mit LonelyArktis
„Aber wenn man erstmal anfängt, kommt es einem nicht so viel vor", fügte er mit einem entschuldigenden Schulterzucken, begleitet von einem schiefen Grinsen, hinzu.
„Bei Stufe 4.783.938 ist mein Lieblingscafé. Die haben einen tollen Latte Macchiato." Alleine um diesen zu trinken, hatte er schon die Strapazen des Abstie...Anstiegs des Öfteren auf sich genommen.
„Hast du sie gezählt?" Höhenangst war zum Glück noch nie ein Problem gewesen. Ob sie das auf Stufe 4.783.938 immer noch unterschreiben würde? Hinter ihnen wurde die schwere Tür zugeschlagen, was Aries erschrocken zucken ließ und kurz nach hinten sehen, bevor es nur noch weiter nach oben ging.
"Das war mal meine morgendliche Joggingstrecke", antwortete Peter nur achselzuckend und begann leichtfüßig den Aufstieg. "Irgendwann fängt man automatisch an zu zählen."
Ein Lächeln zeichnete sich auf ihren Lippen ab. Es war so ungewohnt, dass es beinahe schmerzte. „Wir gehen wirklich nach oben." Gott, sie konnte es nicht glauben. Himmel, es musste ein Wunder sein. Sie hatte Peter Unrecht getan...
Hundert Stufen brauchte es, dass sie sich räusperte, den Blick stur auf die Treppen gerichtet. Um einen anständiges Wort raus zu bekommen, dauerte es eine weitere Dekade. „Entschuldigung." Beschämt kratzten die Finger ihrer linken Hand am rechten Ellenbogen. Bevor sie das weiter ausführen konnte lenkten dumpfe Laute und feiner vom Himmel rieselnder Sand sie ab. Es war ein sehr rhythmisches Trampeln. „Was – was ist das?"
Sie unterbrachen ihren Weg nicht, auch wenn es scheiße anstrengend war, sie längst das anfängliche Tempo nicht mehr halten konnten und ihnen eindeutig etwas großes entgegen kam und es sang?
"We are soldiers in the army, we've got
to fight although we have to cry we have
to hold up the blood stained banner
we have to hold it up until we die."Die Stimmen verbanden sich mit dem Stampfen, wurden klarer, bis Aries den Text erkennen konnte und die Kompanie schließlich auch sehen. Soldaten in Reih und Glied schritten im illustren Gesang die Treppe runter. Nein, nicht das Militär. An ihrer Spitze schwebte einer mit gewaltigen Flügel voraus, gab mit Klanghölzern den Takt vor. „Engel", flüsterte Aries, drückte sich gegen das Treppengeländer, um der Einheit Platz zu machen, als sie näher und näher kamen. Die Männer hatten kein Auge für sie, gingen unbehelligt an ihnen vorbei, ließen eine sprachlose Aries zurück. Die junge Frau stand noch regungslos da, als sie nicht mehr zu sehen, nur zu hören waren, zupfte fragend an Peters Arm, ohne einen Gedanken formulieren zu können.
Das Stampfen und Singen ließ Peter mit den Augen rollen, während er sich ebenfalls seitlich ans Gitter presste. "Das sind die Vollpfosten der himmlischen Heerscharen. Viel in den Beinen, weniger im Hirn", konnte er sich ein abfälliges Kommentar angesichts von Aries ehrfürchtigem Geflüster nicht verkneifen.
Die Jungs und Mädels der Armee waren nichts weiter als sportliche Poser, die es liebten angehimmelt zu werden. Tatsächlich gaben die durchtrainierten, fein gemeiselten, von zartem Schweiß glänzenden Körper durchaus Anreiz genauer hinzusehen.
Die weißen, luftigen Tuniken, mit breiter, goldener Schärpe an der Taille gebunden, die knapp über den Knien endeten, gaben die Sicht frei auf gestählte Beinmuskeln und der nur an einer Schulter mit goldener Brosche zusammengefassten obere Teil des Kleidungsstückes betonte die wohl geformten Arme der himmlischen Brigade.
Nicht, dass Peter da nicht hätte mithalten können, aber alles in ihm sträubte sich dagegen seinen Körper dermaßen zur Schau zu stellen.
"Eitle Lackaffen", nuschelte er noch in seinen nicht vorhandenen Bart, als er auch schon weiter stapfte, etwas zügiger als zuvor, ohne Rücksicht auf Aries nicht ganz so gut ausgeprägte Kondition zu nehmen.
"Wenn ich mir ebenfalls so nen halbes Handtuch umbinde und nen Paar Flügel auf den Rücken schnalle, schaust du mich dann auch so an?", fragte er grummelnd in Aries Richtung und warf ihr einen scharfen Blick aus blauen Augen zu.
So toll waren Engel nun auch wieder nicht.
„Was? Ich habe sie gar nicht ‚so' angesehen, nur", das plötzliche Stampfen, die Gruppendynamik, das Unisono in jeder Hinsicht: Gesang und Bewegung, wie auch die Flügel. Engel, ihre ersten Engel, rein, gut, definitiv nicht verdorben und schmierig. Ihre weiblichen Geschlechtsorgane hatten überhaupt keinen Platz in der gesamten Angelegenheit. Nicht jeder dachte nur mit dem Schwanz, im femininen Fall, der Vagina. Stirnrunzelnd versiegte ihre Stimme, war er etwa eifersüchtig? „Flügel würden reichen. Moment. Bist du etwa ein Engel?" Verblüfft über diese Wendung verharrten ihre Füße, die nächsten Stufen musste sie sprinten, um wieder gleich auf mit Peter zu sein. Die Möglichkeit erschien ihr immer schlüssiger, ihr Wegbegleiter wusste vieles, viel mehr als sie.
„Seh' ich etwa aus wie einer von denen? Siehst du da irgendwo Flügel?", schnaubte Peter ungehalten und wedelte mit der Hand in Richtung seines Rückens.
Vielleicht, ganz vielleicht, hatte er es sich das ein oder andere Mal gewünscht, sich gewünscht, diese wunderschönen Schwingen zu besitzen, einen gestählten Astralkörper, Kräfte, die weit über die eines Menschen oder jemanden wie ihn hinaus gingen.
Es wäre ein zu glücklicher Zufall gewesen, wenn Peter mir nichts, dir nichts Flügel ausfahren hätte können. Der mürrische Mann behielt leider Gottes Recht, sie sah keine Schwingen an seinem Rücken. Dementsprechend und weil Aries beim besten Willen keine emphatischen Worte einfallen wollten beschränkte sich ihre Reaktion auf ein Murren. ‚Schade' wäre zu unsensibel für dieses anscheinend kritische Thema gewesen. Moment, seit wann sorgte sie sich um seine Gefühle? „Was hast du dann unten gemacht?", lag das gebündelte Interesse nun auf Peter.
„Ne, ich....ich arbeite oben. War zu Besuch unten." Genauer gesagt war er hinunter geschickt worden, um zu sehen, wie Kharon seinen Job machte, ob alles in Ordnung war und der Millionen Jahre währende Frieden zwischen Himmel und Hölle nicht durch irgendetwas in Gefahr geraten war. Den Praktikant zu spielen erschien ihm als einfachste Methode K nahe zu kommen und unerkannt auszuspionieren. Sogar einen Decknamen hatte er sich dafür ausgedacht, obwohl kreative Namensschöpfungen so gar nicht Seins waren.
„Schon klar", raffte sie sich innerlich und äußerlich wieder zusammen, „weil die Hölle auch zu den Top Ten Reisezielen dieses Jahres zählt."
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Welcome To Hell
FantasiEngelchen auf der einen Schulter, Teufelchen auf der anderen, Blut tropft vom Handgelenk - und nur ein einziger Wunsch: RACHE! Ein Pakt mit einem Dämon, der Tausch gegen die Seele, der eigene Tod - doch alles läuft anders, wenn man sich mit Mephis...