verringerte und sie Wärme auf der Haut spürte – es war das helle Licht, das oben alles erstrahlte - traute Aries sich die katzenhaften Augen wieder zu öffnen. Seltsam vertraut und doch anders, was sich vor ihr abspielte.

Peter trabte an der wartenden Schlange vorbei und ließ Aries direkt vor den goldenen Streben zu Boden gleiten, als auch schon ein freudiger Schrei erklang und ein kleiner, vielleicht 12-jähriger Junge mit strahlend blonden Haaren und tiefblauen Augen auf sie zugerannt kam.

„Du, du glaubst nicht, dass die jetzt wütend sind? Wir haben uns vorgedrängelt", murmelte Aries halblaut, merkte gar nicht, dass Peter sie zurück auf den Boden gleiten ließ, bis sie den harten Grund unter den Füßen wahrnahm.

„Petrus", rief der Kleine aufgeregt und fiel Peter stürmisch um den Hals. „Petrus, endlich bist du wieder da! Ich hab dich so vermisst!"

Unsicher huschte ihr Blick von der wartenden Kolonne zu ihrem Wegbegleiter, der plötzlich einen Jungen durch die Luft wirbelte. Das ging ihr alles ein bisschen zu schnell. Ihre Mundwinkel zogen abwärts, ihr fehlte die Körperwärme, die sie die letzten Stunden geteilt hatten und jetzt sollte sie nur noch das dritte Rad am Wagen sein? Andererseits, das hatte sie gewollt. Nach oben kommen. Sie war oben! Mehr war nicht vereinbart gewesen. Was jetzt?

Die Augen des Jungen schimmerten feucht, als Peter ihn fest an sich drückte. „Ich hab' dich auch vermisst, Matthias", murmelte er in dessen Haar, die Stimme belegt. „Komm! Andreas, Jakobus, Johannes und die anderen werden sich auch freuen, dich wiederzusehen", plapperte der Junge aufgeregt drauf los und fasst Peter bei der Hand, zog ihn mit sich durch den Eingang.

„Pet..." Ihn rufen, ausfragen, um Hilfe bitten. Sie konnte nicht, nicht nochmal, nachdem er sie schon hinauf getragen hatte. Verdammt, sie war doch keine Bedürftige, die nur als Blutegel überlebte. Aries verstummte, ihr Mund schloss sich, die Lippen lagen still aufeinander, während ihr Verstand unterbewusst Verknüpfungen schloss. Petrus, Mattias...Andreas, Jakobus, Johannes...

Sollte das der Abschied sein? „Tschüs... Danke", flüsterte sie leise. Anscheinend war es das, wie unten würde sie in der Schlange stehen und auf ‚Jemand' oder ‚Etwas' warten, genau wie alle Menschen hier. Sie konnte nicht durch das Tor marschieren wie Peter mit seinem kleinen Freund.

Er aber auch nicht! In dem Moment, als Peter die Schwelle übertrat, wurde er von den Füßen gerissen. Es schleuderte ihn mit einer solchen Kraft zurück, dass er unsanft auf dem Boden aufprallte und der beißende Geruch von verbranntem Stoff erfüllte die Luft.

„Peter!", laut hörte sie sich selbst schreien, zu ihm rennen und streckte die Hände nach ihm aus. Um was zu tun? Sie waren keine Freunde. Zitternd hielten ihre Finger inne. Und sie verpasste die Gelegenheit.

Geschockt und verwirrt starrte Peter auf das Tor, nahm seine rauchende Kleidung, die Schürfwunden an den Ellbogen und das aufgeregte Getuschel der Herumstehenden, gar nicht wahr.

Auch Matthias schaute mit großen, erschrockenen Augen zu ihm, rührte sich nicht, zu tief saß der Schreck.

Quietschend fuhr er herum, als ein Mann hinter ihm auftauchte und auch das Gemurmel um sie herum verstummte.

Welcome To HellWo Geschichten leben. Entdecke jetzt