Kapitel 10

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Kajas POV

Nach Jannis´ Facepalm herrschte absolute Stille im Raum. Niemand sagte etwas und ich für meinen Teil musste erstmal realisieren was Julian da gerade von sich gegeben hatte. Eine Mischung aus Unglaube und Wut stieg in mir auf und ich erhob mich vom Sofa, während ich mir mit einer Hand fahrig durchs Gesicht strich. Vielleicht reagierte ich auch über, aber dieser Spruch ließ mich alles Andere als kalt. Ein kurzer Blick zu Sophia und Kai verriet mir, dass sie leise ein paar Worte miteinander wechselten, ehe sie sich erhoben. Meine Freundin kam auf mich zu und schloss mich liebevoll in die Arme. „Wir lassen euch besser alleine. Lass ihn leben“, murmelte sie mir leise ins Ohr und ihre Worte brachten meine Mundwinkel zum Zucken. Kai verabschiedete sich per Handschlag von Jannis und Julian, bevor er mich ebenfalls in eine Umarmung schloss. Der jüngere Brandt-Bruder brachte die beiden noch zur Tür und mir war klar, dass er Julian und mich bloß alleine lassen wollte. Doch ich hatte keine Lust mehr mit dem Blonden Fußballer zu sprechen. Stattdessen entfernte ich mich weiter vom Sofa und ging zum Wohnzimmerfenster, wo ich mich mit den Händen auf der Fensterbank abstützte.

„Kaja, hey. Das war nicht so gemeint“, ruderte Julian leise zurück und ich konnte mir ein ungläubiges Schnauben nicht verkneifen. Er hatte mich mit seinem Kommentar als kleines Dummchen dargestellt, die halt kein eigenes Geld verdiente  und das nahm ich ihm wirklich übel. „Wie war es denn dann gemeint?“, fragte ich genervt nach ohne mich zu ihm umzudrehen. Stattdessen beobachtete ich sein Spiegelbild. Draußen war es bereits dunkel und da das Licht im Wohnzimmer schien, konnte ich ihn problemlos beobachten. Doch Julian schien es vorzuziehen mir nicht zu antworten, denn er zerzauste sich lieber mit seinen Händen seine Haare. Erst als ich mich doch zu ihm umdrehte, stoppte er in seiner Bewegung und biss sich unsicher auf die Unterlippe.

„Da du es vorziehst zu schweigen, werde ich dir einfach sagen, wie das bei mir ankam. Für dich bin ich nur eine von diesen typischen Tussis, die sich einem Fußballer an den Hals wirft, um alles von ihm in den Arsch geschoben zu bekommen, ja?“. Die letzten Worte schrie ich ihm schon fast entgegen und ich spürte, wie mir vor Wut die Tränen in die Augen stiegen, die ich jedoch hektisch mit meinem Ärmel wegwischte. Julians Augen wurden groß und binnen weniger Sekunden war er aufgesprungen. Ich ignorierte sein leises Zischen und seine zusammengekniffenen Augen, als er auf mich zu kam, und trat instinktiv einige Schritte zurück. „Was? Das... das stimmt überhaupt nicht. Es war einfach ein blöder Scherz von mir“, versuchte er sich rauszureden. Doch das heizte meine Stimmung nur noch mehr auf.

„Ein dummer Scherz? Für mich klang das eher oberprollig“, motzte ich weiter und ignorierte den Anflug eines Grinsens, den ich auf Julians Gesicht ausmachen konnte. Der machte sich also tatsächlich noch weiter lustig über mich. Fassungslos schnaubte ich und drehte mich wieder in Richtung des Fensters, um mir seine Belustigung nicht weiter ansehen zu müssen. „Ach komm schon. Ich habe mich doch entschuldigt“, versuchte er es auf die nette Tour und legte seine Hände auf meine Schultern, die ich jedoch sofort abschüttelte, was ihm ein genervtes Seufzen entlockte. „Man jetzt mach doch nicht so ein Drama aus so einem blöden Kommentar“, platzte es nun lauter aus ihm heraus und ich hob meinen Kopf, um wenig später sein Spiegelbild vor mir zu sehen. Julian presste seine Lippen fest aufeinander und stand mit vor der Brust verschränkten Armen hinter mir. Vielleicht hatte er recht und ich regte mich hier grundlos viel zu sehr auf, doch sein Kommentar veränderte mein Bild von ihm. Eigentlich dachte ich, dass er ein total netter Kerl war, doch vielleicht hatte ich mich da auch nur getäuscht.

„Also ich weiß ja nicht mit was für Weibern du dich sonst so triffst, aber ich bin nicht so ein Dummchen was sich von dir aushalten lässt“, motzte ich weiter und war selbst erschrocken darüber, dass ich ihm so etwas an den Kopf warf. Eigentlich wollte ich gar nicht wissen mit was für Frauen er sich normalerweise traf. Doch die Tatsache, dass seine Mundwinkel verräterisch zuckten, ließ mich nur noch wütender werden. Offenbar amüsierte mein Ausbruch ihn noch immer und er ließ sich auch nicht dadurch beirren, dass ich mich nun doch wieder zu ihm umdrehte. „Also ich kann dich beruhigen. Ich habe die Möbel nicht gekauft, um dich irgendwie in Verlegenheit zu bringen. Die Wohnung habe ich gekauft, damit Jannis hier in Köln möglichst günstig wohnen kann während seinem Fotografie-Studium. Wir wollten das Zimmer untervermieten und da wir davon ausgegangen sind, dass hier ein Kommilitone einzieht, habe ich mich entschieden es zu möblieren“, Julians Erklärung klang logisch, doch es änderte nichts an der Tatsache, dass ich mich in eine Rolle hineingepresst fühlte, in die ich nie schlüpfen wollte. Diese Diskussion hatte ich auch wieder und wieder mit Kevin führen müssen, da auch er immer der Meinung war alles für mich zahlen zu müssen.

„Ich würde dich nie so darstellen, Kaja. Ich glaube nicht, dass du eine von diesen Frauen bist, die uns Spielern so am Hintern kleben. Sonst wärst du meinem unglaublichen Charme doch schon längst erlegen“, sagte Julian breit grinsend und ich verdrehte genervt die Augen, was ihn laut auflachen ließ. „Einigen wir uns also darauf, dass ich einfach einen blöden Witz gemacht habe, den niemand außer mir lustig fand?“, fragte er mit einem versöhnlichen Unterton und ich seufze ergeben, ehe ich nickte. „Außerdem habe ich dich nie als Dummchen bezeichnet, Sonnenschein“, schob er hinterher und ich versuchte mich nicht von seinen süßen Grübchen ablenken zu lassen, die er beim Grinsen immer bekam.

Kaum, dass seine Worte zu mir durchgedrungen waren, sah ich beschämt zu Boden. Seine Erklärung klang plausibel und ich konnte Julian lachen hören, ehe er die Distanz zwischen uns überbrückte und mich in die Arme schloss. „Ich weiß, dass du nicht so eine Möchtegern-Spielerfrau bist“, raunte er mir ins Ohr. „Es ist nur...Kevin hat schon immer alles für mich bezahlt und ich war irgendwie so abhängig von ihm und...“, versuchte ich mich zu erklären, doch Julian ließ mich nicht ausreden. Stattdessen drückte er mich an seinen Schultern ein Stück von sich weg und sah mir mit seinen blauen Augen tief in meine braunen. „Pscht. Schluss jetzt damit. Es ist geklärt und gut ist. Okay?“ Ich nickte nur und ließ mich nun doch für einen Augenblick von seinen niedlichen Grübchen verzaubern.

Jannis´ Räuspern ließ mich ein wenig zurückschrecken und er sah für einen Moment zwischen seinem goßen Bruder und mir hin und her, ehe er sich traute den Raum zu betreten. „Gut, ihr lebt also noch“, gab er wenig geistreich von sich, als er sich, mit der Bestellkarte eines Pizza-Bringdienstes bewaffnet, auf die Couch setzte. „Also ich weiß nicht wie es euch geht, aber ich habe totalen Kohldampf. Wie wär´s mit Pizza und ner Runde Monopoly?“, schlug er vor und Julian und ich stimmten zu.

So saßen wir also eine Stunde später zu dritt auf der großen Wohnlandschaft und stritten uns um die letzten Straßen, die noch frei waren. Julians Auto stand gerade auf der Neuen Straße, die mir als Einzige in meiner pinken Sammlung noch fehlte und ich sah ihn bettelnd an. „Komm schon Jule, jetzt gib sie ihr schon“, ermutigte Jannis seinen Bruder und er schien auf Friedenskurs zu sein, denn er gab mir seufzend die Karte und knöpfte mir als Bank den Kaufpreis dafür ab. Dankbar lächelte ich ihn an und bevor ich weiter darüber nachdenken konnte, hatte ich auch schon meine Hand gehoben und sie in seine blonden Haare gesteckt, um ihm über den Kopf zu rubbeln. Doch die Tatsache, dass die blonden Strähnen noch weicher waren, als sie aussahen, ließ mich kurz schlucken. Ich stoppte in meiner Bewegung und unsere Blicke begegneten sich, ehe ich meine Hand ruckartig wieder zurückzog. Julian räusperte sich und ich wandte meinen Blick ab, um nach meiner Cola zu greifen. Das war heute nun schon der zweite seltsame Moment zwischen uns und ich wusste nicht was ich davon halten sollte. Eigentlich war es doch genau so, wie ich es Sophia vorhin noch gesagt hatte. Julian und ich waren Freunde. Nicht mehr und nicht weniger.

Doch zu meiner Erleichterung wirkte sich dieser Moment zwischen Julian und mir nicht auf den Verlauf des restlichen Abends aus. Ganz im Gegenteil. Wir lachten viel und hatten wirklich Spaß zu dritt. Und auch wenn Jannis uns beide total abzog, konnten wir dem jüngeren Brandt einfach nicht böse sein. Allerdings waren wir alle durch die Strapazen des Tages ziemlich müde, weshalb wir uns gegen Mitternacht dazu entschieden doch zusammen zu packen und schlafen zu gehen.

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Hallo ihr Lieben,

Tausend Dank für die zahlreichen Kommentare und Votes!:) ich habe mich wirklich sehr gefreut:).

Julian scheint sich ja nochmal gerettet zu haben, was?:-D

Liebe Grüße

Eure Pina

All I Need (Julian Brandt)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt