Kapitel 55

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Julians POV

„Let me take your hand, I'll make it right.
I swear to love you all my life.
Hold on, I still need you"
C

hord Overstreet - Hold on

Ich verlagerte nervös mein Gewicht von einem Bein aufs andere, während ich im Minutentakt mein Handy aus der Tasche meiner Trainingshose zog und den Homebutton malträtierte. Ich hatte Angst vor einer schlechten Nachricht, doch diese Ungewissheit machte mich fertig. Bereits die Fahrt zum Knappschaftskrankenhaus hatte sich für mich wie ein stundenlanger Trip angefühlt und die Tatsache, dass ich gerade so machtlos war, machte mich fertig. Immer wieder fand meine Hand den Weg zum Schirm meines Caps und ich drehte es auf meinem Kopf hin und her, während ich versuchte mich selbst zur Vernunft zu bringen. Ich drehte schier durch bei dem Gedanken daran, dass Kaja etwas zugestoßen war. Vor allem, weil ich allein mit meiner Feigheit sie überhaupt dazu gebracht hatte in ihrem Zustand ins Auto zu steigen. Irgendwie war es doch also meine Schuld, dass sie überhaupt hier gelandet war.

Eine Hand, die sich von hinten auf meine Schulter legte, ließ mich zusammenzucken und wenn ich mich eben noch so sehr im Griff hatte, so ließ ich mich nun zitternd in die Arme meines jüngeren Bruders ziehen. Jannis legte eine Hand auf meinen Rücken, während er die andere leicht tätscheld auf meinem Hinterkopf zum Erliegen brachte. „Hey Großer, alles wird gut", versuchte er mir Mut zu machen, während ich meine zitternden Finger in den Stoff seines Hoodies grub. Ich wollte kein Weichei sein, doch diese Situation forderte mich so sehr heraus, dass ich für einen Augenblick einfach den Halt meines Bruders brauchte. Ich war ihm so unendlich dankbar, dass er sich direkt auf den Weg gemacht hatte. „Ich...was, wenn...", setzte ich mit leiser Stimme an, doch Jannis ließ mich diesen Gedanken garnicht erst aussprechen. Stattdessen drückte er mich an meinen Schultern von sich weg und sah mir tief in die Augen. Ich erkannte problemlos die Sorgenfalte an seiner Stirn und mir wurde bewusst, dass ich lieber nicht wissen wollte wie ich gerade auf ihn wirkte. „Denk nicht mal an sowas. Ihr geht es sicherlich gut und sie haben sie nur zur Sicherheit mitgenommen", sagte er ohne mich dabei aus den Augen zu lassen. In seinem Blick lag eine solche Entschlossenheit, dass ich schlucken musste. Sein Gesichtsausdruck ließ keinen weiteren Einwand von mir zu und ich bewunderte den Jüngeren wirklich dafür, dass er mir hier eine solche Sicherheit entgegen brachte. „Danke, dass du hier bist, Mann", brachte ich schließlich hervor und mein Bruder tätschelte mir brüderlich den Oberarm, ehe wir uns auf den Weg ins Gebäude machten.

Jannis trat direkt an den Informationsthresen heran und ich folgte ihm auf wackligen Beinen. Zum Einen hatte ich den Eindruck, dass all die neugierigen Blicke der Personen im Wartebereich auf mir ruhten und zum Anderen hatte ich noch immer kein besonders gutes Gefühl. Wenn es Kaja wirklich so gut gehen würde, hätte sie doch zumindest Jannis irgendeine Nachricht zukommen lassen, oder? „Es tut mir leid, aber ich darf Ihnen keine Auskunft zum Zustand von Frau Schiller geben", hörte ich die junge Frau zu meinem Bruder sagen und ich beobachtete ihn dabei, wie er sich verzweifelt mit einer Hand durchs Gesicht fuhr. Ich trat näher an ihn heran und schob ihn sanft zur Seite, was er eher murrend über sich ergehen ließ. Der Blick der blonden Frau wanderte zu mir und als sie erschrocken die Augen aufriss, wusste ich, dass sie mich erkannt hatte. Ich schob den Schirm meiner Cap ein wenig nach oben und zwang mir mein Kameralächeln auf, ehe ich mich ein wenig nach vorn beugte. „Sie....Sie sind Julian Brandt", entwich es ihr und ich nickte nur. „Ja,der bin ich. Können Sie mir bitte eine Auskunft zu Kaja Schiller geben? Sie muss vor einiger Zeit hier eingeliefert worden sein", sprach ich mit gedämpfter Stimme und achtete penibel darauf, dass ich sie weiter schief anlächelte. Es war mir absolut zuwider hier die gute Miene zum bösen Spiel zu machen und noch mehr ekelte es mich an meinen Prominentenstatus für so etwas ausnutzen zu müssen, doch wenn ich irgendetwas erreichen wollte, blieb mir wohl nichts Anderes übrig. Hektisch tippte sie auf ihrer Tastatur herum und ich ignorierte den perplexen Gesichtsausdruck von Jannis, als dieser mich kurz von der Seite anblickte.

All I Need (Julian Brandt)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt