Kapitel 34

228 29 3
                                    

Sie klopften an Marcus' Tür und wurden von Sorin hereingelassen.

»Setzt euch.«

»Wo ist Jamaal?«, verlangte Marcus ohne Umschweife zu wissen.

»Er prüft noch etwas und kommt dann dazu. Es sei wichtig, sagte er mir.«

»Gut, Derek, danke. Lucien, was hast du herausgefunden?«

»Nichts Neues von den zwei fehlenden Wächtern. In ihren Zimmer keine Auffälligkeiten. Alle Räume wurden durchsucht, aber ohne Ergebnis.«

»Gut. Damit wir alle auf dem gleichen Stand sind: Lucien und ich haben nochmals die Schatzkammer auf Spuren untersucht, aber vergeblich. Wenn dort irgendetwas vorhanden war, habe ich es bei meinem Wutanfall zerstört.«

»Ich habe mich umgehört, aber meine Kontakte haben nichts Besonderes gemeldet. Es gibt nicht mal Gerüchte dazu, man ist nur wegen der Entwicklungen bei den Werwölfen besorgt, die wir ihnen auf der Versammlung vorgestellt haben«, berichtete Sorin.

Es klopfte und Jamaal stürmte herein.

»Ich hab's!«, rief er triumphierend und hielt Marcus sein Laptop vor die Nase.

»Und was genau?«, fragte Marcus vorsichtig zurück, nachdem er einen ratlosen Blick auf die Text- und Zahlenkolonnen geworfen hatte.

»Na, wie die Überwachung ausgetrickst wurde. Auf den Videos von der Schatzkammer war nichts zu sehen, nicht einmal der Besuch von dir und Caleb. Siehst du die Einstellungen der Ini-Dateien? Jemand hat die IP der Kamera blockiert und stattdessen eine virtuelle Kamera unter dieser IP laufen lassen!«

»Ähm ...«

»Jamaal, vielleicht erklärst du es besser so, als müsstest du es mir erklären«, bremste Derek den Enthusiasmus seines Zöglings.

Jamaal stutzte einen Moment.

»Schwierig. Also, ein Programm hat sich als unsere Überwachungskamera ausgegeben und ein Standbild als Video gesendet, vereinfacht gesagt.«

»Aber da läuft doch unten diese Uhr mit?«, wunderte sich Caleb.

»Die Kamera schickt einfach ein Bild an den Server. Dort verarbeitet ein anderes Programm die Daten, ergänzt sie mit diesem Timestamp und speichert alles zusammen als Überwachungsvideo ab.«

Marcus und Sorin schauten sich an.

»Kannst du sagen, wann das gemacht wurde und von wem?«

»Nein, noch nicht. Da muss ich mich durch jede Menge Protokolldateien wühlen, um ein Datum und eine Workstation-ID herauszufinden. Auf jeden Fall war es jemand innerhalb unseres Netzwerks.«

Marcus stieß wieder ein paar lateinische Flüche aus.

»Gehen wir den gesamten Ablauf von vorhin noch einmal minutiös durch«, schlug Sorin vor.

Anderthalb Stunden später lehnte sich Caleb erschöpft zurück. Sorin hatte wirklich jedes Detail seiner Entdeckung hinterfragt. Ob ihm etwas Besonderes aufgefallen wäre? Ob er einen Geruch in der Schatzkammer wahrgenommen hätte? Temperaturschwankungen? Seine Detailversessenheit schien fast manisch. Auch Derek nahm er in die Mangel mit Fragen über die beiden Wächter. Wie lange er sie schon kannte. Mit wem sie befreundet gewesen waren, bekannte Feindschaften und Rivalitäten. Dann musste Jamaal dran glauben, aber da er nur in seinem Serverraum gesessen hatte, war seine Befragung schnell vorüber. Zum Glück hatte Marcus ein Einsehen.

»Wir sollten Schluss machen. Die Sonne ist vor zwei Stunden aufgegangen. Es war eine lange Nacht, wir sind alle müde.«

Es war Sorin anzusehen, dass ihm das nicht recht war, aber er gab sich geschlagen.

Wolfswandler II: BlutwandlerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt