Datenübertragung: Rose D. Hawk
Die Nacht hatte mich umhüllt und leise in den Schlaf gelesen. Ich träumte sehr lebendig und wenn man mir schöne Träume erlaubte, genoss ich sie im Detail. Die Welten bestanden aus neuen Farben, Gefühle gluckerten wie Flüsse und Ströme und Geschichten spannen sich von selbst, ohne dass ich sie erzählen musste. Die Kapitel waren verwoben, die Wolle weich und die Nadeln, welche fädelten, harmlos. Sie strickten mir einen sommerlichen Schal oder winterliche Handschuhe und manchmal durfte ich wählen, wer ich sein wollte, und ich wählte nie mich selbst.
Ich kannte nichts Friedlicheres als ebensolche Träume.
Und ich stöhnte in mein Kissen, als mich jemand an der Tür hektisch wachklopfte. Es war ein nervöses, eiliges Klopfen von Händen, die derartige Bewegungen gewöhnt waren. Ich wusste, dass mich Ellie erwartete, bevor ich öffnete und zischte, sie solle Little Rosy nicht wecken. Ich schlüpfte in den Flur und zog die Tür ran. »Was ist denn?«, fragte ich müde.
Ellie hüpfte vom einen aufs andere Bein. Sie war ölig und schmutzig und trug noch ihre Arbeitskleidung: einen schwarzen Overall mit Werkzeugtasche und Stiefeln mit Schutzkappen. Ihr rosa gefärbtes Haar war kurz geschnitten, die Ansätze unterstrichen das Nussbraun ihrer hellen, funkelnden Augen, die nie ruhig zu gucken schienen. Von allen Gerüchten, die sich auf sie bezogen, traf das am meisten zu, das sie als Nervenbündel beschrieb. »Ich glaube, ich hab Mist gebaut«, platzte sie heraus.
Ich blinzelte mir die Müdigkeit aus den Augen. »Was? Wie geht das denn?«
»Na ja, du sagtest, ich solle ein bisschen randalieren und ich fürchte, ich hab's ... übertrieben?« Ellie lächelte entschuldigend. »Ich sollte was kaputtmachen und hab's zu kaputt gemacht. Verstehst du, was ich meine?«
Ich musste mich bemühen, ihr gedanklich zu folgen. »Wie genau soll ich mir das vorstellen?«
»Die lange oder die kurze Fassung?«
»Es gibt eine lange?«, war ich schockiert.
»Bitte die kurze!«, murmelte Rosy aus meinem Zimmer heraus und ich hörte, wie sie sich in der Decke herumdrehte und dabei war, sich aufzusetzen. Ich konnte nicht verhindern, dass sie zu uns tapste. Kore schlich um ihre Beine. Typisch Kazakas und ihre Füchse: sie folgten ihnen überallhin, als verbände sie und ihr Blut etwas Magisches. Kore – oder damals Foxy – hatte immer von Geburt an der kleinen Rose gehört und ich hatte mich nur um sie kümmern sollen, weil Azura geplant hatte, dass ich auf die beiden achtgab, wo sie und Kanzler Jeremy zu beschäftigt sein würden. Leider hatte sie mich jedoch nie darin aufgeklärt, warum es dann wichtig gewesen sei, wie Kaya und Foxy zueinanderstanden.
»Fuck, sie schläft heute bei dir?«, wunderte sich Ellie.
Rosy rieb sich die Lider. Sie war mittlerweile elf Jahre alt und hatte viel Ähnlichkeit mit Azura, äußerlich, emotional, doch sie war nicht grob oder kühl. Sie war freundlich und höflich. Ich wurde gelobt, ich hätte sie gut erzogen, wenngleich vieles – und das musste ich betonen – auch Azuras Erziehung zu verdanken war. Sie war eine weitaus bessere Mutter als Mensch. »Hey, Ells«, grüßte sie sie und grinste verschlafen. Sie hatte spitze, weiße Zähne, was sie frecher wirken ließ, als sie war. Ihr rötlich-braunes Haar war leicht vom Kissen zerzaust, und ihre mandelförmigen, karibikblauen Augen standen nur halboffen. »Du musst jetzt einen Dollar ins Fluchglas werfen.«
Ellie verteidigte sich: »Das gilt nicht für Erwachsene!«
»Doch, Rose muss das auch.«
»Was? Echt jetzt, du fluchst vor ihr?«
Ich seufzte. »Nicht oft, ich will ihr ein gutes Vorbild sein und man sollte sich stets an seine eigenen Regeln halten, deshalb ... Moment, darum geht's doch gerade gar nicht! Ellie, wie lautet die Kurzfassung? Was hast du getan?«
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A Fall of Rain - Hawk's Eyes Serie
Science Fiction"Poetisch, kraftvoll, romantisch", ein Dark-Rainbow-Epos Dieser ist der zweite Teil von Hawk's Eyes. ACHTUNG: SEX, GEWALT, UMSTRITTENE THEMEN!!! 5 Jahre sind nach den Geschehnissen auf Francis vergangen. Während sich die Weltpolitik spaltet, feilt K...