Zersplittert

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Ich renne.
Und renne.
Und renne.
An dem Tag bin ich wohl hundert mal gestorben.
Ich ringe nach Luft.
Ich beisse die Zähne aufeinander und zwinge mich dazu weiter zu rennen.
Bloß nicht aufhören.
Einfach rennen.
Verdammt ich war doch gerade erst angekommen.
Warum konnte ich nicht einwenig leben. Das Leben war ein verdammter Verräter.
Ständig schien er mir in den Rücken zu fallen.
Mein Feind war das Leben.
Meine eigene Existenz.
Ich war von unten bis oben pitschnass.
Es nieselte zwar nur aber dennoch.
Wer hätte gedacht das Weihnachten so schrecklich sein konnte.
Das ist also Weihnachten...
Ich. Mitten im Regen wie ich zum Krankenhaus sprinnte.
Nya. Wie sie dort liegt und auf mich wartet.
Trevor. Dessen Augen angeschwollen von der ganzen weinerei waren.
Das war es also...
Ich blickte zum Krankenhaus das wenige Meter von mir entfernt war und stürmte hinein.
Das einzige Krankenhaus in Aries.
Raum 104.
Raum 104.
Raum 104.
Meine Augen scannen jede Zahl ab die neben den Türen waren bis ich den Raum sah.
Ihren Raum.
Ich öffnete die Tür.
Und da lag sie.
Meine bessere Hälfte.
Sie blickte mich mit offenem Mund an.
"Exy." Rief sie heiser.
Ich war wie angewurzelt.
"Nya."
Murmelte ich.
Meine Haare tropften.
Auch von meinen Fingerspitzen tropfte der Regen runter.
Ich hatte Nya schon einmal in diesem Zustand gesehen.
Blaue Flecken.
Überall.
Weiße Hände.
Aber wie?
Wie?
Ich hatte sie doch geheilt.
Es ging ihr doch besser.
Ich lief langsam zu ihr.
Ihre dunklen Augen verfolgten mich schwach.
Ich hatte Angst.
Angst sie zu verlieren.
Ich griff nach ihrer Hand.
Eiskalt.
Ich erhitzte meine Hand um ihre zu wärmen.
Ich sah in ihre Augen.
Suchend nach einer Antwort.
"Setz dich."
Sagt sie leise zu mir.
Ich höre auf sie und setzte mich auf ihr Bett.
Gucke runter zu ihr.
In der Hoffnung sie wird mir sagen das es ihr gut geht.
"Wie?"
Hauche ich.
Sie lächelte schwach.
"Ich bin froh das es dir gut geht exy."
Sagt sie.
"Erzähl mir wie es war."
Sagt sie und blinzelt langsam.
Ich schüttelte den Kopf.
"Nya hör auf abzulenken."
Sagte ich ungeduldig.
"Es geht jz nicht um mich."
Nya schließt erschöpft die Augen.
"Diese Krankheit ist zurück gekommen."
Erzählt sie mir.
Ich konnte heraushören wie schwer es ihr fiel darüber zu reden.
"Warum hast du mich nicht gerufen!? Du hättest es in dem Brief schreiben können welchen du Khai gegeben hast!"
Rief ich verzweifelt.
Sie schüttelte den Kopf.
"Ich war schon längst im Endstadium. Es ist zu spät."
Ich riss die Augen auf.
"Was redest du da! E-es ist nicht zu spät."
Zischte ich und drückte ihre Hände.
Nyas trockenen Lippen bebten.
"Tut mir echt leid das wir diesesmal Weihnachten nicht zusammen feiern können."
Sagte sie und schluchzt.
"Aber wir werden wohl nie wieder Weihnachten zusammen feiern können."
Sagte sie und schließt die Augen.
Ich schüttelte heftig den Kopf.
"Hör auf."
Zischte ich.
Nya sah aus als würde jeden Moment das leben aus ihr entweichen.
"Aber ich möchte das du dein restliches leben ohne mich, glücklich verbringst. Und wag es nicht dir selbst die Schuld zu geben hörst du."
"Hör bitte auf damit."
Flehte ich sie an.
"Geh ans Meer Exy."
Sagte sie schwach.
"Ohne mich."
Jede emotion außer Trauer entwich aus meinem Körper.
Ich streichte ihr die strehne aus dem Gesicht welche durch ihre fließenden Tränen auf ihren farblosen Wangen klebeten.
"Niemals."
Sagte ich.
"Bitte."
Sagte sie.
Sie ergriff meine Hände mit ihrer letzten Kraft.
"Exy du musst es ändern."
Sagte sie plötzlich hellwach.
"Ich werde garnichts tun ohne dich."
Nya seuftzte.
"Hör auf so ein sturkopf zu sein und erfülle mir wenigstens diesen einen letzten Wunsch!"
Sagte sie und ihre Augen verblassten wieder.
Ich schluckte und Tränen liefen mir die Wangen herunter.
Nein.
Nein.
Nein.
"Exy du musst Avalon verändern. Schenk uns die Freiheit."
Höre ich sie sagen.
"Ich habe nie hierher gehört und es ist wohl vielleicht besser wen ich gehe, aber ich möchte das du bleibst. Bleib hier. Verändere die Zukunft. Werde glücklich."
Ich sah sie verwirrt an.
"Du bist die einzige die es schaffen kann."
Sagt sie und hat ein schwaches Lächeln im Gesicht.
"Ich kann das nicht."
Sagte ich.
Nya streicht mir die Tränen weg.
"Doch. Du kannst das. Ich habe dich schon seid dem wir ganz ganz klein sind beobachtet. Ich habe dich gesehen. Und ich weiß das du eine große Aufgabe hast."
Sagte sie und wird immer leiser.
"Das Leben geht weiter Exy. Menschen kommen und gehen."

"Ich kann das nicht ohne dich. Bitte bleib. Bleib bei mir. Bitte..."
Flehe ich.

"Kämpf gegen den Sturm Exy..."
Ich schaue auf und halte den Atem an.

"Kämpf..."
Sagte sie schwach und fing an zu summen.
Sie summte das Lied.
Unser Lied.
Ich stimmte ein.
Die melodie die wie ständig summten wenn wir Angst hatten.
Schon als wir ganz klein waren haben wir das gemacht.
Das letzte Mal würden wir es zusammen summen.
"Freiheit..."
Sagte sie mit einem Lächeln auf den Lippen.
Nun hatte sie endlich ihren Frieden nach dem sie sich so lange gesehnt hatte. Wäre es doch nur mit einem Herzschlag gewesen.
Ich hatte alles verloren.
Endgültig.

(...)
Das Mädchen welches ich ständig beschützen wollte war von mir gegangen.
Sie ging und ließ mich zersplittert zurück mit einer Bitte die ich nicht erfüllen konnte.
Ich hatte versagt.
Ich konnte sie nicht heilen.
Nicht beschützen.
Ich bin eine Versagerin.
Ich bin eine Sünderin.
Tränen fließen und Tropfen auf das Gras.
Auf Ihr Gras.
Meine Knie sind beschmutzt mit Erde.
Ihrer Erde.
Und mein Herz ist voller Erinnerungen.
Ihrer Erinnerungen.
Ich hatte ihr versprochen sie zum Meer zu bringen und hatte es nicht geschafft.
Habe ich je im Leben auch nur irgendwas geschafft.
Ich dachte an das Mädchen zurück welche mir bemalte Steine schenkte als wür sechs waren.
Sie hatte damals dicke runde Wangen die noch dicker wurden wenn sie lächelte. Sie wurde für diese Wangen die ich so liebte gehänselt und ich erinnerte mich daran das ich damals jeden verprügelt hatte der es auch nur wagte sie anzufassen.
Ich berührte den Stein.
Ihren Stein.
Sie hat es wieder getan, sie hatte mir wieder einen Stein geschenkt.
In diesem Stein war ihr Name eingraviert.
Und ihr Geburtstag.
Und der Tag an dem sie mich zersplittert zurück gelassen hatte.
Ich kniete auf ihrem Grab.
Alleine.
Ja das war ich nun.
Alleine.
Ich krallte mich an das Gras als würde es mich vor dem Fallen retten.
Ich wollte schreien.
Mir die Haare rausreissen.
Am liebsten sogar sterben.
Ich konnte so nicht weiter leben.
Nicht ohne nya.

"Ich wünschte ich könnte ohne dich leben."
Murmelte ich.
Als könnte sie mich von dort wo sie nun war hören.
Meine Stimme brach ab.
"Aber du bist doch ein Teil von mir."
Ich weinte laut.
So frustriert.
So einsam.
"Ich brauche dich Nya."
Krächzte ich und weinte.
Es regnete so heftig dass es mir fast so Vorkam als würde der Himmel mit mir trauern.
Blaue Blumen lagen auf ihrem Grab.
Die blauen Blumen die wohl nie rechtzeitig angekommen waren.
Die blauen Blumen die sie nie retten konnten.
Wie böse.
Bösartig war das Leben.
Ein Bösewicht.







 

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