Kapitel 6

3.7K 82 2
                                    

   Kaja´s POV

„But you´ll never be alone
I´ll be with you from dusk till dawn“

Mit schnellen Schritten rannte ich auf den Fußballer zu und ging vor ihm in die Hocke, während ich seinen Blick suchte. Seine Lippen waren fest aufeinander gepresst und er kniff die Augen leicht zusammen, als er weiter seinen Fuß hin und her bewegte. „Lass mich mal sehen“, sagte ich leise, ehe ich meine Finger auf seine legte und er zog skeptisch eine Augenbraue in die Höhe, bevor er mich schließlich doch machen ließ. Vorsichtig tastete ich das Sprunggelenk seines rechten Fußes ab und versuchte dabei jeden seiner Gesichtszüge zu erfassen.
Als mein Daumen etwas fester über die äußere Gelenkseite fuhr, zuckte er augenblicklich zusammen. Julian lehnte sich schnaufend nach hinten und stützte seine Hände hinter seinem Rücken ab. Ich meinte aus seinem Mund etwas wie ein gebrummtes „Fuck“ zu vernehmen und mit einem Mal holte mich das schlechte Gewissen ein. Jetzt verletzte er sich in seiner trainingsfreien Zeit, weil er mir unbedingt mit meiner schlechten Fitness helfen wollte. „Wie schlimm ist es? Meinst du du kannst aufstehen?“, fragte ich Julian, der sich mittlerweile mit einer Hand durch sein blondes Haar fuhr. „Ich denke bis zum Auto werde ich es schaffen“, gab er brummend von sich und ließ sich nach einigen Minuten von mir auf die Beine ziehen.

Ich legte mir locker seinen Arm über die Schulter, um ihn ein wenig zu stützen. Dies gestaltete sich jedoch als schwierig, da er mich um gute zwanzig Zentimeter überragte. Doch irgendwie schafften wir es so zu seinem Wagen und ich besah Julian mit großen Augen, als er den Schlüssel aus seiner Tasche zog und ihn mir hinhielt. „Jetzt schau nicht so. Ich kann mit dem Fuß unmöglich fahren.“ Seine Erklärung klang absolut logisch und so nahm ich auf dem beigen Fahrersitz Platz, nachdem ich ihm beim Einsteigen geholfen hatte. Vorsichtig, um bloß nichts kaputt zu machen, brachte ich uns zu mir nach Hause. Kai war schnell zur Stelle, um seinem besten Freund zu helfen, nachdem dieser ihm schon auf dem Heimweg eine Nachricht hinterlassen hatte.

„Mit „Bring sie heile wieder“ war nicht gemeint, dass du dich stattdessen demolieren sollst“, tadelte er den Blonden, der sich gerade mit Kais Hilfe zum Sofa geschleppt hatte. Ich ging erneut vor Julian in die Hocke und öffnete seinen Schuh, bevor ich den Fuß vorsichtig befreite. Langsam zog ich die Socke nach unten und atmete erleichtert aus, als ich keine Einblutung sehen konnte. „Es sieht nicht nach einem Bänderriss aus. Du solltest duschen gehen und dann mache ich dir einen Stützverband“, gab ich fachmännisch von mir, was Julian einen fragenden Blick entlockte. „Ich studiere Medizin an der Uni in Köln“, gab ich leise von mir, ehe ich mich erhob. Ich machte normalerweise keine große Sache daraus und war umso dankbarer, als Kai seinem Freund ins Bad half und dieser mir somit keine weiteren Fragen stellen konnte.

Da Julian mit seinem Fuß nicht in der Lage war wieder nach Dortmund zurück zu fahren, hatten wir vier uns dazu entschieden, dass er die Nacht bei uns verbringen würde. Sophia hatte ihm extra das Sofa im Wohnzimmer fertig gemacht, da ich ja aktuell noch das Gästezimmer für mich beanspruchte. Zwar hatte es Julian sich nicht nehmen lassen einen lockeren Spruch von sich zu geben, doch auf sein freches „Ich teile mir auch gerne das Gästebett mit Kaja“ war keiner von uns weiter eingegangen. Wir hatten einen schönen Abend zusammen verbracht und man konnte den Männern ansehen, dass sie sich freuten wieder ein wenig Zeit miteinander verbringen zu können. Sophia und ich hatten uns recht früh schon in unsere Betten zurück gezogen, während Julian und Kai es vorzogen noch ein bisschen wach zu bleiben, um an der Playstation zu zocken.

Als mein Wecker am nächsten Morgen klingelte, war ich das erste Mal seit Langem mal wieder annähernd erholt und gut gelaunt. Ich schob es auf die körperliche Anstrengung der letzten beiden Tage und begab mich ins Badezimmer, um mich fertig zu machen. Leise gähnend betrat ich die große Wohnküche und versuchte keinen Mucks von mir zu geben. Ein kurzer Blick in Richtung Couch verriet mir, dass Julian noch seelenruhig vor sich hin schlummerte. Einzig sein blonder Haarschopf lugte unter der Decke hervor. Auf der Arbeitsplatte in der Küche fand ich eine Nachricht von Sophia, dass sie einen Termin in der Stadt hatte und Kai bereits zum Training aufgebrochen war. Sie wünschte Julian und mir viel Spaß beim Frühstück und durch die geschlossene Terassentür konnte ich erkennen, dass meine Freundin ganz offensichtlich den Tisch draußen für uns gedeckt hatte.

All I Need (Julian Brandt)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt