Caleb öffnete die Tür und Theron schoss hinaus auf den Flur. Plötzlich blieb er wie angewurzelt stehen und sträubte sein Fell. Caleb und Derek rätselten, was in ihn gefahren war. Ein »Bing!« ertönte und die Fahrstuhltüren glitten beiseite. Heraus kamen zwei Wächter mit gezogenen Schwertern, fünf Vampire, die Caleb nur vom Sehen kannte, und Christina.
»Verflucht! Tötet sie! Schnell!«, zischte sie und verwandelte sich.
Caleb hatte kaum Zeit zu verarbeiten, was gerade los war, als schon der erste Wächter auf ihn zustürmte und sein Schwert schwang.
Derek brüllte: »Alarm! Angriff auf Marcus!«
Er zog Schwert und Dolch und griff den zweiten Wächter an. Caleb konnte den Angriffen des Ersten dank schneller Reflexe ausweichen und hörte, wie hinter ihm Türen geöffnet wurden. Ein unirdisch tiefes Knurren und Bellen drang an seine Ohren und lenkte ihn kurz ab. Er sah, wie Theron seine Vampirgestalt annahm. Er wuchs und reichte Caleb bis an die Brust, die Krallen verlängerten sich zu scharfen Klauen und sein Gebiss hatte die dreifache Größe als zuvor. Die Augen schienen zu glühen. Nun verstand Caleb, wieso die Vampire einen Heidenrespekt vor Theron hatten. Er war ein wahrer Monsterhund. Noch bevor die Verstärkung der Leibgarde herangekommen war, hatte er mit den beiden Wächtern kurzen Prozess gemacht. Zähnefletschend und mit wütendem Gebell biss er einem kurzerhand das rechte Bein durch, dem anderen war er an die Kehle gesprungen. Die restlichen Vampire sahen sich plötzlich einer Übermacht gegenüber, doch griffen an. Einer davon hatte es auf Caleb abgesehen, aber mit einem weiten Satz brachte er sich in Sicherheit. Ansatzlos wich er aus, duckte sich unter der nächsten Attacke. Die Leibgardisten drängten nach vorne und brachten die Angreifer zusätzlich weiter in die Defensive. Christina sah, dass der Kampf verloren war, und floh mit dem Aufzug. Caleb und Derek stürzten sich mit den anderen in den Kampf. Krallen, Zähne, Schwerter, alles wurde eingesetzt. Endlich wurde der letzte Angreifer niedergestreckt und alle lagen bewegungsunfähig am Boden. Für einen Moment war außer schwerem Atem und Schmerzlauten nichts zu hören. Theron kratzte schniefend an Marcus Tür. Als Derek das sah, gab es für ihn kein Halten mehr. Er riss sie auf und stürzte mit Theron hinein. Caleb war wenige Schritte hinter ihnen. Marcus lag wie gelähmt auf dem Boden und ein Dolch steckte in seiner Brust. Um ihn herum war alles voller Blut. Er war in seiner Vampirgestalt und röchelte. Von Brustkorb und Bauch führten zwei dünne Drähte zu einem Ding, das auf dem Boden lag und wie eine klobige Pistole aussah. In der Ecke stand Dr. Barlow und starrte voller Angst auf Marcus' Retter. In der Hand hielt er eine Spritze mit einem großen Kolben dunkelroter Flüssigkeit. Theron hatte bisher seinen Herrn beschnüffelt und entdeckte Barlow erst jetzt. Bedrohlich knurrend bewegte er sich langsam auf ihn zu.
»Nein!«, schrie Dr. Barlow, »Nein! Ich werde leben!«
Er rammte sich die Spritze in den Oberschenkel und injizierte sich die Flüssigkeit. Sekunden später sprang Theron ihn an und beendete sein Leben. Lucien hatte jetzt ebenfalls das Zimmer betreten und sah, was los war. Er brüllte Befehle an die Leibgarde: »Stockwerk säubern und sichern!«, kniete sich zu Marcus und riss ihm das Hemd auf.
Dabei wurden die Drähte aus Marcus' Körper gerissen. Caleb bückte sich und untersuchte sie näher. Die beiden Drähte endeten in kleinen Projektilen, an deren Spitze Widerhaken waren. Diese hatten sich durch das Hemd und Marcus' Haut gebohrt. Lucien zog den Dolch mit einem feuchten Schmatzen aus der Brust und warf ihn achtlos beiseite. Derek stand daneben und schaute völlig überfordert zu. Caleb sah, dass er den Tränen nah war.
»Verdammt! Er hat zu viel Blut verloren, der Körper ist im Überlebensmodus, die Wunde kann nicht heilen!«
Derek hörte das, fiel neben Marcus auf die Knie, schob seinen Ärmel hoch und bot ihm sein Handgelenk an. Da dieser nicht reagierte, rammte er seinen Arm auf Marcus' Reißzähne. Sein Gesicht war verzerrt, aber er zog die Hand nicht zurück.
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Wolfswandler II: Blutwandler
FantasyCaleb hat kein einfaches Leben. Nach einem Unglück kommt er zwar bei einer liebevollen Familie unter, doch wird von seinem Pflegebruder getrennt. Beim Versuch ihn zu retten, schließt er tödliche Bekanntschaft mit einem Vampir. Als er wieder erwacht...