Kapitel 26

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Caleb kam zu sich, weil sein Untergrund sich bewegte und er zur Seite gedreht wurde. Hellwach wurde er, als eine Hand deftig auf sein blankes Hinterteil klatschte.

»Autsch!«, fuhr er hoch und hielt seine brennende Kehrseite, »Was soll das?«

»Kleine Retourkutsche, du Badverwüster! Steh auf, wir haben zu tun.«

Leise vor sich hinnörgelnd folgte er Sorin ins wieder saubere Bad. Unter der heißen Dusche beseitigten sie verräterische Spuren und kontrollierten gewissenhaft, ob relevante Körperteile ihres Gegenübers auch wirklich sauber waren. Was bald zu neuen verräterischen Spuren führte.

»Donnerwetter!«, sagte Sorin beim Abtrocknen, »Wo ist der unschuldige Farmboy geblieben? Wenn ich wieder zurück bin, muss ich dich unbedingt mal ins ›X-tasy‹ mitnehmen. Da wirst du auf deine Kosten kommen.«

»Was ist das?«

»Lass dich überraschen.«

Bei Sorins Grinsen war Caleb nicht sicher, ob er sich darauf freuen sollte.

Zurück im Hauptraum holte Sorin einen Stapel Kleidung aus seiner Truhe und drückte sie Caleb in die Hand.

»Hier, deine langweiligen Normalklamotten sind wieder da. Frisch gewaschen. Meine Sachen sind dir ja zu extravagant, du Banause.«

Erleichtert zog Caleb sich an. Er hatte keine Lust beim Hulk in irgendeinem »Ich will dich«-Outfit aufzutauchen. Sorin wartete schon fertig gestylt auf ihn und hielt ihm seinen Rucksack hin.

»Ich werde dir jetzt dein neues Reich zeigen.«

Sie gingen den Flur entlang bis zum vorletzten Zimmer auf der rechten Seite. Sorin öffnete und Caleb betrat zum ersten Mal sein eigenes neues Zuhause. Es war deutlich kleiner als Sorins, aber mit allem eingerichtet, was er brauchte. Bett, Fernseher, zwei Sessel, Schreibtisch, Schrank und eine kleine Küchenzeile. Und mitten drin sein Fahrrad. Die Einrichtung war in hellen Farben, bis auf den blutroten Teppich. Sicher, es sah etwas unpersönlich aus und mehr wie eine Ausstellung im Möbelhaus, aber es gefiel ihm auf Anhieb. Da ließe sich etwas draus machen. Vielleicht noch ein paar Pflanzen, damit wenigstens ein bisschen Natur vorhanden war? So ganz konnte Caleb seine Vergangenheit auf der Farm nicht verleugnen. Eine Tür erweckte seine Neugier und er warf einen Blick ins angrenzende Zimmer, eine kleine Dusche.

»Na, gefällt's dir?«

»Und das ist für mich?«

Sorin nickte.

»Und ich kann es hier auch anders einrichten und so?«

»Du kannst alles rausschmeißen und dir neue Möbel kaufen. Oder zu einer feuchten Gruft mit Sarg umbauen lassen, du stehst ja so auf Retro-Design. Das musst du nur mit der Hausverwaltung, äh, dem Facility Management absprechen. Und denk an das monatliche Limit von fünftausend Dollar auf deiner Kreditkarte. Apropos ...«

Sorin griff sich den Umschlag, der auf dem Schreibtisch lag und öffnete ihn.

»Ja, alles da, Firmenausweis, VIP-Karte für das Noxclusive und Kreditkarte. Ausweis und Führerschein dauern etwas. Es wird immer aufwändiger, die zu fälschen. Hast du noch deinen echten Ausweis?«

Caleb schüttelte den Kopf.

»Gut. Wir werden dich älter machen, damit du als volljährig giltst, also nicht wundern.«

»Ok. Brauch ich nicht noch einen Schlüssel oder sowas?«

»Nein, das ist bei uns nicht üblich. Jeder respektiert die Privatsphäre der anderen. Wir sind ein Clan, da ist Vertrauen wichtig. Niemand außer dem Reinigungspersonal würde das Zimmer ohne deine Zustimmung betreten und ich würde dir raten, das auch nicht bei anderen zu tun. Nur, wenn du die Erlaubnis des Bewohners hast. Die meisten reagieren sehr ungehalten bei ungebetenen Gästen. Wenn du Glück hast, bekommst du nur was auf die Mütze, wenn du Pech hast und beispielsweise ungefragt in Marcus' Domizil eindringst, wird Theron dich in Vampirgulasch verwandeln.«

Wolfswandler II: BlutwandlerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt