Kapitel 49

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Kajas POV

„Came to you with a broken faith.
Gave me more than a hand to hold.
Caught before I hit the ground
Tell me I'm safe, you've got me now."
Jess Glyne - Take me home

Seufzend schmiss ich den Kugelschreiber auf den Block, der neben mir auf dem Küchentisch lag. Nach der langen Pause musste ich mich endlich einmal wieder meinem Studium widmen und insbesondere der zweite Teil des Anatomie-Kurses verlangte mir Einiges ab. Seit einigen Tagen schon versuchte ich mich durch das sehr komplizierte Skript zu arbeiten und ich hatte das Gefühl, dass ich überhaupt nicht voran kam. Das lag vielleicht nicht zuletzt auch an Julian, der mich immer mit seinen Liebkosungen vom Lernen abhielt. Seitdem er vor einigen Tagen so blöd zu mir gewesen war, gab er sich wirklich die allergrößte Mühe ein liebevoller Partner zu sein. Allein der Gedanke an seine Küsse letzte Nacht ließen mein Herz wild in meiner Brust schlagen und ich biss mir leicht auf die Unterlippe, um nicht grenzdebil vor mich hin zu grinsen. Ja, Julian machte mich unendlich glücklich und ich war so froh, dass wir gemeinsam diesen Schritt in die Beziehung gewagt hatten.

Ich erhob mich und trat an die große Fensterfront in Julians Wohnzimmer heran, aus der man einen wunderbaren Blick über den Phoenixsee hatte, der im Licht der Nachmittagssonne wunderbar schimmerte. Julian war gerade bei seinem zweiten Physiotermin und eigentlich sollte er jeden Moment nach Hause kommen. Marco hatte sich netterweise dazu bereit erklärt meinen Freund diese Woche mitzunehmen, da dieser ja noch immer nicht wieder selbst fahren konnte. Da half ihm auch die Tatsache nicht, dass er ausschließlich Fahrzeuge mit Automatikgetriebe in der Tiefgarage stehen hatte. Das Klappern einer Autotür riss mich aus meinen Gedanken und ich drückte meine Stirn etwas gegen die Fensterscheibe, die ohnehin geputzt werden musste. Schnell erkannte ich den weißen SUV in der Parkbucht vor dem Wohnhaus und den blonden Haarschopf meines Freundes, der seinem Teamkollegen durch das geöffnete Beifahrerfenster noch die Hand entgegen hielt, um ihn mit dem gewohnten Handschlag zu verabschieden, ehe er seine Tasche umständlich schulterte und sich dann mit seinen Krücken auf den Weg in die Wohnung machte. Julian war mittlerweile bereits mehr als genervt von seinen Gehhilfen, doch der Mannschaftsarzt hatte ihm bei dem Gespräch zu seinem Rehaplan erst noch einmal deutlich gemacht, dass er den Fuß keinesfalls mit vollem Körpergewicht belasten sollte die nächsten 14 Tage. Dass er sich nicht immer daran hielt, behielten wir hierbei besser für uns.

Da ich mir sicher war, dass Julian hungrig war, löste ich meinen Blick von der tollen Aussicht und ging in die Küche, um den Rest der Gemüsepfanne von gestern aufzuwärmen. Zumindest was seinen Ernährungsplan anging, hielt sich Julian an die Vorgaben, um nicht zuzunehmen, wenn er sich schon nicht bewegen konnte. In meinen Augen übertrieb er vollkommen, da er für mich in absoluter Topform war, doch ich sprach dort ohnehin nur gegen die Wand. Nach seinem Empfinden war ich einfach nicht objektiv genug-womit er vielleicht auch recht hatte, wenn ich darüber nachdachte wie ich noch immer auf den Anblick seines trainierten Oberkörpers reagierte.

Der Klang der Haustür, die ins Schloss fiel, holte mich zurück ins Hier und Jetzt und ich wischte mir unbewusst mit einer Hand über den Mund, um sicher zu gehen, dass ich nicht doch gesabbert hatte. Ich füllte den Reis mit dem Gemüse in eine große Pfanne und stellte gerade die Herdplatte an, als sich plötzlich zwei starke Arme um mich schlangen. Sofort kroch mir dieser vertraute Geruch in die Nase und ich schloss für einen Moment genießerisch die Augen, als ich mich an Julians Brust lehnte. Er roch wunderbar nach einer Mischung aus seinem Duschgel und diesem Parfüm, mit dessen Duft er mich immer wieder um den Verstand brachte. „Hallo Sonnenschein", raunte er mir leise ins Ohr und ich genoss das leichte Kratzen seiner Bartstoppeln, als er seine Wange an meine lehnte. Seine Krücken lehnte er neben uns an die Arbeitsplatte, bevor er liebevoll meine Hand in seine nahm, um mich umzudrehen. Ich ließ ihn nur allzu gern gewähren und genoss die leichte Gänsehaut, die seine Fingerspitzen auf meiner nackten Haut auslösten, als er seine Hände ungeniert unter mein Shirt schob. „Hey Juli", sagte ich lächelnd, während ich ihm sanft diese eine wirre Haarsträhne, die immer ihr Eigenleben zu haben schien, aus der Stirn strich. Seine weichen Haare waren noch leicht feucht, was mich schmunzeln ließ. „Du sollst doch nicht immer mit nassen Haaren draußen rumrennen", tadelte ich meinen Freund gespielt, der nur mit den Augen rollte. „Jaja, Mama. Du weißt doch, dass ich immer schnellstmöglich bei dir sein will", gab er mit gespielt hoher Stimme von sich und wir mussten beide lachen. Sein lautes, hohes Lachen steckte mich einfach immer an und so brauchten wir beide einen Augenblick, bis wir wieder zu Atem kamen.

All I Need (Julian Brandt)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt