Protokoll: Erbe schwarzen Blutes II; part 25

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Datenübertragung: Kaya Cuano (POV)





»Du hast mich nicht entführt«, protestierte Arthur, wenngleich sein Vater nicht unter uns weilte, um es von ihm zu hören. »Ich verstehe das nicht. Wieso geht er davon aus? Du hast auf mich aufgepasst. Du hast mich zu Selbsthilfegruppen und therapeutischen Sitzungen begleitet. Falls ich dir folgte, war es freiwillig. Das ist absurd.«

»Ich kapier's auch nicht, Arthur.« Ich schaffte es nicht, über den moosigen Waldboden hinwegzusehen. Fast, als wäre mein Blick auf ihn gehaftet und als fehlte mir die Kraft im Nacken, den Kopf zu heben. »Ich habe ihm nie einen Grund gegeben, an meiner Treue zu zweifeln. Dass wir nach Francis aufbrechen, habe ich ihm bloß vorenthalten, um Rose zu schützen. Er hätte auf sie als Geisel bestanden. Oder Schlimmeres. Aber deswegen habe ich doch nicht ... Wie kommt er darauf, dass ich mich Kazaka angeschlossen hätte? Er weiß, dass ich sie verachte. Er weiß es.« Ich machte Halt an einem Baum, der niedriger wuchs. Seine Borke war matt, kaum fasrig. Obwohl unser Spaziergang nicht anstrengend war, fühlte ich mich erschöpft und rang nach Luft. Meine Kehle war wie zugeschnürt. Ich brannte aus den Augen, vergoss jedoch keine Tränen. »Bin ich wirklich ein Erbe schwarzen Blutes? Dass mein Vater ihn verriet, weiß ich von Kazaka. Er hat das nie erwähnt. Er hat ihn ... angehimmelt, hochgepriesen. Hat er ...? Glaubst du, er hat meinen Vater umgebracht?«

Arthur war für diese Gegend zu schick gekleidet. Seine hellgraue Anzughose hatte Erde aufgekehrt, auf seinen edlen Schuhen klebten dunkelgrüne, eichelförmige Blätter. »Uns mangelt es an Beweisen. Vielleicht war er es, vielleicht nicht. Wenn ja, tut es mir leid. Ich kenne nicht einmal die Hälfte unserer Firmengeheimnisse. Sandrilla schon. Sie könnten wir fragen. Bei ... Gelegenheit.«

Ich prustete verbittert: »Welcher Gelegenheit? Zurzeit hängen wir an derselben Fessel, weil du Kazaka Corp. nicht alleine verlassen darfst, und ich ... Ich bin machtlos. Mir wird nichts erzählt. Gar nichts. Ich darf im Dunkeln tappen. Schon wieder. Ich hab das satt. Diese Welt ist ... scheiße. Scheiße. Nichts kann man in ihr ausrichten. Sie ist weder fair noch gütig. Ich hasse es, zu leben.«

»Ich bin froh, dass du lebst.«

»Wärst du nicht, dann ...« Ich massierte mir die Lider, ehe ich weinen konnte. »Wir sind wegen einer anderen Sache hier. Äh, also dort«, ich zeigte hin, »da ist der Wanderweg, den ich zu Collegezeiten oft geschlendert bin. In diesem Wald habe ich mich heimlich mit Rose getroffen und, äh, irgendwo in der Nähe habe ich mal einen Stein gefunden, der die Form eines Herzens trägt. Den habe ich ihr geschenkt.« Ich hoffe, du hast ihn noch. »Drüben war ein Ausblick. Der kann nicht weg sein. Komm, wir laufen hin!«

Arthur watschelte mit hinterher. Wir zwängten uns zwischen Ulmen, Pappeln und Espen hindurch, und unter der Krone eines mächtigen Kastanienbaums ergraute der Boden vor Fels. Wir senkten uns auf die Holzbank, von der ich etwas Laub wischte. Vor uns breitete sich innerhalb eines Gebirgsrings das Tal der Stadt Francis aus. Äußerlich hatte sie sich so gut wie gar nicht verändert. Die antike Universität protzte auf einer sanften Anhöhe. Ich erzählte Arthur Details über mein Schulleben und von meinen Freunden. Ellie und Lay hatte er kennengelernt, sie überforderten ihn. Lay schien sich sogar ein bisschen in ihn verguckt zu haben. Hayden ließ ich nicht in seine Nähe. Amelie galt offiziell als in der Schlacht verschollen und Ben ... wo auch immer der steckte, dem ging es gut, soweit man munkelte.

Nachdem ich ausuferte und ihm viel zu viel über Rose schilderte, fuhr ich uns in die Stadt zum Juwelier. Kazaka hatte mir ein Leihauto für diesen Ausflug genehmigt. Ich parkte hinter dem Laden. Arthur begeisterte sich für Steine und Diamanten. Während er den Schmuck wie ein Nasenbär abschnüffelte, suchte ich in den Schaukästen nach Ringen. »Welcher Stein würde zu Rose passen?«, erkundigte ich mich bei ihm.

A Fall of Rain - Hawk's Eyes SerieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt