Kapitel 3

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Später am Abend holte Caleb für sich und Aaron eine Decke aus ihrem Zimmer und legte sie im Wohnzimmer vor dem Fernseher auf den Boden. Zachary hing wie immer in seinem Sessel, Theresa nahm fast die ganze Couch in Anspruch und Sophie quetschte sich in den restlichen freien Platz und hielt Emily auf dem Schoß. Also legten sich Caleb und Aaron auf den Boden. Allerdings wollte sich Caleb nicht direkt auf den versifften Teppich legen und bevorzugte eine Decke. An dem Abend sollte ein Footballspiel übertragen werden. Caleb konnte Football im Gegensatz zu Aaron nicht viel abgewinnen, aber er hatte sonst nichts zu tun und Aaron fieberte immer mit. Bevor es losging, wankte Zachary in die Küche und kam kurz darauf mit einer Flasche Whiskey und zwei Gläsern zurück.

»Schau mal, zur Feier des Tages!«, sagte er zu Theresa und hielt ihr das Gesöff hin.

Caleb ahnte Böses. Zachary hatte heute schon früh angefangen, Bier zu trinken, und war deutlich angetrunken. Die Anzahl der leeren Dosen neben seinem Sessel sprach für sich. Und jetzt noch Whiskey? Er beschloss, direkt nach dem Spiel mit Aaron auf ihr Zimmer zu verschwinden, in dem Zustand war Zachary unberechenbar. Schweigend verfolgten sie den Beginn des Spieles. Bei Football hatte absolute Ruhe zu herrschen, sonst wurde Zachary sauer. Die einzigen Geräusche, die akzeptiert wurden, war das Knistern der Chips, die Theresa ständig in sich reinstopfte, das gelegentliche Öffnen neuer Bierdosen und das Klicken des Feuerzeugs, wenn Zachary sich wieder eine Zigarette anzündete. Nach dem ersten Quarter lag Zacharys Mannschaft vorne und er feierte das mit einem Glas Whiskey auf Ex. Theresa unterstützte ihn dabei mit einem Glas. Im zweiten Quarter hatte das gegnerische Team mehrere Vorteile und Zachary bekämpfte seine Anspannung mit weiteren Whiskeys. Nach einem verlorenen Pass knüllte er wütend eine leere Dose zusammen und warf sie frustriert irgendwo hin. Auch Aaron fieberte mit und packte immer wieder Calebs Unterarm. Bei einem besonders spannenden Spielzug störte Emily, als sie laut sagte: »Sophie, ich habe Durst!«

»Du sollst leise sein, du blödes Blag! Ich sag's dir nicht noch einmal!«

Sophie legte den Zeigefinger vor die Lippen und ging mit Emily in die Küche. Auf dem Weg zurück hatte Emily nur Augen für ihr Glas, damit sie nichts verschüttete, und achtete nicht darauf, wo sie hintrat. Prompt stolperte sie über die weggeworfene Dose. Sie fiel hin und das Glas zerschellte auf dem Boden. Zum Glück passierte ihr nichts Schlimmes, aber sie landete unsanft auf ihren Knien und schnitt sich beim Abstützen an einer Scherbe. Sie schrie laut auf und begann zu weinen.

»Verdammt nochmal, hab ich dir nicht gesagt, du sollst die Schnauze halten? Verschwinde auf dein Zimmer, los!«, brüllte Zachary. Theresa hatte das Spektakel von ihrer Couch verfolgt, aber so dumpf, wie sie dreinblickte und den nächsten Schluck Whiskey nahm, hatte sie es gar nicht recht mitbekommen. Sophie versorgte Emilys Wunde mit einem Pflaster aus der Küche und redete leise auf sie ein. Schniefend ging Emily auf ihr Zimmer und Sophie setzte sich zu Theresa auf die Couch.

In der Werbepause stand Emily wieder da und greinte: »Ich hab Angst im Dunkeln!«

Sophie sah angsterfüllt zu Zachary und sagte schnell: »Ich geh mit ihr ins Zimmer!«

Doch es war zu spät.

Zachary sprang aus seinem Sessel, schwankte einen Moment bedenklich, dann starrte er Emily mit einem mörderischen Blick an.

»Du verdammte Rotzgöre! Ich will meine Ruhe haben! Ich werde dafür sorgen, dass du mich nicht noch einmal störst!«

Bedrohlich kam er auf die beiden Mädchen zu. Sophie nahm schnell Emily an der Hand und zerrte sie in ihr Zimmer. Caleb und Aaron sahen sich an und lauschten ängstlich. Caleb dachte, dass er mit dem betrunkenen Zachary schon fertig werden würde, doch er wollte erst dann eingreifen, wenn es unumgänglich war. Er musste mit den Humphreys zusammenleben und Zachary würde ihm das Leben zur Hölle machen. Aber Zachary schlug die Mädchen nicht, er sperrte sie nur in ihrem Zimmer ein, wie das knarzende Schloss verriet. Er nutzte die Gelegenheit, seine Vorräte aufzustocken, und kam mit einem Sixpack Bier zurück.

Wolfswandler II: BlutwandlerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt