In der Zentrale angekommen erstarre ich. Nein! Emma kniet zusammen gekauert auf dem Boden. James steht hinter ihr, drückt ihr die Waffe an den Kopf. Mein Vater dagegen steht, die Waffe auf mich gerichtet und breit grinsend, neben ihm. "Hallo Rubinia. Es ist schön dich wiederzusehen." Mein Blick muss den puren Hass beinhalten doch er lacht einfach nur auf. "Hätte ich gewusst, was diese Schlampe von Frau hinter meinem Rücken treibt, hätte James sie schon viel eher umbringen sollen. Aber naja aus Fehlern lernt man ja. Und du, meine geliebte Tochter, bist mindestens genauso schlimm wie sie. Du hast zu viel von ihr. Wärst du einfach ein braves Mädchen gewesen und hättest gehört, wären wir jetzt nicht in dieser Situation." Er grinst.
Ich hole einmal Luft. "Was willst du?" Meine Stimme ist eisig. James packt Emma im Nacken, zieht sie hoch. Doch die Waffe bleibt an ihrem Kopf. "Was ich will?" fragt Ernesto erstaunt. "Ich will das du und deine Einheit sterben. Ihr habt mir nichts als Ärger gemacht und jetzt sollt ihr die Konsequenzen dafür tragen. Deine Einheit wird schnell sterben, doch du Rubinia, für dich werden wir uns Zeit nehmen." Ich beobachte ihn. Mein Blick huscht zu James. Seine Augen sind auf mich gerichtet, sie sind kalt. Er hat nichts mehr mit dem Bruder zutun, denn ich einmal geliebt habe. Nichts aber auch gar nichts erinnert mehr an ihn. Es ist, als wäre er ein völlig anderer Mensch.
"Waffen runter" knurrt er. Wir reagieren nicht. Er packt Emma fester und entsichert die Waffe. Langsam, nach und nach sichern alle ihren Waffen. Stück für Stück legen wir sie auf den Boden. Als wir uns langsam wieder aufrichten, grinst mein Vater noch breiter. "Sei ein braves Mädchen und geh einen Schritt zur Seite Rubinia. Wir wollen das mit deiner Einheit schnell erledigen bevor wir uns um dich kümmern." Ich rühre mich nicht. Nicht einen Zentimeter. Ich zucke nicht einmal zusammen, als Ernesto einen Warnschuss über unsere Köpfe feuert. "Ich sagte geh zur Seite" knurrt er mich an. Doch mein Blick ruht auf Emma. Sie sieht gerade ihr ganzes Leben an sich vorbeiziehen, genau wie die Anderen wahrscheinlich auch. Doch ich bin nichts besseres als sie. Ich bin eine von ihnen.
"Nein." Meine Stimme ist fest. Bestimmend. James Blick verfinstert sich. Ernesto hebt fragen eine Augenbraue. "Nein? Sagte ich nicht du sollst ein braves Mädchen sein? Genau dieses Verhalten hat uns erst in diese Situation gebracht. Jetzt. Geh. Zur. Seite." Er versucht das mit viel Nachdruck zu sagen, das ich mir nur ein müdes Lächeln abringen kann. "Entweder ich sterbe mit ihnen oder gar nicht. Denn im Gegensatz sie dir und James, stehe ich nicht über meiner Einheit. Ich bin ein Teil davon." Zufrieden betrachte ich, wie Ernesto für eine Sekunde die Gesichtszüge entgleiten und James ein Schmunzeln unterdrückt. Doch sofort ist das wieder weg. Beide haben sich sehr schnell wieder gefangen. "James." Dieser schubst Emma in unsere Richtung, stolpernd kommt sie auf mich zu. Bevor sie fallen kann, fange ich sie auf und stelle sie neben mich.
Ich greife nach ihrer Hand und drücke sie kurz. Ich habe nämlich etwas gesehen, was Ernesto und James entgangen sein wird. Der Funk lief die ganze Zeit. Das heißt, alle wissen, was Phase ist. Auch meine Männer. Ein lauter Knall an der Panzertür bestätigt meine Vermutung. Blitzschnell greife ich nach meinem Wurfmesser und schleudere es los. Es trifft Ernesto mit so viel Wucht am Hals, das er sofort zusammensackt. Was ich nicht bedacht habe, das James schnell reagiert. Ich spüre, wie mich jemand zur Seite schiebt. Wie in Zeitlupe höre ich den Schuss, sehe die Kugel auf mich zufliegen. Dann falle ich zur Seite, lande hart auf dem Boden. Etwas schweres fällt auf mich. Ich brauche einen Moment um es zu realisieren.
Plötzlich ist es so laut und hektisch im Raum. Ich liege einfach nur auf dem Boden. Langsam öffnen sich meine Augen und ich sehe Maya auf mir liegen. Aus ihrer Seite quillt das Blut. "Nein!" Ein spitzer Schrei ist zu hören. Schlagartig wird es ruhig. Schnell rappel ich mich auf und ziehe Maya an mich. Emma kommt auf uns zugestürmt und kniet sich neben uns. "Maya verdammt!" Sie klingt so verzweifelt. Ich kann meinen Blick nicht von meiner Freundin, meiner Kameradin abwenden. Mir rauscht das Blut in den Adern. Nicht Maya, bitte nicht Maya. Mir laufen die Tränen, doch davon merke ich nichts. Sie hebt eine Hand und streicht mir sanft übers Gesicht, bevor sie wieder sinkt. Sie lächelt. Ich höre auch nicht, wie die Anführer irgendwelche Befehle brüllen.
Maya wird von mir weggezogen, doch mein Blick haftet immer noch an ihr. Nicht meine beste Freundin! Jemand hebt mich hoch, trägt mich außer Sichtweite. Ich kann Maya nicht alleine lassen, nicht jetzt! Ich zapple wild und will mich befreien, doch gegen die Stärke meines Trägers komme ich gerade nicht an. "Ruhig Prinzessin, ruhig. Atme. Sie wird es schaffen." Ich werde abgesetzt doch meine Umgebung nehme ich nicht wahr. Jemand hebt mich wieder hoch, setzt mich wieder ab und Arme werden von hinten um mich geschlungen. Ich wehre mich nicht, bin zu schwach auch nur einen Muskel zu rühren.
Tränen laufen über mein Gesicht, ich beginne hemmungslos zu weinen. Sie darf nicht sterben. Lieber ich als sie. Bitte Gott, lass das nicht zu! Vor meinem inneren Auge sehe ich immer wieder die Kugel auf mich zufliegen, wie ich zur Seite geschubst werde. Wie Maya auf mir liegt, als ich die Augen öffne. Und ihr Lächeln. Ein Lächeln das sagt, ich bereue nichts. Ich habe das Richtige getan. Ich hab dich lieb. Das alles hat dieses Lächeln mir gesagt. Dieser Kurzfilm lässt nicht nach, doch irgendwann tun es meine Tränen. Ich kann nicht mehr weinen, fühle mich ausgetrocknet, erschöpft, müde. Ich will wach bleiben, aber mein Körper hört nicht auf mich. Langsam legt sich ein Schleier um mich. Das erdrückende Gefühl von Schwere wird immer stärker.
Ich kämpfe dagegen an, doch mit jedem Kampf werde ich schwächer. Beim letzten Kampf bin ich so schwach, das sich einfach meine Augen schließen und ich hinabfalle in die Dunkelheit.
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Die Dornen der Rose
ActionWas würdest du tun, wenn sie dir das Wichtigste in deinem Leben nehmen wollen? Würdest du aufgeben oder würdest du kämpfen? Genau vor diese Entscheidung wird Ruby gestellt. Doch sie überlegt nicht, sondern reagiert. Keine regelmäßigen Updates garant...