Datenübertragung: Rose D. Hawk (POV), fünf Tage vor dem Geschehen
Einen Tag, nachdem ich meine Arbeit abgegeben hatte, statteten mir Red Shark und Thaddäus einen Besuch ab. Mich zerriss noch die Erkenntnis, was ich in seinem Büro vorgefunden hatte, und so bemerkte ich die beiden zunächst gar nicht. Erst als die roboterhafte Stimme dröhnte, wandte ich ich mich von der Hypnose des Aquariums ab. Ich erwartete das Schlimmste.
Und wurde nicht enttäuscht. »Sie haben den Köder geschluckt«, sagte Red Shark zufrieden und betonte: »der Senat, oder das Aas, welches von seinen Resten übriggelassen wurde. Wellenstein wurde informiert, wo sich unser Hauptquartier befindet, und wird wohl in Kürze jemanden zu Ihrer Rettung lotsen. Ich danke Ihnen, Miss Hawk. Sie haben mir damit sehr geholfen, den zweiten Akt meines Vorhabens einzuleiten.« Ich weitete die Augen. Er setzte sich hin, verschränkte die metallenen Hände ineinander und fuhr ungehindert fort. Die grässliche Visage seines animalischen Helms driftete in seine dunkelsten Fantasien ab. »Ich hoffe, Sie haben nicht angenommen, dass ich Ihnen Mittel reiche, mich zu verraten ohne jene Absicht, exakt das zu erzielen. Wir wussten beide, dass Sie Ihrer Entführung niemals lebend entfliehen können. Sie nutzten Ihre einzige Chance, und das ist gut. Bright Blood Ocean wird nun Land gewinnen, und Sie haben somit Ihren Zweck erfüllt. Thaddäus«, er hob die flache Hand, um ihm zu signalisieren, fortzugehen, »lass die Dame und mich allein. Diese Hinrichtung ist eines Publikums nicht würdig.« Der Mann tat wie ihm geheißen.
»Bitte haben Sie Verständnis. Ich kann Sie nicht am Leben lassen. Sie kennen die Gesichter auf den Pässen.« Während er seine Schritte mit langsamer Selbstsicherheit zurücklegte, stolperte ich vor Entsetzen. Ich konnte mich gerade noch an der Bettkante auffangen, als ich spürte, wie warme Flüssigkeit meine Innenschenkel tränkte. Betäubt sah ich an mir hinunter und quietschte einen erbärmlichen Laut aus mir hinaus. Ich berührte mich dort, und meine Finger waren benetzt von Blut.
Red Shark hielt inne. Er war genauso überrascht wie ich. Im Vorbeugen fürchtete ich, er würde es schnell beenden. Stattdessen umfasste er mich bei den Hüften und hievte mich auf die Matratze. Kräftige rote Flecken beschmutzten den Stoff. Ich zitterte am Leib und betete, ausblenden zu können, was meinem Kind soeben widerfuhr. Was ihm vermutlich längst widerfahren war. Außer Atem bettelte ich: »Tun Sie's nicht. Bitte. Ich bitte Sie.«
»Sie verlieren Ihr Kind und flehen mich nicht an, mit ihm sterben zu dürfen?« Seine vorwurfsvolle Persönlichkeit nahm nicht einmal jetzt Rücksicht. Red Shark schüttelte verächtlich den Kopf. »Was für ein Mensch sind Sie nur! Wissen Sie Ihr eigenes Fleisch und Blut so wenig zu schätzen? Kennen Sie keine Loyalität?«
Ich unterdrückte meine Tränen nicht, ich ließ sie laufen wie meine Würde als Mutter, die ich nie sein könnte. Seltsamerweise hatte ich stets gewusst, nicht für diese Rolle bestimmt zu sein. Und diese Prophezeiung hatte sich bewahrheitet. »Nein.« Ich verschluckte mich an meinem Schluchzen. »Aber Sie. Ich weiß, wer Sie sind. Ich weiß nicht, warum Sie tun, was Sie tun, aber ich weiß, für wen Sie es tun.« Er hörte mir geduldig zu. »Das Bild. Auf Ihrem Schreibtisch.« Gestern musste er gesehen haben, wie ich die kleine Kaya über ihrem Geburtstagskuchen anstarrte, doch er hatte meine Entdeckung unkommentiert gelassen und mich auf meine Zelle geschickt. »Sie bedeutet Ihnen noch etwas. Sie sind Kayas Vater, nicht wahr? Sie sind Kyle.«
Red Shark erhob sich von seinem Knie. Er bäumte sich auf wie ein Tier, das sich hinter seiner Tarnung versteckt, indes es die grasende Herde mit aufmerksamem Jagdtrieb verfolgt.
Da er mir nicht widersprach, ging ich von der furchtbaren Erwartung aus, dass es stimmte, obwohl dieser Mensch nicht jenem ähnelte, von dem Kaya mir leidenschaftlich auf unseren Dates vorgeschwärmt hatte. Sie hatte zu ihrem Vater aufgesehen, weil er ein guter Mann gewesen war. Nicht das Monster vor mir. Es würde sie zerstören, zu erfahren, wozu er verkommen war. »Kaya wird sterben«, brachte ich mit aller Kraft hervor. Allein es offen auszusprechen, tötete mich mit. »Sie braucht mich.«
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A Fall of Rain - Hawk's Eyes Serie
Science Fiction"Poetisch, kraftvoll, romantisch", ein Dark-Rainbow-Epos Dieser ist der zweite Teil von Hawk's Eyes. ACHTUNG: SEX, GEWALT, UMSTRITTENE THEMEN!!! 5 Jahre sind nach den Geschehnissen auf Francis vergangen. Während sich die Weltpolitik spaltet, feilt K...