Mittlerweile ist es später Abend.
Stille herrscht im Konferenzraum, als ich die aktuelle Lage schildere. Alle sind anwesend und geschockt von der Entwicklung. Ursprünglich dachte ich, die Auflösung wäre der größte Schock. Doch das ich an den Paten von meiner Familie verkauft wurde, hat ein weitaus größeres Entsetzen hervor gerufen als die Auflösung. „Was ist, wenn du den Posten an Maya ‚abgibst'?", fragt Kim in den Raum. Sie ist Taktgefühl genug, dass sie das Thema Hochzeit nicht weiter anspricht. Darüber habe ich auch schon nachgedacht, doch Maya ist schneller als ich. „Selbst wenn sie das tut, werden die Dornen aufgelöst. Oder hast du schon einmal erlebt, das der Pate eine Entscheidung rückgängig gemacht hat? Vor allem wenn der Patron involviert ist?" Kim schüttelt den Kopf. „Es geht hier nicht mehr nur um das Schicksal der Dornen, sondern in erster Linie um Ruby's. Wir haben eigentlich nur eine Wahl", kommt es von Emma. Selbst sie, die sich sonst immer in unserem Kommunikationsraum aufhält, ist anwesend. „Ja, wir müssen fliehen. Die Frage ist nur wohin und wann", bestätigt Sarah was wir alle denken.
„Erst einmal die einfache Frage: sind alle damit einverstanden? Wir müssen uns zu 100 Prozent auf einander und die Verschwiegenheit außerhalb der Einheit verlassen können." Alle siebzehn Köpfe vor mir nicken. „Okay. Ich habe ein Gebiet in Deutschland erworben vor einer ganzen Weile. Niemand weiß davon. Dort könnten wir erst einmal untertauchen bis wir vielleicht einen besseren Plan haben. Auf alle Fälle müssen wir uns bedeckt halten", fahre ich fort und wieder nicken alle. „Dann packt eure Sachen, wir müssen hier so schnell wie möglich weg." Damit stehen alle auf und hasten zu ihren Zimmern um das Nötigste zu packen. Alles weitere werden wir Vorort besorgen.
Auch ich bin in mein Zimmer gesprintet und packe die benötigten Sachen zusammen. Hauptsächlich packe ich meine Waffen und nur ein paar Klamotten und Hygieneartikel ein. Als ich fertig bin, laufe ich mit der Reisetasche in den Hauptraum zurück. Nach und nach kommen auch die anderen dazu. Maya sieht mich an. „Und wie kommen wir über die Grenzen?" Ich muss leicht lächeln. „Oh das wird einfach. Wir machen einen letzten Ausflug als Einheit nach Tschechien. Von dort aus reisen wir weiter. Aber das besprechen wir auf dem Weg, ohne lästige Ohren." erkläre ich. Ein Glück habe ich, nachdem der Plan beschlossen war, meinen Vater um einen letzten Ausflug gebeten. Und ein Glück kann der Mann mir selten einen Wunsch abschlagen. Die Anderen nicken. „Na dann, los geht's!" kommt es begeistert von Jasmin.
Zusammen verlassen wir das Gebäude. Einige schauen wehmütig zu unserem, nun ehemaligen, Gebäude, einige schauen sich gar nicht um. Ich lasse meinen Blick ein letztes Mal über das Hauptgebäude schweifen. Ich bin mir bewusst das ich diese Umgebung und auch meine Familie wahrscheinlich nie wieder sehen werde. Mein Blick schweift weiter zum Haupttor. Dort stehen einige Wachen und unter ihnen sehe ich Adrian. Er beobachtet uns. Sein Blick gleitet suchend durch die Gruppe bis er mich erspäht. „Gehen wir." Ich sehe in die Augen der Mädchen und ihnen ist klar, das wir uns jetzt keinen Fehler erlauben dürfen. Wir bewegen uns Richtung Flugplatz, als ich seine Stimme höre.
„Princesa!" Meine Einheit hält inne und auch ich bleibe stehen. Gemütlich kommt er zu uns gelaufen. Als Adrian vor mir steht zieht er mich sanft am Oberarm zur Seite, weg von meiner Gruppe. „Ich behalte dich im Auge meine Liebe" bei seinen geflüsterten Worten streicht er mit einer Hand sanft über meine Wange. „Weglaufen hat keinen Sinn." Ich sehe ihm in die Augen, als er mit mir redet. Doch als er endet lege ich meinen Blick auf die Mädchen. Natürlich weiß ich das er recht hat. Doch ich werde nicht kampflos aufgeben. „Entschuldigt Pate, aber meine Einheit wartet. Es ist immerhin das letzte Mal." Ich lasse Trauer in meiner Stimme mitschwingen und hoffe, er kauft es mir ab. Er mustert mich eindringlich, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, bevor er meinen Arm los lässt. Ich gehe, ohne ein weiteres Wort an ihn, zurück zu den Mädels. „Viel Spaß", ruft er uns zu als ich bei ihnen ankomme. Sie sehen mich fragend an und ich schüttle leicht den Kopf. Wir setzen unseren Weg fort.Am Privatjet angekommen steigen wir ohne Umschweife ein, verstauen unsere Taschen und starten auch sehr schnell. Keiner sagt etwas, alle hängen ihren Gedanken nach. Ich sehe aus dem Fenster und sehe das Hauptgebäude unter uns immer kleiner werden. Spanien verschwindet langsam in der Dunkelheit und Erleichterung schleicht sich durch meinen Körper. Allerdings gehen mir auch dieses Mal Adrians Worte nicht aus dem Kopf. Ich behalte dich im Auge meine Liebe. Weglaufen hat keinen Sinn. Und dazu sein Blick. Er ahnte etwas, hat aber keine Beweise. Zumindest hoffe ich das. Emma stubst mich an. Ich drehe meinen Kopf zu ihr und werfe ihr einen fragenden Blick zu . „Wir schaffen das", flüstert sie und lächelt mich an. Ich nicke, kann mir aber kein Lächeln abringen. Ich hoffe so sehr, dass sie recht hat. Und bete, das wir es schaffen werden für eine Weile unter dem Radar zu bleiben.
Der Jet setzt zur Landung an. Als wir stehen, steigen wir aus und machen uns direkt auf den Weg zum Hotel. Den Wachen, die uns begleiten vermitteln wir glaubhaft, dass wir müde sind und uns gerne ausruhen wollen. Der Schein muss ja gewahrt werden. Als wir am Hotel ankommen checken wir ein. Wir kennen es, waren schon ein paar mal hier und wissen auch wie wir hier ungesehen wieder rauskommen. Denn die Gänge sind zwar mit Kameras bestückt zur Überwachung, doch ein Glück sind Emma und ich gute Hacker. Damit die Täuschung funktioniert, gehen wir auf unsere Zimmer.
Oben angekommen schließe ich die Tür und Emma sieht mich fragend an. Ich nicke einmal und mit einem Klick werden die Kameras auf unserem Weg mit einer Dauerschleife bestückt, sodass unsere Flucht zumindest von der Seite aus mehr oder weniger abgesichert ist. Die Wachen stehen außerhalb des Hotels, was die Sache einfach macht durch das Hotel zu kommen, allerdings könnte der Weg raus etwas problematisch werden. Ich hoffe wir müssen niemanden töten. Immerhin sind es die Männer meines Vaters und er wird schon genug Probleme bekommen, wenn unsere Flucht auffliegt. Auch wenn er mich im Prinzip verkauft hat, er ist mein Vater. Und so sehr ich meinen Bruder gerade hasse, eigentlich ist er der beste Bruder der Welt.
Ein weiterer Blick von Emma, ein weiteres Nicken von mir und sie sendet eine Rund-SMS los. "Handys aus, es geht los."
Unsere Flucht in die Freiheit und unser neues Leben beginnt.

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Die Dornen der Rose
AksiWas würdest du tun, wenn sie dir das Wichtigste in deinem Leben nehmen wollen? Würdest du aufgeben oder würdest du kämpfen? Genau vor diese Entscheidung wird Ruby gestellt. Doch sie überlegt nicht, sondern reagiert. Keine regelmäßigen Updates garant...