Am Samstagmorgen wachte ich von einem entzückten Freudenschrei meiner Zimmermitbewohnerin auf.
"Das ist ja mal super cool"
Sie blickte begeistert aus dem Fenster.
"Das ist einfach nur peinlich", murrte Kilian neben ihr.
Als ich mich umdreht, sah ich Argon im Türrahmen stehen und fragte mich, wie lange die beiden Jungs schon da waren und hoffte das ich nicht mal wieder im Schlaf geredet hatte.
"Morgen, Aline", sagte Argon, als er meinen Blick bemerkte.
"Morgen", nuschelte ich etwas verschlafen.
"Was ist so cool?", fragte ich an Eve gewandt und erhob mich von meinem Bett.
"Kilians Dad holt ihn hier ab - in dem coolsten Porsche, den ich je gesehen habe", erwiderte sie und deutete aus dem Fenster, wo ein Mann mit denselben hellbraunen Locken wie Kilian aus einem roten Sportwagen stieg.
"Meinem Dad ist auch nichts peinlich", murmelte Kilian kopfschüttelnd und trat vom Fenster zurück.
"Aus so einem Auto würde ich auch gerne mal aussteigen", schwärmte Eve grinsend.
"Ihr könntet ja mitkommen, wenn ihr wollt", schlug Argon an Eve und mich gewandt vor.
Eve nickte begeistert, während ich die Schultern zuckte. "Klar, warum nicht"
Wenige Minuten später hatte auch ich mich fertig gemacht und lief neben Argon die Treppe zur Eingangshalle hinunter.
Kilians Dad stand neben Harry und unterhielt sich angeregt mit ihm.
Die beiden wirkten, als würden sie sich schon ziemlich lange kennen - wahrscheinlich waren sie gemeinsam auf die Akademie gegangen.
"Das ist sie", sagte Harry kurz bevor wir die beiden erreichten und deutete auf mich.
Kilians Dad ließ seinen Blick zu mir wandern.
"Du bist also Johns Tochter?"
"Woher kennen Sie ihn?", fragte ich und auch für Kilian schien diese Information neu zu sein, denn er blickte seinen Vater überrascht an.
"Wir waren ziemlich gut befreundet, bevor er..."
Seine Stimme verstummte, als könne er es einfach nicht aussprechen.
"Dein Vater war ein toller Mann.", sagte er stattdessen.
Er betrachtete mich eingehend und sah dann von Kilian zu Argon.
"Wie ich sehe, bist du hier in guter Gesellschaft, Aline", stellte er fest. "Das wird sicher auch deine Tante freuen zu hören."
Jetzt war ich noch verwirrter.
"Meine Tante?"
Er nickte.
"Ja. Sie hat mich vor ein paar Tagen angerufen und mich gebeten, mal nach dir zu sehen. Sie schien sehr besorgt", erklärte er.
"Jep, das klingt nach ihr", antwortete ich.
"Ich bin übrigens Landon", stellte sich Kilians Vater nun richtig vor und schüttelte erst mir, dann Eve die Hand.
"Freut mich, Sie kennenzulernen", erwiderte Eve und strahlte ihn an. "Ich bin Eve."
Landon grinste und warf seinem Sohn einen kurzen Blick zu, als hätte er bereits durchschaut, was zwischen Eve und Kilian lief.
Die Fahrt in Landons Porsche war kürzer als gedacht - was wohl auch daran lag, dass Kilians Vater sich nicht um Geschwindigkeitsbegrenzungen scherte oder es hier schlichtweg keine gab.
Als wir zum gigantischen Anwesen von Argons Familie kamen, konnte ich nicht anders, als staunend aus dem Fenster zu blicken und mir wie in einem dieser Romane vorzukommen, in denen ein einfaches Mädchen plötzlich erfährt, dass sie eigentlich eine Prinzessin ist, und nun das pompöse Schloss erblickt.
Ein Blick zu Eve verriet mir, dass sie ebenso beeindruckt war wie ich.
Argon und Kilian wirkten hingegen, als würden sie bloß in eine langweilige Wohnung zurückkehren, in der sie aufgewachsen waren, anstatt in ein riesiges Schloss.
Aber wahrscheinlich gewöhnte man sich auch an so ein Leben.
"Deine Eltern sind leider schon los zu dem wichtigen Meeting", erklärte Landon Argon beim Betreten des Schlosses.
"Schon okay", gab dieser schulterzuckend zurück. Es schien wohl nichts Neues für ihn zu sein, seine Eltern nicht zuhause anzutreffen.Nachdem Argon mich durch die schier endlosen Gänge des Schlosses geführt hatte, waren wir in den riesigen Speisesaal zurückgekehrt, in dem es von Bediensteten nur so wimmelte.
Wenn man so ein Leben führte, war es wohl wirklich ein Wunder, wenn man trotzdem bodenständig blieb.
Nachdenklich betrachtete ich Argon, während uns verschiedenste Vorspeisen serviert wurden.
Von Landon erfuhr ich, dass er schon seit etlichen Jahren als Chauffeur und mittlerweile auch als engster Berater für die Firestone's arbeitete. So kam es, dass Argon und Kilian fast jede Sekunde in ihrer Kindheit zusammen verbracht hatten. Bereits beim Kampftraining war mir aufgefallen, dass die beiden ein eingespieltes Team waren und manchmal, wenn sie sich Blicke zuwarfen, kam es mir vor, als könnten sie auch ohne Worte kommunizieren.
Doch erst während Landon erzählte, hatte ich das Gefühl, die Vertrautheit der beiden Jungs wirklich wahrzunehmen.
Da war etwas, was sie verband. Etwas, das man nicht in Worte fassen konnte.
Eigentlich war ich schon nach dem zweiten Hauptgang satt, doch Argon überredete mich, etwas von dem rot glühenden Nachtisch zu probieren.
Und auch wenn ich zuerst misstrauisch war, musste ich zugeben, dass das Zeug einfach unglaublich schmeckte!
Einen Nachtisch und eine peinliche Kindheitsanekdote über Argon und Kilian später, lenkte ich das Thema auf meinen Vater.
Ich wollte unbedingt wissen, was Landon mir noch über ihn erzählen konnte.
Anscheinend hatte er sogar gewusst, dass Professor Morgan meine Mutter war, denn er nickte bloß grinsend bei ihrer Erwähnung.
"Tja, Minerva konnte schon immer echt nervtötend und sturköpfig sein. Aber dein Dad hat sie vergöttert! Er hätte alles für sie getan", murmelte Landon. "Natürlich hätte sie das auch für ihn - weswegen es mich umso mehr schockiert hat, dass die beiden sich getrennt haben", fügte er gedankenverloren hinzu.
"Andererseits wirkte es nicht wie eine richtige Trennung. Ich dachte, die beiden bräuchten nur etwas Abstand voneinander oder so. Oder, dass John zu seiner Schwester in die Oberwelt zurückkehren und Minerva eben hierbleiben wollte. So oder so war es wirklich eigenartig."
Skeptisch zog ich die Augenbrauen zusammen.
"Wieso sollte sie mich und meinen Vater verlassen haben, wenn sie ihn noch geliebt hat?"
Landon zuckte die Schultern. "Das habe ich mich auch mehr als einmal gefragt. Aber John wollte mit mir nicht darüber reden. Meinte, er will mich da nicht mit reinziehen. Tja."
Er seufzte.
Ich beließ es vorerst dabei, fasste jedoch den festen Entschluss, Professor Morgan darauf anzusprechen.
Wenn sie wollte, dass ich ihr eine Chance gab, musste sie mir schließlich die Wahrheit sagen.
"Aline und ich wollten noch in mein Lieblingscafé.", erklärte Eve den Jungs, als wir mit unserem ausgiebigen Essen fertig waren.
"Ich weiß echt nicht, ob ich jetzt noch etwas essen kann", protestierte ich, da ich sowieso schon das Gefühl hatte, gleich zu platzen. Eve lachte. "Wieso denn essen? In was für einem Café isst man denn?"
Verwirrt runzelte ich die Stirn.
Anscheinend hatte ich noch einiges über die Unterwelt zu lernen.
"Was macht man denn dann in einem Café?", fragte ich.
"Na, entweder man taucht in virtuelle Welten ab, trifft sich mit Freunden oder hört - wie in unserem Fall - Musik."
Ich grinste. "Musik klingt gut. Aber wieso geht man dorthin zum Musik hören? Was ist mit Radio oder Streaming?"
Wieder lachte Eve auf, diesmal stimmte auch Kilian mit ein. "Wow, Aline", sagte er überrascht. "Du bist ja echt sowas von im letzten Jahrhundert hängen geblieben."
Perplex starrte ich die beiden an.
"Echt jetzt? Kein Musik-Streamen? Was ist mit Netflix oder Instagram?", hakte ich nach.
"Mit was?", erwiderte Eve verwundert und jetzt musste auch ich lachen.
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Academy of Salem
FantasyAls Aline an der mysteriösen Akademie angenommen wird, verändert das ihr Leben vollkommen. Sie entdeckt eine neue Welt voller Magie und düsterer Geheimnisse. Und dann ist da noch dieser Junge, den sie eigentlich nicht mögen sollte, der ihr aber einf...