32. Kapitel

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"Verdammt nochmal, William!", hörte ich Professor Morgan schimpfen.
"Was hast du dir dabei gedacht?! Einer der Schüler hätte zu Schaden kommen können und - auch wenn ich das nicht gerne sage - auf dich möchte ich auch nicht verzichten!"
Jones lachte verächtlich.
"Tu nicht so, als würdest du dich um mich sorgen, Minerva", sagte er kalt. "Und den Schülern geht es gut. Reg dich also nicht so auf. Das war die gerechte Strafe für ihr Fehlverhalten. Und außerdem wissen wir jetzt Bescheid!"
Professor Morgan schnaubte verächtlich.
"Er hat Recht", schaltete sich nun Professor Rutherford ein.
"So sind wir wenigstens vorbereitet. Wir wissen jetzt, womit wir es zu tun haben..."
"Wissen wir eben nicht", unterbrach sie Professor Morgan ungeduldig.
"Wir wissen nicht ob es zehn, zwanzig oder sogar hunderte sind. Und wir wissen nicht woher sie kommen und wie sie überleben konnten - geschweige denn, wie wir sie die letzten Jahre nicht bemerken konnten!"
Professor Rutherford setzte zu einer Antwort an, doch Professor Morgan fuhr fort: "Wir wissen auch nicht, was sie wollen. Sie werden sicher einen Grund haben, sich erst jetzt wieder zu zeigen und unsere Schüler anzugreifen. Die Nymphen sind intelligenter als wir angenommen haben und deswegen sind sie eine ernstzunehmende Bedrohung.
Und jetzt raus hier! Da ich die einzig Vernünftige hier zu sein scheine, werde ich mir jetzt einen sinnvollen Plan überlegen"
Überraschenderweise folgte keine Widerrede. Als ich hörte, wie sich die Schritte der drei Schulleiter der Tür näherte, trat ich schnell zurück.
Professor Rutherford war die erste, die das Büro verließ, gefolgt von Professor Lightman, der die ganze Zeit über geschwiegen hatte und nun etwas bedröppelt zu Boden blickte - nach Professor Morgans Standpauke konnte ich ihm das nicht wirklich verübeln.
Jones warf mir einen misstrauischen Blick zu und wollte gerade die Tür hinter sich schließen, als Professor Morgan ihm hinterher rief:
"Lass die Tür bitte offen. Aline, komm rein."
Ertappt lief ich zur Tür und betrat Professor Morgans Büro.
"Tut mir leid, Professor, ich wollte nicht lauschen", murmelte ich etwas zerknirscht. "Aber ich finde, das geht uns Schüler auch etwas an. Sie können uns da nicht einfach raushalten!"
Professor Morgan nickte nachdenklich.
"Das fürchte ich auch. Setz dich"
Sie deutete auf den Stuhl ihr gegenüber.
"Ich will, dass du deine Kräfte besser trainierst", fing sie an. "Gestern ist mir bewusst geworden, dass ich dich nicht beschützen kann und dass du lernen musst, dich selbst zu verteidigen. Du hast meine Kräfte und die deine Vaters. Damit bist du eine der mächtigsten Unterweltler. Aber du hast viel nachzuholen, wenn du deine Kräfte richtig einsetzen willst"
Fragend hob ich die Augenbrauen.
"Und wie soll ich das machen? Andere hatten Jahre, um sich hier drauf vorzubereiten. Wie soll ich das alles in so kurzer Zeit lernen?"
Professor Morgan grinste. "Nun, du wirst eine der besten Lehrerinnen haben. Und ich habe gesehen, dass du eine schnelle Auffassungsgabe hast. Ab jetzt wirst du jedes Wochenende mit mir trainieren", erklärte sie.
"Aber was ist mit meinem Nachsitzen bei Professor Jones?", wandte ich ein.
Sie zuckte nur die Schultern.
"Jones hat sich schon genug geleistet. Er wird mir jetzt garantiert nicht noch einmal widersprechen."
Sie schenkte mir ein Lächeln. "Hiermit befreie ich dich von dem Nachsitzen"
Ich grinste. "Danke"
Sie lächelte, warf mir dann jedoch einen strengen Blick zu. "Das gilt natürlich nur, wenn du deine Zeit wirklich fürs Trainieren nutzt. Ich kann dir beibringen, wie du es locker mit mehreren Nymphen gleichzeitig aufnehmen kannst - aber das wird nicht ganz einfach."
Ich nickte. "Alles klar. Wann fangen wir an?"
Einer guten Herausforderung konnte ich nie widerstehen und ich hatte gesehen, zu was diese Kreaturen fähig waren. Jemand musste sie dringend stoppen...!
Professor Morgan lachte. "Schön, dass du so motiviert bist. Aber wie du bei deinem Nicht-Lauschen sicher gehört hast, muss ich mir erst einmal überlegen, was wir gegen die Nymphenattacken unternehmen", sagte sie augenzwinkernd.
"Okay", erwiderte ich. "Dann lasse ich Sie jetzt mal allein."

Den restlichen Samstag verbrachte ich mit Schwimmen. Ich versuchte sogar, mit Poseidon um die Wette zu tauchen, doch da das Kelpie immer schummelte, hatte ich keine Chance.
Es war schön, mal wieder etwas Ruhe und Zeit zum Nachdenken nach dem ganzen Trubel der letzten Wochen zu haben.
Außerdem hatte ich das Gefühl, dass Argon sich seit unserem Flaschendrehen-Kuss komisch verhielt. Shadow ging ich auch lieber erst einmal aus dem Weg und so erschien mir der Wasserfall als der beste Ort für mich.
Es wurde bereits langsam dunkel, als ich meinen Badeanzug gegen T-Shirt und Jeans tauschte und zurück zur Akademie ging.
Glücklicherweise verlief ich mich diesmal nicht und kam so gerade noch rechtzeitig, um etwas von dem übriggebliebenen Abendessen abzubekommen.
Eve kam sogar noch später als ich zurück zur Akademie - wodurch sie eine strenge Ermahnung von Professor Rutherford kassierte.
Doch sie grinste bloß von einem Ohr zum anderen, als sie unser Zimmer betrat.
"Wie war's mit Kilian?", fragte ich ebenfalls grinsend.
"Wunderschön", quietschte sie.
"Er hat mich gefragt, ob ich mit ihm zusammen sein will", platzte sie heraus.
"Und?", fragte ich, obwohl es offensichtlich war, dass sie 'ja' gesagt hatte.
"Wir sind jetzt ein Paar", eröffnete sie mir strahlend.
"Das freut mich", sagte ich ehrlich. "Ihr beide passt echt super zusammen."
Obwohl die beiden sich erst seit so kurzer Zeit kannten, glaubte ich fest daran, dass sie irgendwann mal heiraten würden - soweit man das hier in der Unterwelt so machte...
Eve und Kilian waren einfach der beste Beweis dafür, dass es Liebe auf den ersten Blick eben doch gab.
"Was ist mit dir?", fragte Eve. "Was gibt's Neues?"
Seufzend erzählte ich von dem Ausflug zur Nymphenstadt und dem Gespräch mit Professor Morgan.
Eve riss geschockt die Augen auf, als sie erfuhr, dass die Nymphen uns fast angegriffen hätten. Doch sie war auch der Meinung, dass wir gemeinsam etwas tun mussten und die Lehrer alleine bestimmt nicht viel ausrichten konnten.
"Als große Gruppe können sie uns doch nicht angreifen, oder?"
"Keine Ahnung", erwiderte ich. "Professor Morgan hält es wohl noch für zu gefährlich, uns Schüler da mit reinzuziehen."
Eve blickte nachdenklich aus dem Fenster. "Bisher haben sie nur im Schutz der Dunkelheit angegriffen. Vielleicht sollten wir erst einmal wirklich abwarten und einfach vorsichtig sein..."
Ich nickte, weil ich nicht wollte, dass Eve sich Sorgen um mich machte. Doch mittlerweile war ich fest entschlossen, so lange zu trainieren, bis ich mitkommen und im Kampf gegen die Nymphen helfen konnte. Ich würde garantiert nicht nur hier herumsitzen, während sich andere in Gefahr begaben!
Daher verbrachte ich den gesamten Sonntag damit, zu lernen, meine Kräfte besser zu kontrollieren.
Professor Morgan zeigte mir sogar, wie ich Gegenstände mit reiner Willenskraft bewegen konnte - was ich später auch mit Menschen machen könnte - und wie ich durch Luft Elektrizität erzeugte.
Wir trainierten wieder an dem Wasserfall, während uns Poseidon neugierig beobachtete.
Als ich Professor Morgan einmal das Wasser aus Versehen ins Gesicht spritzte, statt es durch die Luft schweben zu lassen, stieß Poseidon ein lautes Wiehern aus, das stark nach einem schadenfrohen Lachen klang.
Ich warf ihm einen bösen Blick zu und richtete meine Konzentration auf das Wasser um mich herum. Dann ließ ich blitzschnell eine große Welle auf das Kelpie zu sausen und mitten in sein Gesicht klatschen.
Wieder wieherte Poseidon, diesmal empört. Als wir uns anschließend einen kleinen Kampf lieferten, in dem wir uns gegenseitig mit Wasser bespritzten, lachte Professor Morgan laut auf.
"Du hast weiß Gott mehr gemeinsam mit deinem Vater, als du glaubst", bemerkte sie schmunzelnd.
Ich lächelte.
"Das nehme ich mal als Kompliment"
Wieder lachte sie.
"Das ist auch eines"

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