Ich keuche auf. "Bist du dir sicher?" Sie nickt. "So einen ähnlichen Ring hat deine Mum auch getragen. Erinnerst du dich?" Und plötzlich tauchen Bilder von meiner Mutter vor meinem inneren Auge auf. Bilder, in denen sie einen ähnlichen Ring trägt, den sie nie abgenommen hat. Maya hat recht. Ich sinke auf den Boden. Sie ist sofort an meiner Seite, versucht mich zu beruhigen indem sie mir über den Rücken streicht und mich in den Arm nimmt. "Das kann doch nicht wahr sein" flüstere ich. "Warum tun sie das?" Maya schiebt mich etwas von sich weg, sieht mir fest in die Augen. "Rose. Du musst zu diesem Gespräch. Du musst das klären. Denk einmal nicht an die Einheit, sondern an dich."
Es dauert einen Moment, bis ihre Worte in meinem Gehirn ankommen und verarbeitet werden. Langsam nicke ich. Ich weiß, das sie recht hat. Aber ich habe Angst vor dem, was ich erfahren werde. "Komm." Meine beste Freundin zieht mich wieder auf die Beine, schleift mich in mein Schlafzimmer. Dort angekommen, setzt sie mich aufs Bett und holt aus meinem Kleiderschrank ein paar Sachen raus, die sie mir reicht. "Mach dich fertig. Ich kümmere mich solange hier um alles." Mit diesen Worten scheucht sie mich ins Bad. Im Badezimmer, ziehe ich mich aus und werfe die Klamotten in den dafür vorgesehenen Korb. Ich sollte dringend mal Wäsche waschen.
Ich steige unter die Dusche. Als ich damit fertig bin ziehe ich mir die neuen Sachen an, setze die Kontaktlinsen ein und richte mich noch etwas her. Den Stimmwandler lasse ich dieses Mal weg. Ich weiß das es eh keinen Sinn mehr hat ihn jetzt noch vor den Anführern zu tragen. Ich komme aus dem Bad und sehe Maya schon auf mich warten. Sie hält mir die Briefe und das Säckchen zusammen mit meinem Handy und dem Schlüssel vor die Nase. Gemeinsam verlassen wir meine Wohnung. Sie begleitet mich zur Sicherheitstür. Auf dem Weg dorthin begegnen wir der Ein oder Anderen, doch keine sagt auch nur ein Wort. Ich kann die neugierigen Blicke auf uns spüren. Die Tür wird von Theresa geöffnet, als wir in Sichtweite sind. "Geh. Und komm nicht ohne Antworten wieder." Maya zwinkert mir zu und schubst mich aus der Tür.
Die Tür schließt sich sofort hinter mir. Ich könnte zwar zurück, aber Maya würde mich sofort wieder rausschmeißen. Ich hole tief Luft bevor ich mich auf den Weg zum See mache. Den Weg aus dem Gebäude raus habe ich schnell hinter mich gebracht. Ich betrete den breiten Hauptweg und laufe im dunkeln auf das Tor des verlassenen Camps zu. Ich sehe schon von Weitem das überall Wachen stehen. Sie sehen mich, neigen aus Respekt die Köpfe zum Gruß. Ich bleibe vor dem See stehen, spähe hinüber zum Zeltlager der anderen Gruppen. Am anderen Ufer sehe ich sie stehen. Sie warten. Ich seufze einmal auf, bevor ich mich daran mache den See zu umrunden.
Ich lasse mir Zeit. Auch wenn der See nicht groß ist, kann ich trotzdem etwas Zeit herausschlagen. Es soll nicht so aussehen, als wäre mir dieses Treffen wichtig, auch wenn es das ist. Wie werden sie reagieren? Auch wenn sie um das Treffen gebeten haben, könnte es immer noch eine Falle sein. Oder besser gerade weil sie darum gebeten haben, könnte es eine Falle sein. Warum mache ich das nochmal? Ach ja, ich will Antworten. Für mich und meine Einheit. Am ersten Zelt des Lagers angekommen, steuere ich nicht das Ufer an. Nein, ich steuere das größte Zelt an. Ich weiß aus Erfahrung, das dies das Besprechungs- und Versammlungszelt der Anführer ist. Ich will diese Situation nicht vor den Wachen, die überall stehen, klären. Und auch, wenn die Zelte nicht schalldicht sind, fühle ich mich wohler, wenn weniger Augen auf mich gerichtet sind.
Vor dem Zelt angekommen, nicke ich einer der Wachen zu. Ohne abzuwarten betrete ich es, setze mich jedoch nicht auf einen der Stühle. Es sind sieben, also haben sie bereits mit mir gerechnet? Was ist mit Papa und James? Ich bleibe vor dem runden Tisch, der mitten im Raum steht, stehen. Mein Rücken ist dem Zelteingang zugewandt. Meine Ohren sind gespitzt, ich lausche auf die Umgebung. Ich kann Grillen zirpen hören, ich höre wie Leute in der Nähe murmeln und mehrere Schritte auf dem weichen Boden. Ich zwinge mich zur Ruhe, muss die Nerven behalten. Langsam atme ich ein. Genauso langsam atme ich wieder aus.
Die Schritte auf dem Boden werden langsamer, das Gemurmel ist verstummt. Mein Körper spannt sich an, ist in höchster Alarmbereitschaft. Das Zelt wird geöffnet und es treten mehrere Leute ein. Ich drehe mich nicht um, warte darauf, das sie den ersten Schritt machen. Es herrscht Stille, nur die Grillen sind noch zu hören. Jemand nähert sich mir. Vorsichtig wird mir eine Hand auf die Schulter gelegt und ich unterdrücke den Drang zusammen zu zucken. "Danke das du gekommen bist." Spricht mich der Patron an. Ich lasse die Briefe und das Samtsäckchen auf den Tisch plumpsen. Langsam drehe ich mich um, seine Hand rutscht dabei von meiner Schulter.
Meine Stimme ist fest, die Unsicherheit ist nicht zu hören. Gott sei dank. "Ihr könnt euch denken, das ich nicht freiwillig hier bin. Aber anders werde ich wohl nicht an Antworten kommen." Ich sehe ihm fest in die Augen. Mit dem Hintern lehne ich mich an den Tisch, verschränke die Arme. Mein Blick ist leer und mein Gesicht neutral. Ich unterdrücke nach wie vor die Unruhe in mir und mit jeder Sekunde wird diese größer. Der Patron tritt einen Schritt zurück und räuspert sich. Die fünf weiteren Männer im Zelt treten einen Schritt vor in einer Linie. Erst jetzt wird mir bewusst, das sie mir damit im Prinzip den Fluchtweg abschneiden. Schöne scheiße.
"Ich vergesse immer, das du einen ganz schön starken Schlag hast." Meldet sich nun Adrian zu Wort. Mein Blick huscht zu ihm. Seine Wange ist rot und man kann ganz leicht meinen Handabdruck erkennen. Ups? "Du trägst die Uniform nicht" stellt Mike enttäuscht fest. Er hat immer noch diesen lustigen amerikanischen Akzent. Ich verdrehe die Augen, was allen klar machen dürfte, das ich genervt bin. "Lassen wir das freundliche Geplänkel und bringen es hinter uns." Ich trete einen Schritt zur Seite und deute auf den Tisch zu den Briefen und den Ringen im Säckchen. Meine Genervtheit verstecke ich nicht und sie überspielt meine Unruhe. "Was soll das alles?"
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Die Dornen der Rose
ActionWas würdest du tun, wenn sie dir das Wichtigste in deinem Leben nehmen wollen? Würdest du aufgeben oder würdest du kämpfen? Genau vor diese Entscheidung wird Ruby gestellt. Doch sie überlegt nicht, sondern reagiert. Keine regelmäßigen Updates garant...