61 | Blondinen haben mehr Spaß

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mit LonelyArktis

„Sofort."

Es war nur ein Flüstern, aber das Wort dröhnte in Ms Ohren, ließ ihn zusammenzucken, und alles in ihm schrie danach, dem gegebenen Befehl folge zu leisten, als wäre er nicht mehr Herr über seinen eigenen Willen.

Im Mund schmeckte er den metallischen Geschmack von Blut, so sehr hatte er die Zähne zusammengebissen, sich die scharfen Eckzähne in seine Lippe vergraben.

„Na schön", knurrte er schließlich widerwillig, drehte sich um und trottete zu Hunter, warf K einen letzten hasserfüllten Blick über die Schulter zu.

Dieser hatte inzwischen angefangen unverständliche Worte zu murmeln und auf dem Boden erschienen Zug um Zug Kreidestriche, gezeichnet wie von Geisterhand, formten zwei große Kreise auf dem Boden, verziert mit Schnörkeln, Mustern und Emblemen, die keiner im Raum je gesehen hatte.

„M..." Hunters Blick ging zu Mona, „muss in den einen Kreis."

Er drückte das Buch Mephi in die Hand und lief zu Mona rüber, griff diese fest um die Taille und zog sie in die Mitte einer der großen Kreidezeichnungen.

„Ich werde sie hier halten – für den Fall der Fälle", fügte er mit einem verbindlichen Lächeln an K hinzu, bohrte seine Hände wie einen Schraubstock in Monas weiches Fleisch.

Die auf den Boden gezeichneten Kreidekreise bemerkte Mona erst als Hunter sie schon zu drängen begann. „Was?", Unverständnis und Irritation klangen aus ihrer Stimme, als auch eine Spur von Gereiztheit. Niemand schob sie einfach in der Gegend herum. „Ich warne dich, Hunter. Meine gute Laune und Toleranz für grobe Beleidigungen haben sich schon vor fünf Minuten verabschiedet. Du lässt mich besser los, wenn du dir für heute Nacht was erhoffst." Bis zum bitteren Ende, hoch erhobenen Hauptes - die Queen.

„Und du kannst dich mit Luci in den anderen Kreis stellen. Sie hat bestimmt zu viel Angst alleine."

Er nickte in ihre Richtung und K stimmte knapp zu, zog Luci an sich ran, in die Mitte des Kreises gegenüber von Mona und Hunter.

„Okay und jetzt?", fragte er ungeduldig.

Das Ganze dauerte ihm bereits zu lange, war zu kompliziert und vor allem gefiel es ihm nicht, dass er Hunters Anweisungen ausgeliefert war, weil er das Buch selbst zuvor nicht angesehen hatte.

„Jetzt muss M vorlesen, was dort im Buch steht," sagte Hunter leichthin.

„Tu'es!", erklang Ks Befehl und Ms Blick richtete sich widerwillig auf die Seiten, sein Mund begann, die Worte zu Formen, die unbekannten Laute auszusprechen.

Es war, als wäre der Herr der Unterwelt selbst zu ihnen hinabgestiegen, so plötzlich brach die Dunkelheit in den Raum, nicht, wie die graue Schwärze der Nacht, vielmehr dick und zäh, als seien sie alle in ein Fass mit Pech gestiegen.

Mitten in diesem Nichts begannen die Striche auf dem Boden zu glühen, zu strahlen, Säulen aus Licht zu bilden, die sich nach oben erstreckten, die darin Gefangenen einhüllten, sich über die legte und verschlang.

Rasant beschleunigte Monas Puls sich. Sie hasste die Dunkelheit. Schon immer. Fürchtete sie und die Machtlosigkeit, die mit dem fehlenden Sehvermögen folgte. Die Angewiesenheit auf Licht, oder jetzt Hunters starkem Griff. Flüsternd durschnitt ihr leises Murmeln die Schwärze, „Eins, Zwei, Drei, Vier, ...", endlos zählte sie weiter, ein Akt der Meditation.

Erst mit dem letzten verklungenen Wort verblasste das Licht zunehmend, gab den Blick auf die Körper frei, die in den Kreisen lagen, jeder noch in seinem wie zuvor.

K war der erste, der die Augen aufschlug, stöhnend den Oberkörper aufrichtete und sich die Hände vors Gesicht hielt, sie ungläubig betrachtete. Sein Ausdruck wechselte von Verwirrung zu Erstaunen und schließlich zu einem triumphierenden Grinsen.

„Es hat funktioniert!"

Die Stimme war brüchig und heiser, aber sie war unverkennbar – es war Hunters Stimme.

Für Mona war es als würde ein Strudel aus Energie kräftig an ihr ziehen, nie loslassen, bis ganz unvermittelt der Druck verschwand, sie sah wieder klar und blickte auf ihr eigenes Spiegelbild:

Ihre Silhouette stand in Hunters Armen. Entgeistert schaute sie zurück, dann senkte das Spiegelbild den Kopf und betrachtete sich selbst eingehender; die Blutroten Ferragamos an den Füßen, das Nachtgewand aus Seide, nahm auch eine schwarze Strähne zwischen die Finger und kicherte plötzlich. Das wiederum war keinesfalls Monas wohlklingendes Lachen und Mona würde auch nie auf Highheels taumeln wie eine Betrunkene ohne Gleichgewichtssinn. Die Szene, die sich vor ihr abspielte, wurde immer absurder. Das Spiegelbild zog die Heiligtümer von Schuhen aus, ließ sie unsanft auf den Boden plumpsen. Es schmerzte das Herz, das teure Leder verdiente unbedingt eine bessere Behandlung! Was für ein schrecklicher Albtraum. Konfus legten sich Falten auf Monas Stirn. Sie spürte die Kopfschmerzen schon an der Tür hämmern. „K?", fragte das Spiegelbild schüchtern, zupfte an Hunters Ärmel, lächelte und versuchte gleichzeitig es zu unterdrücken.

Das war kein Spiegelbild. Es war echt. Die Erkenntnis kroch langsam in Monas Bewusstsein, noch wollte sie es nicht glauben. Körper tauschen, das war unmöglich. Bis in die Knochen, kalter Angstschweiß brach über ihrem neuen Körper aus. Unkontrolliertes Frösteln folgte und sie schüttelte beharrlich den Kopf. „Das ist nicht möglich, unmöglich. Nur ein Traum. Das ist nur ein schlechter Traum." Nur endete er nicht und die Panik nahm einen exponentiellen Verlauf an. Eine hellblonde Strähne kreuzte ihre Nase, ließ sie schockiert den Blick von M, mit dem Buch in den Händen, abreißen und in Ks Euphorie trunkenes Gesicht sehen. Das war der perfekte Moment zum Ausflippen.

„Mach das rückgängig. Jetzt. Sofort. HUNTEAHHHH." Schrill und immer schriller, das Kreischen. Alle Muskeln im secondhand Körper gaben gleichzeitig ihren Geist auf, als seien sie plötzlich abgestorben sein. Sie fiel wie eine aus Holz geschnitzte Marionette in sich zusammen. Mit dem Body Swap transmigrierte anscheinend auch die Macht, verlieh Hunter die Position des Herrschers und nahm Mona jegliche Existenzgrundlage. Ab nun war sie der Inbegriff eines Fußabtreters, ein Nichts und Niemand. Die Gliedmaßen unnatürlich verdreht, küsste das blonde Häufchen Elend den kreidebestäubten Fußboden, durchbrach die ersten Linien. Zucken, Schluchzen, abwechselnd, oder auch gleichzeitig. Wie hieß der nette Spruch? Hochmut kommt vor dem Fall. Mona fühlte sich ganz, ganz, ganz am Boden. „Geh weg." Im literarischen und übertragenen Sinne. „Schau mich nicht an. Ich sehe aus wie ein Zombie." Hinter dünnen, kraftlosen Händen, die aussahen als hätten sie weder Sonnenlicht noch Solarium jemals gesehen, versteckte sie das verhasste Gesicht. „Das bin ich nicht." Wenn möglich hasste sie das Gesicht sogar noch mehr, jetzt wo sie es ihr eigen nennen musste.

„Mach dir keine Sorgen, meine Hübsche!" Gut gelaunt streckte Hunter - nun in Ks Körper - die Hand nach Mona aus, fasste sie an der Schulter, strich sanft darüber. Auch wenn sie nun nicht mehr die Sexbombe war, als die er sie kennengelernt hatte, war sie in seinen Augen nach wie vor der selbstbewusste, strahlende Succubus, der ihn faszinierte. „Ich bin mir sicher, du wirst noch gefallen an dem Aussehen finden. Und blond steht dir. Wirklich!" Er versuchte ein schräges Lächeln. 


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