Datenübertragung: Kaya Cuano (POV), vier Jahre vor dem Geschehen.
Ich betastete den glatten, roten Stein, derweil ich aus dem rechteckigen, glaslosen Fenster hinüber zur Stadt schwang, meinen Blick über geschäftige Fußgänger, florierte Läden, hohe Statuen und saubere Skulpturen wandern ließ und abermals von einer der drei kupfernen Himmelsscheiben irritiert wurde, die funkelnd über spitze Türme rotierten. Es war morgens, und zwischen Fetzen weißer Wolken zwängten sich bereits klares Blau und dralle Sonne. Wärme streifte mich. Gelangweilt und ungeduldig gab ich meine Hand den beiden hässlichen Sphynx' hin, die sich aufs Sims platziert hatten, um über meine Dosis Parfüm hinweg zu schnuppern. Diese ekligen Gestalten fühlten sich unangenehm nackt und weich an. Wer zum Teufel mochte solche Katzen?
Aus dem Ungewissen bahnte sich ein rätselhaftes Déjá-vu an. Ich war hier schon einmal gewesen, aber eigentlich konnte das nicht sein. Genau an dieser Stelle, wo ich jetzt stand, hatte eine Frau sinniert, ja, sie war ... weiß durch und durch gewesen, und wir hatten miteinander gesprochen. Über ... über was? Und was war danach geschehen? Halt, Moment, nein. Das war ein Traum gewesen. Ich hatte geträumt, genau, richtig. Die Person war nicht real, außerdem viel zu hell und irgendwie ... mystisch, eigenartig. Sie hat den Boden einbrechen lassen. Ich bin durch Finsternis geirrt und sollte zwischen Arthur und einem Schatten wählen und ... Fuck, was für einen Mist man sich zusammenspinnen kann, wenn man's die ganze Nacht zu wild mit zwei Nutten treibt ...
Die höfische Doppeltür spaltete sich elektronisch, hervor trat eine hübsche Dame, die über den Witz eines ihren Gardisten kicherte, und aus und vorbei war es mit mir. Ihre lebensfrohe Präsens fing mich ein wie ein Netz aus edlem Zierrat, die Augen, saphirblau und groß, glänzten geschliffen und poliert wie der ornamentale Marmorboden, auf dem ihre hochhackigen Sandalen klackten, und die mächtige Halle trug ihre zeremoniöse, freundliche Stimme zu mir. »Hallo! Verzeihen Sie, dass ich Sie habe warten lassen, Miss ... Cuano, nicht wahr?« Inzwischen hatte sie vor mir gestoppt und bot mir einen formellen Händedruck. Zögerlich besah ich ihre feinen Finger, ehe ich einschlug. Das wache Schütteln war angemessen, nicht hart oder zu fest, doch mit einer Nuance Sachlichkeit beigemischt. Unhöflich, wie ich war, inspizierte ich zuerst elegante eisblaue Seide und dürftige Beschaffenheit ihres Dekolletés, erst dann spazierte ich über die ebenen Proportionen der Schultern zum feinen, schmalen Gesicht mit Nase, die sowohl schmal als auch leicht spitz war, schön. Einen seltenen Kontrast ergab die mokkafarbene Haut zur Blässe der Iris. Normalerweise waren Dunkelhäutige dunkeläugig. Sie nicht. Sie sah außergewöhnlich aus. Dermaßen, dass es mir entging, ihr zu antworten. »Ah, nicht von der gesprächigen Sorte, nehme ich an? Macht nichts. Sie werden sich schon bald wohl genug in meiner Gegenwart fühlen, um sich doch mitzuteilen.« Sie stellte sich mit schiefem Lächeln vor. »Florence, aber mein Titel dürfte Ihnen bekannt sein. Darf ich Ihnen ein Glas Wein auf meinem Balkon anbieten?« Da ich mich unabsichtlich wieder im Stillen wogte, kassierte ich ein charmantes Knuffen in die Seite. »Na kommen Sie, nicht so schüchtern! Folgen Sie mir.«
Scheiße, und ich dackelte ihr auch noch wirklich hinterher. Die Leibgarde raschelte in ihren altertümlichen rot-goldenen Rüstungen, deren Piken deuteten mit Laserspitzen zur Decke. Irons, der an einem Gemälde gehalten hatte, verfolgte mich hinter seiner schwarzen Brille und runzelte hinterfragend eine Braue. Ich zuckte die Achseln. Definitiv hatte ich nicht damit gerechnet, gleich in die privaten Gemächer der Senatorin eskortiert zu werden, die hoch oben den Palast füllten. Nach dem Durchschreiten eines smaragdgrünen Mosaiktunnels wurden wir alleingelassen, dachte ich jedenfalls, bis uns zwei Dienerinnen in knappen Gewändern umschwirrten. Sie stülpten mich etwas aufdringlich aus den Stiefeln, um meinen Socken wurde es kühler. Verdrießlich fegte ich die beiden weg und schloss zu Florence auf dem Balkon auf.
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A Fall of Rain - Hawk's Eyes Serie
Science Fiction"Poetisch, kraftvoll, romantisch", ein Dark-Rainbow-Epos Dieser ist der zweite Teil von Hawk's Eyes. ACHTUNG: SEX, GEWALT, UMSTRITTENE THEMEN!!! 5 Jahre sind nach den Geschehnissen auf Francis vergangen. Während sich die Weltpolitik spaltet, feilt K...