Das gleichmäßige Rütteln des Militärfahrzeuges, mit dem wir zunächst zum Stützpunkt gebracht wurden, war einschläfernd. Jetzt, wo das Adrenalin abgebaut war, machte sich die Erschöpfung der viel zu kurzen Nacht und das frühe Aufstehen bemerkbar. Trotzdem schaffte ich es, wach zu bleiben, bis wir in den Wagen von Carter umstiegen, dann fielen mir die Augen zu und ich schlief beinahe zwei Stunden bis Carter mich vor seinem Haus wieder weckte.
Schlaftrunken folgte ich ihm die Treppe nach oben, wo ich meine Sachen am Fußende der Couch noch genauso vorfand, wie ich diese in der Nacht zuvor dort abgestellt hatte. Carter meinte, es wäre eine gute Idee hier zu schlafen, weil wir sonst noch früher aufstehen müssten als ohnehin schon.
„Hey", begrüßte uns Elaine voller Energie. „Wie wars? Du musst mir unbedingt alles erzählen!", sprudelte das Mädchen und hopste vor mir auf und ab vor Begeisterung. „Hattest du Angst? Wie war die Landung? Seid ihr wirklich direkt am Strand angekommen?"
„Lass uns erstmal richtig reinkommen!", brummte Carter. „Haben wir was zu essen?", war seine nächste Frage. „Ich sterbe!", stellte er fest. Auch mein Magen knurrte vernehmlich bei der Erwähnung von Nahrung.
„Naja, was du halt immer so kaufst", kommentierte Elaine sein Tun.
Carter seufzte tonnenschwer.
„Ich meinte, ob du irgendwas vorbereitet hast?"
„Bin ich erwachsen oder du?"
Unangenehme Schwingungen füllten die Küche und Carter kämpfte einen Moment mit sich.
„Gut, dann also mal wieder Pizza-Taxi!"
Elaine verdrehte ihre Augen angesichts dieses Vorschlages.
„Dein Ernst jetzt?", motzte sie. „Das dritte Mal diese Woche? Warum können wir nicht was Ordentliches essen?"
Tränen schwammen ein Blinzeln später in ihren blauen Augen. „Wozu schleppen wir den Scheiß nach Hause, wenn du nie kochst?" Elaines Tonfall kippte in eine sehr hohe Tonlage. „Ich hasse Pizza!", kreischte sie. „Und ich hasse dich!"
Wie nur ein sehr, sehr wütender Teenager es konnte, stürmte Elaine aus der Küche, knallte die Tür hinter sich zu und ließ einen Carter zurück, der sichtlich überfordert über seinen Bartschatten rieb. Sekunden später krachte die Wohnungstür ins Schloss.
„Läuft wirklich super, Carter", stellte ich fest. „Wohin geht sie jetzt?"
„Smith.", lautete die mehr als knappe Antwort. Inzwischen hatte Carter wieder den Kühlschrank geöffnet und starrte hinein.
„Lass mich raten. Er kocht für Elaine?"
„Ja. Er kocht. Für sie und ab und zu auch für mich." Gereizt sah Carter mich an. „Ich bin gut im Essen, aber nicht damit!" Er wedelte vor dem offenen Kühlschrank herum. „Wieso muss sie sich über sowas so aufregen? Du bist auch ein Mädchen. Erklär's mir bitte!"
Wo sollte ich da anfangen? Aber irgendwas musste ich sagen, denn aus seinen braunen Augen sah Carter mich hoffnungsvoll und gleichzeitig verloren, beinahe hilflos an. Er verstand die Welt vermutlich schon eine Weile nicht mehr.
„Sieh mal, du warst gestern Abend essen und hinterher waren wir noch mit den Jungs beim Bowling. Du bist erst nach Hause gekommen, als Elaine schon längst geschlafen hatte. Und heute Morgen bist du gegangen, bevor sie aufgestanden ist, bist danach den ganzen Tag weg gewesen. Sie war allein Carter. Den ganzen Tag! Und die halbe Nacht. Du hast dir Zeit für dich genommen. Und jetzt will sie, dass du dir Zeit für sie und ihre Bedürfnisse nimmst. Offenbar reicht Pizza nicht, um diese Bedürfnisse auf emotionaler Ebene zu befriedigen. Sie macht Elaine nur satt und somit nur rein körperlich zufrieden."
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BLINDFOLDED - Blindes Vertrauen
RomanceManchmal muss man blind vertrauen: Anna findet Ian unerträglich. Selbstverliebter Mädchenschwarm. Der Mittelpunkt seines Universums. Rauchender Partygänger, der Gott und die Welt kennt. Genau der Typ, den Anna meidet wie der Veganer das Fleisch. Doc...