Wir warten am Waldrand bis es dunkel wird. Bis dahin reden wir über das weitere Vorgehen in Deutschland. Wir müssen bis nach Brandenburg, denn dort ist das Waldstück, das mir gehört und von dem niemand weiß. Es gab eine Person die davon wusste, das war meine Mutter. Sie hatte es mir damals zum zwölften Geburtstag geschenkt und zwar so, dass weder mein Vater, noch mein Bruder es mitbekommen haben. "Falls du mal einen Rückzugsort brauchst, den keiner kennt", hatte sie gesagt. Damals verstand ich nicht, was sie damit meinte, aber heute bin ich ihr unendlich dankbar. Diese kluge Frau hatte geahnt, das ein Zeitpunkt kommen würde, an dem ich flüchten wollte oder musste. Bis zu ihrem Tod, hat sie auf das Grundstück geachtet und auch einige Vorbereitungen und Vorkehrungen getroffen. Ich weiß, das dort ein verfallenes Camp steht. Ich glaube, es war einmal ein Ferienlager oder etwas in der Richtung. Außerdem befindet sich auf dem Gebiet ein kleiner Badesee, nicht weit von dem Camp, was für uns durchaus Vorteilhaft sein kann. Doch das interessanteste befindet sich unter der Erde.
Unter dem Camp gibt es ein mehrstöckiges Gängesystem. Es ist aufgebaut wie unser altes Gebäude in Spanien und bietet Platz für über 30 Menschen. Es gibt mehrere Versammlungsräume, eine Kommunikationszentrale, Fitnessräume, Küche und so weiter. Die Zimmer sind keine Zimmer, es sind eher kleine Apartments. In jedem befindet sich ein kleines Wohn- und Esszimmer mit einer kleinen Kochnische, ein Bad, ein Schlafzimmer und ein Raum, der zur freien Verfügung steht und von den Bewohnern gestaltet werden kann. Nur in meinem Apartment gibt es noch zusätzlich ein kleines Arbeitszimmer. An sich gibt es dort alles, was das Herz begehrt und notwendig ist. Es existieren mehrere Zugänge zu diesem Untergrundgebäude. Alle sind sowohl elektronisch, als auch mechanisch verschlossen. Sollte der Strom also einmal ausfallen, wofür wir dann im Notfall Generatoren haben, können wir immer noch mit Schlüsseln arbeiten. Natürlich könnte man diese Schlösser knacken. Dafür müssen aber zwei Bedingungen erfüllt werden: 1. Man muss einen der Zugänge finden und 2. handelt es sich um die besten Sicherheitsschlösser, die es aktuell gibt. Das heißt, man sollte wissen, was man tut, wenn man nicht erwischt werden will. Plus das ganze Gebiet ist mit gut versteckten Sicherheitskameras bestückt. Innerhalb wie auch außerhalb.
Ich lege viel Wert auf Sicherheit. Und auch wenn ich nicht Vorort war, wollte ich, das es sicher ist um so wenig Nacharbeiten wie möglich zu haben, sollten wir diesen Unterschlupf einmal benötigen. Und nun war es soweit. Das ist unser Ziel und unser neues Zuhause. Die Anderen wissen nun davon und sind schon sehr gespannt, doch erst einmal müssen wir es dorthin schaffen. Nicht dass das ein großes Problem wird, aber der Weg ist lang. Ich schätze wir werden zwei bis drei Tage brauchen. Sollten wir Pausen einlegen, werde es eher drei Tage, aber das ist okay. Solange wir nicht entdeckt werden, wird es keine Probleme geben.
Langsam senkt sich die Sonne, doch wir warten noch, bevor wir weiter gehen. Wir müssen den Schutz des Waldes vorerst verlassen. Unser Weg führt uns über Felder und durch kleinere Städte oder Dörfer. Vielleicht können wir diese auch umgehen, denn die Chance gefunden zu werden ist nicht unbedingt klein. Ich gehe die Route noch einmal im Kopf durch denn auch wenn Emma uns navigiert, ist es nie verkehrt den Weg zu kennen. Als es schließlich so dunkel ist, dass man die Hand vor Augen kaum noch sehen kann, pirschen wir los. In einem schnell Tempo schleichen wir von Schatten zu Schatten. Obwohl der Himmel wolkenverhangen ist und es damit wirklich dunkel, wollen wir kein Risiko eingehen. Wir sind vorsichtig und achten auf die Umgebung. Jedes noch so kleine Geräusch lässt uns unsere Vorsicht erhöhen und unser Tempo steigen. Nach einigen Stunden haben wir es geschafft das nächste Waldgebiet zu erreichen. Nachdem wir eine Weile hineingelaufen sind verlangsamen alle ihr Tempo wieder.
Maya sieht mich fragend an. "Eine Stunde?" Ich bestätige ihre Frage mit einem kleinen Kopfnicken. "Eine Stunde." Sie lächelt. Wir sollten uns alle etwas Ruhe gönnen, denn auch wenn wir sehr gut Trainiert sind, sind wir immer noch Menschen. Diese eine Stunde Pause wird genutzt für eine kurze Erholung, etwas essen, trinken, Entspannungsübungen und so weiter. Ich gönne den Mädels diese Pause. Der unebene Weg wird sich noch früh genug bemerkbar machen, gerade auch, weil er nicht besser werden wird.
Nach einer Stunde geht es weiter. Auf dem restlichen Weg haben wir, zum Glück mehr Waldgebiete vor uns, sodass wir in einem 'normalen' Tempo weitergehen können. Die Erleichterung darüber ist deutlich zu spüren. Der erste Tag ist um, also könnten wir am nächsten Tag schon dort sein. Je nachdem, wie wir uns anstellen und durch kommen. Doch selbst, wenn wir erst im Laufe des übernächsten Tages ankommen, sollte das nicht das Problem sein. Unser oberstes Gebot ist nach wie vor vorsichtig zu sein. Auch wenn das Grundstück im Wald liegt, gibt es genug Möglichkeiten, wie wir gefunden werden könnten.
Nach weitere Stunden lichten sich die Bäume ganz leicht und in der Ferne kann ich das kleine Dorf sehen, was in der Nähe des Grundstücks ist. Ich atme laut und erleichtert auf. Ab hier übernehme ich die Führung. Also navigiere ich meine Einheit durch den Wald. Auch wenn ich Ewigkeiten nicht mehr hier war, kenne ich den Weg auswendig. Ich werde ihn wohl nie mehr vergessen, denn es war der letzte Weg den meine Mutter und ich gegangen sind, bevor sie in Spanien getötet wurde.
Die Bäume lichten sich weiter und wir kommen an dem See an. Ein Lächeln schleicht sich auf meine Lippen, als ich einige der Mädchen erfreut raunen höre. Wir umrunden ihn und gehen auf das verlassene Camp zu. Am Eingang bleibe ich stehen, drehe mich um. "Willkommen in unserem neuen Zuhause", ernst bringe ich diese Worte über meine Lippen. Die skeptischen Blicke meiner Einheit machen es mir nicht leicht nicht laut los zu lachen. Ich gehe durch das Tor und steuere eines der verfallenen Gebäude an. Vorsichtig steige ich die alte Treppe in den Keller hinab und schlängle mich in die hinterste Ecke des großen Raums, gefolgt von meiner Einheit. Ich hole eine kleine Taschenlampe aus meiner Tasche und leuchte in die Ecke. Der Strahl wandert suchend über die Wand, bis etwas aufblitzt. Mit schnell Schritten gehe ich in die Richtung und drücke die Klinke einer verfallenen Tür herunter. Dahinter erstreckt sich ein kleiner Raum und am Ende befindet sich eine große Sicherheitstür. Diese öffne ich, indem ich meine Hand auf das Display lege. Erleichtert atme ich auf, als die Tür sich öffnet.
Wir haben es geschafft.
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Die Dornen der Rose
ActionWas würdest du tun, wenn sie dir das Wichtigste in deinem Leben nehmen wollen? Würdest du aufgeben oder würdest du kämpfen? Genau vor diese Entscheidung wird Ruby gestellt. Doch sie überlegt nicht, sondern reagiert. Keine regelmäßigen Updates garant...