Kapitel 53

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Kajas POV

„Tell them I was happy
And my heart is broken
All my scars are open
Tell them what I hoped would be impossible“
James Arthur – Impossible

Die Fahrt bis zu Julians Wohnung hatten wir schweigend hinter uns gebracht – auch wenn ich Julians brennenden Blick nur allzu deutlich auf mir spüren konnte. Ich wusste, dass ich für ihn immer ein offenes Buch war und er meine Gedanken und Gefühle immer sofort sehen konnte, doch dieses Mal gab ich mir größte Mühe mein Gedankenkarussel irgendwie vor ihm zu verstecken. Nachdem ich den Audi in der Tiefgarage eingeparkt hatte, hatte sich Julian schließlich seufzend dazu entschieden mir meinen Freiraum zu geben, denn er lief langsam voraus in Richtung Fahrstuhl, während ich mir den kleinen Moment der Ruhe nahm, um tief durchzuatmen. Ich wusste, dass ich mit ihm sprechen musste, doch gerade war ich mir nicht sicher, ob ich die Wahrheit vertragen würde. Zu groß war die Angst davor, dass insbesondere Sophia vielleicht doch recht gehabt hatte. Dass er eben ein Playboy war, der nicht treu sein konnte oder wollte. Ich konnte nur nicht fassen, dass es mir nicht schon längst aufgefallen war. Allerdings musste ich gestehen, dass ich nie darüber nachgedacht hatte, dass er sich bei der Physiotherapie vielleicht mit einer Frau vergnügen würde. Zu groß war mein Vertrauen und der Glaube an eine ehrliche Beziehung zu ihm gewesen. Doch offenbar hatte er dieses schamlos ausgenutzt. Anders konnte ich mir diesen Auftritt eben einfach nicht erklären.

Als ich den Aufzug betrat, lehnte Julian mit vor der Brust verschränkten Armen an dem großen Spiegel und er zog fragend die Augenbrauen in die Höhe, während er mich dabei beobachtete, wie ich den Knopf für seine Etage drückte. Die Aufzugtüren schlossen sich und so sehr ich mir auch vorgenommen hatte mir nichts anmerken zu lassen - ich konnte nichts dagegen tun, dass ich ihm den Rücken zu drehte. Nur allzu gerne hätte ich mich an ihn gekuschelt, meine Nase in der Kuhle zwischen seinem Hals und seiner Schulter versteckt und seinen Geruch tief in mich aufgesaugt. Doch es war mir einfach nicht möglich. Nicht, wenn ich daran denken musste, wie sie das vorhin auch getan hatte. Mein Magen meldete sich rebellisch erneut zu Wort und ich schloss die Augen, während ich tief durchatmete. Ich hatte wirklich kein allzu großes Interesse daran meinen Mageninhalt auf dem Boden des Fahrstuhls zu verteilen, weshalb ich mir fahrig mit einer Hand durch meine langen Haare fuhr und die Übelkeit versuchte von mir zu schieben, zu der sich nun auch noch Schwindel gesellte, weshalb ich mit meiner freien Hand nach dem Haltegriff an der Fahrstuhlwand griff. Dies schien nun auch den Blonden hinter mir wieder zu ermutigen doch mit mir zu sprechen.

„Kaja? Hey? Ist alles okay?“, kam es besorgt von Julian, der nun einen Schritt an mich heran getreten war. Da ich nicht in der Lage war ihm zu antworten, schlang er mir locker einen Arm um die Hüfte, als sich die Türen des Aufzuges öffneten. Ich war in diesem Augenblick einfach zu schwach, um ihm irgendeinen Widerstand entgegen zu bringen, weshalb ich es zu ließ, dass er mich zur Wohnungstür führte und mich, in der Wohnung angekommen, direkt zum Sofa bugsierte, wo ich mich brav hinlegte. Julian ging vor mir in die Hocke und legte mir prüfend eine Hand auf die Stirn. Seine warme Haut brannte wie Feuer auf meiner und ich war gewillt ihn von mir zu schieben, bis ich in seine blauen Augen blickte, die mich besorgt ansahen. „Du bleibst jetzt erstmal hier liegen. Ich gehe nur schnell unter die Dusche, okay?“, gab er leise von sich und ich nickte benommen, ehe er seine Lippen auf meine Stirn drückte und sich erhob. Seine weichen Lippen hinterließen ein brennendes Gefühl auf meiner Haut und ich spürte deutlich den Kloß, der sich in meinem Hals bildete, als ich ihm mit meinem Blick folgte.  Dafür ließ wenigstens der  Schwindel langsam nach und auch mein Magen schien sich wieder zu beruhigen, weshalb ich meine Augen für einen Moment schloss und ein paar tiefe Atemzüge nahm. Sofort schossen mir jedoch wieder die Bilder von Julian und der unbekannten Frau in den Kopf und ich bekam wieder dieses beklemmende Gefühl in der Brust, weshalb ich mich langsam aufrichtete.

All I Need (Julian Brandt)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt