Protokoll: Groß bist du geworden III; part 48

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Datenübertragung: Kaya Cuano (POV)







Ihre schlanken tätowierten Waden balancierten auf der weißgrauen Brunnenwand, während ich absichernd ihre Hand drückte. Elegant schwang Rose ihre hohen Absätze mit jedem Schritt ein weiteres Stück nach vorne, dabei klackten jedes Mal ihre Schuhe zum Rauschen des zarten Regens, und der Wind flötete die Melodie ihrer Zirkusnummer zu den Sternen hinauf. Das Wetter war nicht reißerisch, eher anstoßend, perfekt, um aus der Hochzeit das Eheleben zu betreten. Als ich hinaufblickte, schmiegte sich ein voller Mond um ihr welliges Haar und überzog das Kirschrot mit silbrigem Schimmer. Nasse, Pfützen bildende Fetzen wurden in der Dunkelheit von Laternen hervorgehoben. Das saubere Brunnenwasser platschte. Die Nacht duftete nach Sommerregen und deftiges Abendessen, das von gekippten Fenstern her verführte. »Nudelsoße«, riet meine Frau. Ja, richtig gehört, meine Frau. Sie gehörte nun offiziell mir.

»Steak«, hielt ich dagegen.

»Nein, die kochen garantiert Bratensoße für Nudeln.«

»Babe, Bratensoße gießt man über ein fettes Steak. Sorry. Die Leute hier essen Fleisch.«

»Ach ja«, entsann sich Rose und wirkte dabei traurig, wie sie das Kinn sinken ließ.

Ich brachte sie über mir zum Stoppen, indem ich sie fester umgriff, zwang sie, mich anzugucken. »Hey«, ich lächelte ihr tröstlich zu, »bald sind wir wieder in Francis. Dort wird keinen Tieren wehgetan.«

»Nein, aber Menschen«, nuschelte Rose. Manchmal überraschte es mich, wie schnell ihre Laune kippen konnte. Dafür genügte ein Schlüsselwort, ein Trigger, der sie an irgendetwas erinnerte, das sie noch nicht überwunden hatte, und sie war fort.

»Wie meinst du das?«

»Die Menschen in Shaikstation sind freier. Sie fühlen sich wohler und sind ... glücklicher, glaube ich. Den Eindruck habe ich in Francis seltener. Francis ist enger.« Rose ging in die Hocke, um sich auf die Brüstung zu setzen. Ich stellte mich vor sie, wärmte ihre kühl gewordenen Oberschenkel mit den Händen. Ihr helles Kleid war klamm und feucht. »Kazaka ist es gelungen, für Gleichheit aller Wesen zu sorgen, aber fröhlicher ist trotzdem niemand. Seit ich hier Florence' Gastfreundschaft genieße, habe ich das Gefühl, es ist sogar das Gegenteil der Fall.«

»Na ja«, druckste ich, »das, was sie tut, bezeichnet man ja auch als Unterdrückung. Sie leitet 'ne Diktatur.«

»Eine Monarchie«, korrigierte mich Rose spitz.

»So oder so, an oberste Stelle regiert ein Tyrann.« Das hätte ich nicht sagen dürfen.

»Azura ist kein ...!« Statt ihren Satz inbrünstiger Verteidigung zu beenden, presste Rose die Lippen zusammen und schloss die Lider, als würde sie diese Diskussion mehr anstrengen als ich meine Arschbacken vor Schiss, von ihr kleingemacht zu werden. Und wir beide wussten, der Grund war der, dass ich recht hatte. Und sie das nicht wahrhaben wollte. Denn Kazaka bedeutete ihr etwas. Zu viel. Immer noch.

»Babe«, brach ich die Stille, vom Nieseln geprägt. »Lass uns Spaß haben, hm?«

»Das habe ich«, beteuerte Rose unglaubwürdig ruhig. Dahinter steckte noch mehr. Irgendetwas beschäftigte sie immens, und ich wüsste nur zu gern was, damit ich es aus der Welt schaffen konnte.

»Mrs. Cuano«, betonte ich vorwurfsvoll, wackelte mit den Brauen und kassierte ein Grinsen von ihr.

»Cuano? Wer hat behauptet, ich würde deinen Nachnamen annehmen?«

Ich zog die Stirn hoch. »Tust du nicht?«

Rose zuckte die Schultern. »Ich finde Hawk schöner.«

»Was?!« Ich sog scharf Luft ein. Vor Empörung blähten sich mir die Lungen. »Wie kannst du es wagen? Cuano ist ein stolzer Name. Das war der Name meines Vaters. Er trägt viele Generationen Geschichte.«

A Fall of Rain - Hawk's Eyes SerieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt