Kapitel 32

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Eine halbe Stunde später betrat er nervös Marcus' Räume und versuchte, in Sorins Gesicht zu lesen. Er hoffte, ihn nicht unbeabsichtigt verletzt oder verärgert zu haben. Sorins Blick ging immer noch ins Leere.

»Ah, Caleb, setz dich zu uns!«, forderte ihn Marcus auf und deutete auf den Sessel, auf dem er an seinem ersten Tag hier gesessen hatte.

Theron kam aus seiner Ecke schwanzwedelnd angelaufen und begrüßte ihn. Nachdem er seine Streicheleinheiten erhalten hatte, rollte er sich zu Calebs Füßen zusammen.

»Da hast du einen Freund fürs Leben gefunden. Es ist erstaunlich, ich habe in all den Jahren nie erlebt, dass Theron so schnell so zutraulich bei jemandem war. Normalerweise ist er Fremden gegenüber sehr misstrauisch«, sagte Marcus.

Sorin erwachte auch wieder aus seiner Lethargie und schnaubte: »Launisches Biest!«

»Ach, Sorin! Nimmst du meinem Hundchen das kleine Missgeschick von damals immer noch übel?«

»Kleines Missgeschick? Er hat meine Wade zerfleischt und wollte mich aussaugen!«

»Du hattest mir in den Hintern getreten. Also selbst schuld. Außerdem warst du einen Tag und zwei Liter Blut später wieder wie neu, stell dich nicht so an!«

Beleidigt verschränkte Sorin die Arme und schmollte vor sich hin.

»Ignorieren wir unsere Primadonna hier, ich wollte mit dir etwas anderes besprechen, Caleb. Sorin hat mir von deinen Einschätzungen berichtet und ich habe inzwischen auch die Rückmeldungen aus den Abteilungen, die du besucht hast.«

»Die sollten mich auch bewerten?«, fragte Caleb überrascht.

»Selbstverständlich.«

»Und?«

»Zusammengefasst halten dich alle für geeignet, aber denken, dass mehr Ausbildung erforderlich ist. Nur eine Abteilung hatte grundsätzliche Bedenken.«

»Wer?«

»Unsere verehrte Josephine aus der Rechtsabteilung. Sie schrieb mir, dass du noch zu ehrlich für einen Anwalt wärst und dass ich dich in hundert Jahren nochmal vorbeischicken soll.«

»Das hat sie mir schon beim Abschied gesagt.«

»Das ist ihre Art: immer geradeheraus. Es gibt aber eine Abteilung, die direkt Interesse an dir bekundet hat: ZBV.«

»Da war ich gar nicht! Was soll denn ZBV sein?«

»Doch, dafür hast du auch gearbeitet. Der Leiter sieht Potenzial bei dir und würde dich aufnehmen – wenn du willst.«

»Und wer ist das? Hoffentlich nicht so ein Schwätzer wie der Typ von der Hausverwaltung.«

»Ich fürchte doch. Ist aber kein Prozessfetischist wie Jacob, sondern eher unkonventionell in seinen Methoden. Manchmal zu unkonventionell.«

Sorins Kopf ruckte hoch und er schaute Marcus empört an. Caleb dämmerte, von wem die Rede war.

»Bestimmt auch noch wahnsinnig eitel und mit einem fürchterlichen Klamottengeschmack«, sagte Caleb ernst. Marcus nickte traurig.

Aus den Augenwinkeln verfolgte Caleb Sorins Reaktionen. Das Spiel begann ihm zu gefallen.

»Bei so einem Kerl würde es mich nicht wundern, wenn er frischgebackene Vampire irgendwo aussetzt und dann im Stich lässt!«

»Ja, ich glaube, sowas hab ich auch schon gehört. Fürchterlicher Kerl!«, antwortete Marcus bedauernd.

»Ich kann euch hören, ihr beiden Idioten!«, brummte Sorin.

Wolfswandler II: BlutwandlerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt