Kapitel 11

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Ich öffne meine Wohnungstür und sofort gehen wir hinein. "Also, für die Haare brauchen wir ein Handtuch, was man danach entsorgen kann. Wir müssen deine dunkelbraunen Locken erst blondieren. Das wird einige Zeit in Anspruch nehmen", murmelt Yasmin hinter mir. Ich schlendere ins Bad, greife nach einem alten Badetuch. Kurz bevor ich das Zimmer verlassen will, fällt mir eine Plane auf. Nach dieser greife ich und nehme sie mit. Verwirrt sieht Maya auf die Plane in meiner Hand, doch Yasmin nickt lächelnd.

"Keine schlechte Idee. So sauen wir den Boden nicht ein." Sie breitet die Plane aus und holt einen schlichten Holzstuhl aus einer Ecke den sie in der Mitte platziert. "Dann fangen wir mal an." Und dann startet das Chaos auch schon. Die Blondierung wird Stück für Stück auf meine Haare getragen. Während wir sie einwirken lassen, erzählen mir die anderen drei von ihrem Tag. Yasmin konnte sich erst nicht zwischen verschiedenen Rottönen für die Haare und dann zwischen verschiedenen Grüntönen für die Kontaktlinsen entscheiden. Maya und Theresa haben mit der Hilfe von Emma meinen kompletten Kleiderschrank umgerüstet. Bis auf die Unterwäsche und Socken, wird erst einmal alles ersetzt. Natürlich werden wir meine Kampfsachen nicht entsorgen, aber in naher Zukunft dürfte ich sie nicht brauchen. So vergeht eine Stunde sehr schnell. Ja, ich weiß. Das ist lange um eine Blondierung einwirken zu lassen, aber meine Haare sind wirklich sehr dunkel.

Als wir mit dem ausspülen fertig sind, trägt Yasmin die rote Farbe auf. Ich habe ein Verbot bekommen mich im Spiegel anzusehen. Da meine Mädchen wissen, wie neugierig ich sein kann, haben sie vorsorglich die Spiegel verhängt. Unfair!

Während die Farbe erneut einwirkt, erzählen Maya und Theresa von ihrer Shoppingtour mit einer digital Emma. Wir alle lachen darüber, denn für uns ist es normal. Die anderen Einkäufer fanden dies wohl nicht und haben immer wieder verwirrt in ihre Richtung gesehen. Auch ich muss schmunzeln, denn ich weiß, Emma verlässt nur selten ihre Technik.

"So Rose, wir werden jetzt die Farbe auswaschen. Maya, Theresa ich könnt ja schon einmal die Sachen bereit legen. Ich style unsere Kommandantin noch etwas." Mit diesen Worten und einem Zwinkern zieht mich Yasmin aus dem Stuhl und ins Bad. Kopfüber stehe ich nun vor der Badewanne, während sie mir gründlich und mit sehr viel Sorgfalt die Farbe aus den Haaren wäscht. Als sie fertig ist, schlingt sie mir ein Handtuch um den Kopf und rubbelt damit meine Haare trocken. Vorsichtig drückt sie an einigen Stellen um das Wasser herauszupressen. 

"So" Yasmin rubbelt noch einmal durch meine Haare und nimmt dann das Handtuch weg. Ich werfe einen Blick auf die Badewanne. Es sieht aus, als wäre dort jemand abgestochen worden. Bei dem Gedanken schüttle ich kurz mit dem Kopf. Ihr Blick ist meinem gefolgt. "Sorry Rose. Ich mach das sauber, sobald wir fertig sind", entschuldigt sie sich. In einem ernsten Ton, der wirklich schwierig zu halten ist, weil ich mir das Lachen verkneifen muss, antworte ich ihr "Davon bin ich ausgegangen Yasmin." Sie nickt und wendet ihren Blick beschämt lächelnd zu Boden. Doch keine Minute später sieht sie mir wieder strahlend in die Augen. "So machen wir weiter. Wir könnten deine Haare an der Luft trocknen lassen, allerdings dauert mir das gerade, ehrlich gesagt, zu lange." Sie greift nach dem Föhn. Mit einem leisen 'Dann wollen wir mal' schaltet sie ihn ein und sorgte dafür, das meine Haare sehr schnell wieder trocken sind.

"Auf Make-Up verzichten wir, das hast du überhaupt nicht nötig. Ränder sehe ich auch keine. Kommen wir zu den Kontaktlinsen. Wenn es okay ist, würde ich sie dir dieses Mal gerne einsetzen, damit du noch nichts von dem Ergebnis siehst." Ich seufze resigniert auf. War ja klar. Aber immerhin sehe ich dann am Ende das Gesamtpaket. Ich nicke also einmal und Yasmin beginnt mir vorsichtig die Kontaktlinsen einzusetzen. Es fühlt sich im ersten Moment komisch an, doch schnell habe ich mich an das Gefühl wieder gewöhnt. Bei einigen Einsätzen habe ich auch welche getragen, damit man mich nicht erkennt.

Yasmin betrachtet mich einmal von oben bis unten, wobei sie mein Gesicht sehr genau inspiziert. Zufrieden nickend öffnet sie die Tür des Badezimmers und zieht mich in meinen Wohnbereich. Als Maya und Theresa mich sehen klappen ihnen die Kiefer bis auf den Boden. Ihre Augen sind weit geöffnet und sie brauchen mehrere Minuten um sich von meinem Anblick zu lösen. Na das kann ja was werden.

Maya ergreift das Wort. "Wow. Okay hier sind die Sachen." Damit drückt sie mir ein Kleidungstück und ein paar Pumps in die Hand. Das Kleidungsstück ist ein Kleid. Es ist schwarz, sieht eng anliegend aus und hat einen kleinen Kragen. Die Pumps sind schlicht schwarz und passen zu ziemlich allem, würde ich sagen. Seufzend nehme ich die Sachen entgegen und gehe wieder ins Bad. Ich widerstehe dem Drang den Spiegel zu befreien und mich anzusehen. Schnell entledige ich mich meiner aktuellen Sachen, schlüpfe in das Kleid und streife mir die Pumps über.

Als ich aus dem Bad trete, ist die komplette Einheit versammelt und alle sehen mich mit dem gleichen Blick an wie Maya und Theresa zuvor. Und bei den beiden und Yasmin liegt die Kinnlade auch wieder auf dem Boden. "Sieht es so schlimm aus?" frage ich mit leicht erhobener Augenbraue. Emma regt sich als erste und zieht mich kopfschüttelnd vor den großen Spiegel neben der Tür. "Bereit?" fragt mich Kim und mit einem Kopfnicken deute ich ihr, das Lacken zu entfernen. "Drei, zwei, eins" und das Lacken sinkt zu Boden.

Diese Frau vor dem Spiegel ist mir gänzlich unbekannt. Die langen roten Locken legen sich um meinen Körper wie ein Umhang beziehungsweise Mantel, da einige Strähnen an meinen Armen vorbei nach vorn fallen. Die grünen Augen ziehen einen magisch an. Sie passen so gut zu dem Rotton der Haare, Yasmin hätte keine bessere Entscheidung treffen können. Das eng anliegende schwarze Kleid betont meine Figur und umschmeichelt an den richtigen Stellen, wie der Hüfte oder der Oberweite, die Kurven. Und durch die Pumps habe ich auch gleich eine ganz andere Körperhaltung. Immernoch kampfbereit, immernoch angespannt, doch es wirkt viel eleganter. Ich trete einen Schritt auf den Spiegel zu. Dadurch sehe ich, wie sich alle vielsagende und zufriedene Blicke zuwerfen. So dürfte mich selbst der Pate nicht erkennen. Das in dem Spiegel ist nicht mehr Rubinia Luengo Costa.

Aus dem Spiegel blickt mir Rose Dorn entgegen.

Die Dornen der RoseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt