Kapitel 29

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Mit zittrigen Finger breche ich das Siegel und öffne den Brief. Langsam ziehe ich ein gefaltetes Stück Papier hervor. Ich atme einmal tief durch, bevor ich das Blatt auffalte und es lese.

"Princesa,

ich weiß, das du wütend bist, doch bitte komm zur Vernunft. Adrian ist kein schlechter Mann, auch wenn er so wirken mag. Wir alle machen uns große Sorgen um dich und deine Einheit. Ich habe erst vor kurzem erfahren, das dein Vater dich nicht informiert hat, warum deine Einheit aufgelöst werden sollte. Du kannst dir natürlich vorstellen, dass es dafür einen Grund gibt. Ich kann dir versichern, das es nichts damit zutun hat, das wir euch nicht im Kampf haben wollen.

Bitte lass es uns erklären. Gib uns die Möglichkeit dieses Missverständnis aus dem Weg zu räumen. Du wirst sehr geschätzt und vermisst. Sowohl eure Arbeit als auch Behauptung in einem fremden Land zeigt uns allen nur, das wir die richtige Entscheidung getroffen haben. Und wir möchten den Plan zusammen mit euch umsetzen.

Wir möchten ein persönliches Gespräch mit dir. Ohne deine Einheit, ohne Kameras, ohne Zuhörer. Wenn du dazu bereit bist, weisst du, wo du uns findest.

Archibald Salvador"

Ich stocke. Er hat mit seinem Namen unterzeichnet. Ich habe noch nie ein Dokument oder sonstiges gesehen, in dem der Patron mit seinem Namen unterzeichnet hat. Ich versinke in Gedanken an den Brief. Ja, man hat mir nicht mitgeteilt warum man die Einheit auflösen wollte. Das er Adrian erwähnt wundert mich kein bisschen. Er ist sein Sohn. Außerdem war es der Wunsch des Paten, das wir heiraten. Was mich allerdings sehr stark wundert, ist die Aussage mit unserer Arbeit und der Behauptung in einem fremden Land. Wenn sie so von uns überzeugt sind, warum wollten sie uns dann auflösen?

Die Fragezeichen in meinem Kopf werden immer größer. Zu viele Optionen und Möglichkeiten schießen mir durch den Kopf. Auch das sie ein Gespräch mit mir alleine wollen, gefällt mir nicht. Sie wissen, das ich nichts ohne meine Einheit beschließe wenn es auch um die Einheit geht. Ergo wissen sie auch, das ein Gespräch mit mir alleine sinnlos ist.

Die Türklingel reißt mich aus meinen Gedanken. Seufzend stehe ich auf, lasse den Brief offen auf meinem Schreibtisch liegen. Ich habe da so eine Ahnung, wer das ist. Also gehe ich langsam zu der Wohnungstür und schaue. Mein Verdacht bestätigt sich, als ich das besorgte Gesicht von Maya auf dem Display sehe. Ohne etwas zu sagen öffne ich die Tür, trete zur Seite und lasse sie reinkommen. Mein Ausdruck scheint Bände zu sprechen, denn Mayas Gesicht wird noch besorgter. Doch sie fragt nicht. Sie weiß, das ich es ihr sage, wenn es wichtig ist und ich darüber reden kann.

Ich deute auf mein Büro. Nachdem ich die Tür geschlossen habe, setzen wir uns in Bewegung. Beim Büro lass ich Maya den Vortritt und schließe die Tür hinter mir. Fragend sieht sie mich an, doch ich deute nur auf den Tisch, wo der Brief noch offen liegt. Sie legt leicht den Kopf schief. Die Frage, ob sie ihn lesen darf. Ich nicke einmal und schon bewegt sie sich auf den Tisch zu, greift nach dem Brief. Mit ihm in der Hand lässt sie sich auf einen der Stühle vor dem Tisch fallen, beginnt zu lesen.

Ich beobachte sie dabei. Mit jeder Zeile, jedem Wort schlägt ihre Besorgnis immer mehr in Verwirrung um. Als sie fertig ist, schaut sie mich an, doch ich zucke nur mit den Schultern. In der Zwischenzeit habe ich mich wieder auf meinen Schreibtischstuhl gesetzt. Die Arme auf der Tischplatte abgestützt mit dem Gesicht in den Händen mustere ich meine Freundin und Vize der Einheit. Sie liest den Brief nochmal. Und nochmal. Noch ein viertes Mal. Erst dann durchbricht sie die Stille.

"Ich verstehe es nicht" murmelt sie. Ich nicke knapp. "Ich auch nicht. Sie wissen, wie wir agieren. Sie wissen auch wie wir Entscheidungen treffen. Und sie hätten sich denken können, das wir nicht informiert werden. Aber es gibt zwei Dinge in diesem Brief, die mich trotzdem beunruhigen." Nun nickt Maya. Sie weiß, welche ich meine.

"Zum einen das Gespräch mit dir alleine und zum anderen das der Patron mit seinem Namen unterschrieben hat" spricht sie die zwei Dinge aus. "Ja." eine knappe Antwort, aber in dem Zustand meiner Verwirrung, mag man mir das verzeihen. Jeder von uns beiden ist klar, das wir so keine Antworten finden werden.

"Ich schätze" setzt Maya an, doch wird sofort von mir unterbrochen. "Nein. Ich halte das für keine gute Idee." Mayas Blick haftet auf mir. "Ich auch nicht Rose, aber haben wir eine andere Wahl, wenn wir wissen wollen, was vor sich geht?" Ich weiß, das sie recht hat, aber ist es uns das wirklich wert? Maya, taktvoll wie sie ist, wechselt das Thema. Sie hat ein Talent dafür von einem unangenehmen Thema ins nächste zu springen.

"Hast du das Paket schon geöffnet?" Ich schüttle den Kopf. Doch nach diesem Brief, sollte ich es vielleicht tun. Was hatte Emma gesagt? In dem kleinsten Paket sind fünf Ringe an einer Kette oder so etwas? Vielleicht sollte ich mir den Inhalt doch einmal anschauen? Skeptisch schaue ich zu Maya. Ich sehe in ihren Augen, das auch sie sich nicht sicher ist, ob sie den Inhalt wissen will. Aber ich sehe auch Neugier in ihnen. Dieses ständige hin und her der Situationen treibt mich irgendwann noch in den Wahnsinn.

Ich stehe auf und Maya tut es mir gleich. Gemächlich verlassen wir das Büro und bleiben im Wohnbereich stehen. Maya schaut sich um und ich weiß, das sie nach dem Paket Ausschau hält. Ich mustere sie. Ist es komisch sie zu fragen? In dieser Situation vermutlich nicht, dennoch fühle ich mich bei dem Gedanken etwas unwohl. Nicht wegen der Frage, sondern wegen dem was passieren könnte.

Ich hole einmal tief Luft und wende mich komplett zu ihr. Sie richtet sofort ihre Augen auf mich und wieder ist ihr Gesicht besorgt. "Maya ich habe eine Bitte an dich" murmle ich. Ihre Augen weiten sich unmerklich, aber ich denke sie weiß, was ich nun fragen werde und hat einfach nicht damit gerechnet. "Hilfst du mir bei dem Paket?"

Die Dornen der RoseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt