,,Sie wirkt weit mehr als nur etwas erschöpft."
,,Ihre Augenringe sehen fürchterlich schlimm aus. Die Ärmste."
,,Wie lange sie wohl schon flüchtet?"
,,Laut dem König mindesten schon sechs Jahre."
,,Hast du ihre Verletzung gesehen? Die Arme muss durch die Quallen des Jenseits gegangen sein!"
,,Wer weiß dies schon genau? Hast du gehört, dass einer der Deltas sie um ein Haar getötet hätte?"
,,Ay, dies habe ich gehört. Sie muss fürchterlich leiden!"
,,Ich hoffe, dass sie noch viele Winter sieht bevor sie nach Öden geht."
Öden... Öden
,,Aurelia!" Der Ernst der Lage war deutlich aus der Stimme meines Vaters zu hören. Mit gesenktem Kopf trat ich um die Ecke. ,,Du abscheulicher Mensch! Was sollte das!?" Mit zittrigen Glieder spielte ich mit meinen Fingern. ,,Herr Vater, das war Marions I-Idee." Klatsch! Der erste Schlag. Tränen sammelten sich in meinen Augen. ,,Hör auf diesen Namen in dein dreckigen Mund zu nehmen!" Traurig sah ich zu ihm auf. ,,Aber Herr Vater es ist wahr!" Klatsch. Der zweite Schlag. Ich verstand nicht, warum man mir nicht glaubte. Keiner sah Marion. Manche Bewohner sagten ich sei verrückt, aber dies stimmte nicht! Marion existierte! ,,Gehe mir aus den Augen." Das musste er mir nicht zweimal sagen. So schnell ich konnte rannte ich hinaus aus dem luxuriösen Anwesen meiner Familie und suchte in meiner Hütte Unterschlupf. Lange war ich jedoch nicht alleine. Meine Mutter trat wütend hinein. ,,Du undankbares Balk! Hör auf den Namen von ihm in den Mund zu nehmen! Du hast kein Recht ihn vorzuschieben! Du solltest die Toten respektieren!" Aber Marion war nicht tot! Er war mein bester Freund. Er war von meiner Geburt an da! Dieser kleine Junge, der nie älter wurde. Der Junge, der immer gleich groß blieb. Der Junge, der mir immer half. Er brachte mich zum Lachen! Marion sorgte sich um mich. Auch wenn ich ein Mensch war! Er war an meiner Seite! Warum sah ihn den niemand? Ich sah meiner Mutter hinterher. Sie ließ die Tür des Schuppens offen. Für gewöhnlich mochte ich den Schnee, bewunderte sogar den weißen Zauber, doch heute verschlechterte sich meine Laune dadurch nur. Gerade als ich die Tür schließen wollte trat mein Vater ein... den Gürtel seiner teuren Anzughose in der Hand... ich wusste nicht, was er von mir wollte, doch dies beantworte er mir schnell. ,,Fahre nach Öden du Hure!" Er griff nach mir und riss mir die Kleidung vom Leib. Immer wieder schlug er mit dem Ledergürtel auf mich ein. Rücken, Bauch, Arme und Beine. Als er endlich aufhörte, betete ich, dass er nun von mir ablassen würde, aber nein... Als er seine Hose auszog, sah ich ihn geschockt an... Nein...nein ...NEIN!
,,NEIN!"
Schweißgebadet richtete ich mich auf. Wie lange war es her, dass ich davon geträumt hatte? Mein siebter Winter... Der Beginn einer noch größeren Hölle als jemand sich zu Träumen wagte. Es war mein persönliches Fegefeuer. ,,Miss, geht es Ihnen gut?" Mit flatternden Lidern sah ich zu der Frau, welche sich besorgt neben das Bett kniete. ,,Gewiss", nuschelte ich eher zu mir selbst als zu ihr. ,,Ich muss den König darüber informieren." Als sie davon gehen wollte hielt ich sie am Saum ihres Ärmels zurück. ,,Nicht, bitte. Ich brauche etwas Ruhe. Für mich alleine." Ich sah den inneren Konflikt in ihren Augen. Was würde gewinnen? Ihre treue Art dem König gegenüber oder ihr Mitgefühl. ,,Ich muss es ihm sagen, aber nicht jetzt Miss. Nehmt Euch den Moment" Mit einem schwachen Lächeln verließ sie das Zelt. Erleichtert blies ich die Luft aus, welche ich bis eben angehalten hatte. Vorsichtig setzte ich mich bequemer hin und strich mir durchs Haar. Matt und glanzlos wirkten sie gerade so im schwach Licht der Kerzen. Ich benötigte dringend eine Wäsche. Doch würde dies ein schmerzhaftes Erlebnis werden. Die Stoffstückchen an meinen Armen wurden entfernt. Nun konnte ich diese Wunden auch sehen. Mich wundert es sehr, dass man diese versorgt hatte. Es sind nur Kratzer, die vielleicht zu Beginn geblutet hatten, allerdings schnell aufgehört haben müsste. Sachte hob ich das Hemd an, welches man mir übergezogen hatte. Mein gesamter Brustkorb war bandagiert worden. Nicht mal ansatzweise könnte ich sagen wie schwerwiegend die Wunden sind und dies machte mir Sorge. Ich ließ mich zurück ins Bett fallen und fuhr mit meinen Fingerspitzen immer wieder über meinen linken Arm. Bei jeder Erhöhung zählte ich im Kopf mit, konnte sogar sagen, woher diese Wulsten stammte. Eins, zwei, drei, vier... fünf Bei der Sechsten hielt ich inne. Die ersten 5 waren durch Unfälle oder Gewalteinwirkungen entstanden aber die Sechste... ja, diese fügte ich mir selbst zu... An dem Abend der mich das Fürchten lehrte. An dem Abend, wo mir sämtliche Kindheitsträume genommen wurden. Eine Gänsehaut überzog meinen gesamten Körper. Als würden die Götter mich provozieren wollen nahm der Wind aus dem Nichts zu und schwere Regentropfen vielen auf das Dach des Zeltes. Womit hatte ich nun dies verdient? ,,Miss?" Die Frau von vorhin stand an der Plane des Zeltes. ,,Der König wird gleich bei Ihnen sein." Dankend lächelte ich der Frau zu, doch diese war bereits wieder verschwunden. Es dauerte keine Minute, da wurde die Plane erneut angehoben und der König betrat das Zelt, zu meiner Überraschung vollkommen trocken. ,,Ich hörte Ihr habt einen Alptraum gehabt kleine Aurelia? Wie geht es euch?" Langsam, als wolle er mich nicht verschrecken, trat er näher zu mir und ließ sich auf dem Bett nieder. ,,Mir geht es gut, danke der Nachfrage, Eure Hoheit." ,,Weshalb glaube ich Euch nicht?" Erst wollte ich antworten, doch schnell viel mir ein wer er war. So behielt ich meine bissigen Kommentare lieber für mich. ,,Nun gut. Möchtet ihr nun etwas Speisen? Vorhin, als ich mit etwas Nahrung hereinkam, hattet ihr bereits geschlafen." Zögerlich nickte ich. Ich hatte einen unnormalen großen Hunger. Ich hatte mich daran gewöhnt wenig zu mir zunehmen, doch auch das beste Training der Welt gerät irgendwann an seine Grenzen. ,,Dann wollen wir euch mal etwas warmes zum Ankleiden geben, ehe wir zu den Anderen gehen." Verwundert beobachtete ich den König dabei wie er einen dicken Mantel heraus suchte. Ich durfte dieses Zelt verlassen?
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ᵉᶤᶰᵉ ᵉʳᶤᶰᶰᵉʳᵘᶰᵍ ᶤˢᵗ ᵉᵗʷᵃˢ,
ᵈᵃˢ ᵖᵃˢˢᶤᵉʳᵗ ᶤˢᵗ ᵘᶰᵈ
ᶰᶤᵉ ʷᶤᵉᵈᵉʳ ᵘᶰᵍᵉˢᶜʰᵉʰᵉᶰ
ᵍᵉᵐᵃᶜʰᵗ ʷᵉʳᵈᵉᶰ ᵏᵃᶰᶰ
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Beyond the horizon
Romance꧁song of Ash and Death꧂ Was bleibt einen, wen der Krieg alles Zerstört? Nicht nur das was man eins sein Zuhause nannte, sondern auch die Orte die eine Zuflucht waren? Aurelia muss am eigenen Leibe erleben, was der Krieg und der Hass der Völker Bewir...