Kapitel 36

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Alle fuhren herum und starrten Caleb an. Marcus erhob sich langsam von seinem Sessel. Sein Gesicht war wie versteinert.

»Was?«, krächzte Caleb überrascht, »Aber das kann nicht sein! Ich hab ihn kaum benutzt! Außerdem habe ich von Computern keine Ahnung!«

Er spürte die Woge des Misstrauens, die ihm entgegenbrandete.

»Im Grunde hat der ganze Ärger mit seiner Ankunft hier angefangen«, murmelte Lucien nachdenklich vor sich hin.

»Nein. Eigentlich hat das alles mit dem Werwolfweibchen begonnen«, sagte Sorin.

»Aber kurz danach tauchte Caleb hier auf«, beharrte Lucien. »Und wir haben eben festgestellt, dass es einen Verräter unter uns geben muss. Wie hätten Werwölfe die Urne stehlen oder Calebs Computer manipulieren sollen?«

Er ging zur Tür und sprach kurz mit einem Gardisten, bevor er wieder zurückkam.

Marcus kam näher und stellte sich dicht vor Caleb.

»Wenn du irgendetwas mit dem allem zu tun hast, dann sage es jetzt. Eine zweite Chance zum Gestehen bekommst du nicht.«

Caleb bekam Angst und ein unangenehmes Kribbeln im Bauch. Marcus' gefährlich ruhiger Tonfall erschreckte ihn.

Als er Abel das Herz herausgerissen hat, sprach er genau so unbeteiligt!

»Marcus, ich schwöre dir, ich bin unschuldig! Ich habe nichts damit zu tun.«

Marcus sah ihm eine Minute tief in die Augen und nickte langsam.

»Ich bin geneigt, dir vorerst zu glauben, aber einen Test werde ich noch machen. Verflucht, ich will endlich ein paar Antworten!«

Er drehte sich um, holte sein Laptop und klappte es auf.

»Ihr bleibt aus der Reichweite der Kamera und sagt nichts. Er soll nicht mitbekommen, dass jemand bei mir ist.«

Er startete ein Programm und klickte auf einen Eintrag in der Namensliste. Caleb konnte von seiner Position aus seitlich den Bildschirm einsehen. Ein Fenster öffnete sich und wechselte zur Vollbildansicht. Ein älterer Mann mit schwarz-grauen Haaren und Vollbart war zu sehen. Offenbar hatte er bereits geschlafen, denn seine Frisur war zerzaust und er selbst sah zerknautscht aus.

»Marcus. Ihr Vampire habt einfach kein Zeitgefühl!«

»Deine Schlafgewohnheiten sind mir gerade ziemlich egal, Rufus. Das ist kein Höflichkeitsanruf!«

»Als ob du jemals Höflichkeitsanrufe machen würdest! Wenn es offiziell ist, wende dich an den neuen Stellvertreter des Patriarchen. Ich bin nicht mehr der Kontakt zwischen Werwölfen und Vampiren. Das habe ich dir bereits beim letzten Mal mitgeteilt.«

»Und ich habe dir beim letzten Mal schon gesagt, dass mich das nicht interessiert. Du bist mein Ansprechpartner! Glaubst du, ich gewöhne mich alle dreißig Jahre an jemand Neues?«

Rufus schnaubte.

»Na gut. Was gibt es?«

»Zwei meiner Vampire wurden von einem Werwolf getötet.«

Ein kurzer Ausdruck von Überraschung huschte über Rufus' Gesicht, dann hatte er sich wieder unter Kontrolle.

»Bist du absolut sicher, dass es ein Werwolf war?«

»Sonst würde ich dich nicht anrufen. Du kannst gerne vorbeikommen und sie dir selbst ansehen!«

»Schon gut, ich glaube dir. Auf die Gastfreundschaft von Vampiren kann ich verzichten. Ich werde den Patriarchen informieren. Das muss ein Einzelgänger gewesen sein.«

Wolfswandler II: BlutwandlerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt