Kapitel 20

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Caleb wurde wach, weil ihm etwas Warmes und Feuchtes durchs Gesicht fuhr. Er hatte keine Ahnung, wie spät es war und wie lange er geschlafen hatte, er wollte nur weiterdösen. Ziemlich ziellos versuchte er das warme, feuchte Ding beiseitezuschieben und griff in etwas Haariges.

Haarig? Wieso haarig?

Er öffnete die Augen und zuckte zurück. Direkt vor sich sah er Theron, der ihn freundlich anhechelte und noch einmal seine Zunge zum Einsatz brachte. Dann ließ er sich zwischen ihm und Sorin fallen und schaute ihn erwartungsvoll an. Die unsanfte Behandlung weckte dann auch Sorin.

»Ruf dein Mistvieh zurück, Marcus!«, fluchte er und setzte sich auf.

Erst jetzt schaute sich Caleb um und entdeckte Marcus auf einem der Barhocker am Küchentresen, der sie amüsiert musterte.

Und ich liege hier nackt im Bett mit Sorin! Ach du Scheiße!

Caleb raffte die Decke um sich zusammen und lief rot an. Theron hatte inzwischen Calebs Oberschenkel als Kissen auserkoren und seinen Kopf darauf gelegt.

»Es freut mich, dass du deine Aufgabe als Mentor derart ernst nimmst, aber ich habe meinen Stellvertreter bei unserer Lagebesprechung vermisst.«

»Scheiße! Schon so spät?«, sagte Sorin, schwang seine Beine aus dem Bett und ging nackt, wie er war, ungeniert zum Kühlschrank.

»Tut mir leid, Marcus, ich ...«

»Du brauchst mir nichts zu erklären«, wehrte Marcus ab, »Wie es scheint, hast du einen anstrengenden Tag hinter dir.«

Caleb blickte sich hektisch um.

Fuck! Keine Klamotten!

Die ganze Situation war ihm endlos peinlich und er konnte nur hoffen, dass Marcus es ihm nicht übel nahm, dass er mit Sorin im Bett gelandet war. Dem schien keineswegs etwas unangenehm zu sein; er werkelte weiter splitterfasernackt in seiner Küche herum.

»Willst du auch einen Café du sang, Caleb?«

»Äh, was ist das?«

»Warmes Blut mit einer Prise Kaffee. Regt an und gibt dem Blut ein besonderes Aroma«, erklärte Marcus.

Sorin stellte drei Tassen auf den Tresen und schaute Caleb fragend an.

»Willst du nicht aufstehen?«

Eine neue Schattierung Rot legte sich auf Calebs Wangen und er schaute ihn hilflos an.

»Er ist schüchtern und nicht unsere Freizügigkeit gewohnt, was das angeht. Sei ein guter Mentor und hol ihm was zum Anziehen«, half ihm Marcus aus der Klemme.

Sorin verdrehte die Augen, ging aber bereitwillig ins Badezimmer, um seinen Morgenrock zu holen, den er Caleb zuwarf.

»Danke«, murmelte Caleb und versuchte, sich möglichst diskret in den Bademantel zu hüllen. Erst nachdem er den Gürtel fest zugezogen hatte, ging er zum Tresen und schwang sich auf den Barhocker. Er griff nach einer der Tassen und schnupperte. Vorsichtig nippte er daran. Der Geschmack war ungewohnt, aber lecker. Hinter sich hörte er einen Plumps, dann kam Theron herbeigetrottet. Er ging um den Tresen herum zu Sorin und starrte ihn an.

»Was ist?«

»Wuff!«

»Jaja, ist ja schon gut. Gefräßiges Biest!«, grummelte Sorin und goss eine frische Blutkonserve in eine kleine Schüssel. Er stellte sie ihm hin und Theron begann sie geräuschvoll leerzuschlabbern.

»Er trinkt Blut? Ist er auch ...?«

»Natürlich, was dachtest du denn?«

»Aber ich nahm an, nur Menschen können zum Vampir werden?«

Wolfswandler II: BlutwandlerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt