A Fall of Rain - Hawk's Eyes Serie

Protokoll: Im Hause Cuano II; part 15

Datenübertragung: Kaya Cuano (POV)

Sein schmales, knochiges Gesicht spiegelte sich im Fenster wider. Arthur nummerierte die grellen, neonfarbenen Werbeschilder über der Autobahn, die wir passierten – ein kleiner Tick von ihm, durch den er einschätzte, wie weit es bis zu meiner Wohnung war. Das vermittelte ihm ein Gefühl von Sicherheit und Genauigkeit.

Seine Umarmung war steif, aber lang gewesen. Er hatte gelächelt, als ich ihn abholte. Und ich war verdammt froh, dass er wohlauf war. Wochenlang hatten mir meine Sorgen um ihn und Keith eine Grube aus Verzweiflung gegraben. Es war stockfinster darin gewesen und ich hatte so viel Angst gehabt. Sie waren meine Welt, sie waren alles. Auf Arthur baute ich die Zukunft des Systems, auf Keith meine familiäre. Mein Leben, meine Ziele waren abhängig von ihnen. Endlich waren sie wieder in meiner Nähe. Ich würde mich nicht mehr auf einer Mission riskieren. Jetzt waren sie meine, und sie würden an meiner Seite stehen, wenn ich Azura Kazaka das Handwerk legte. Ich konnte vor mir auf der Straße sehen, wie Marcus Icon mich lobte, mich belohnte und meinen Ratschlägen nach all der harten Arbeit Gehör schenkte. Dort in der Ferne, doch gar nicht mehr so fern. Es war zum Greifen nah. Mein Traum erfüllte sich.

Was ich mit dem O-AI-G anstellen sollte, ließ ich außen vor. Es mangelte mir an Wissen. Kazakas Bericht war eindeutig: Marcus war der Schuldner. Nach Marcus jedoch war es umgedreht der Fall, und was das Teil letztlich bewirkte, konnte niemand vorhersagen. Ich hielt mich daran, das Genom wie ein Schwert im Stein zu behandeln. Seit ich davon erfahren hatte, hatte ich mir tausendmal den Kopf darüber zerbrochen, wie die Absichten meines Vaters lauteten, und ich war auf keinen Nenner gekommen, außer dass er potentiell ein Monster war.

Sobald ich meinen Auftrag erfüllt hätte, würde ich Marcus mit dem O-AI-G konfrontieren. Seine Erklärung würde Sinn ergeben wie alles, was er mich gelehrt hatte, während wir zusammen tranken, lachten und redeten. Nun, ich trank nicht mehr, doch zu lachen hatte ich gelernt. Er würde Rose Amnestie gewähren, da sie mir Hilfe geleistet hatte. Sie hatte sich für mich eingesetzt, das verdiente sie.

Apropos Rose. Ich war so nervös, dass meine schwitzigen Finger beinahe vom Lenkrad rutschten und mir das Herz bis zum Hals pochte. Immerhin hatte ich sie geradeaus zu meinem Sohn geschickt – ohne einer Ahnung, dass er existierte. Und ich gab zu, es war ein Test. Ich musste wissen, wie sie reagierte und ob sie sich mit ihm verstand. Ob sie zu ihm stand, zu uns. Bisher hatte sie ihre Abneigung Kindern gegenüber offen verlautet. Sie wünschte nicht, Mutter zu werden und weigerte sich zu akzeptieren, dass diese Rolle wie für sie geschaffen war. Rose Ardó selbst hatte es gesagt.

Aber wieso trickste ich Rose eigentlich aus? Warum wollte ich, dass sie Keith mochte? Weshalb dachte ich über sie als Mutter nach, weshalb sooft schon seit unserer Wiedervereinigung? Wir hatten keine Zukunft als Paar, meine Pläne führten mich auf andere Pfade. Ich musste logisch handeln. Doch ich benahm mich irrational.

Arthur war der rationalste Mensch, den ich kannte. Wie würde er mich beraten? »Hey, Kumpel«, räusperte ich mich.

»Hm?«, machte er nach einer Weile, in welcher er aus dem Fenster gesehen hatte.

»Du hast noch nie jemanden geliebt, richtig?«

Sein feines Kiefer spannte sich an. »Doch, ich liebe dich und meine Familie.«

Ich lächelte unweigerlich. »Auf romantische Weise, Arthur.«

Er guckte auf die Hände in seinem Schoß, straffte die weißen Manschetten zu seinem marineblauen Kaschmiranzug. Sein scharfes, schmeichelndes Parfüm übertünchte den Geruch meines Duftbaumes; wir trugen dasselbe. Das tat er, weil ihn unterschiedliche Gerüche irritieren würden. Seine Nase war extrem sensibel. »Nein, aber ich würde gerne. Worauf willst du hinaus? Willst du mich jemandem vorstellen? Ich bin nicht bereit, ich bin nicht vorbereitet, Kaya ...« Panik steigerte sich in seiner monotonen Stimmlage.