Die Dornen der Rose

Kapitel 7

Maya stellt sich mir gegenüber und grinst mich an. "Konzentration Maya." Wir nehmen unsere Positionen ein. Ich weiß, das ich schneller bin als sie, dafür hat sie mehr Kraft. Auch ihr ist das durchaus bewusst, dennoch schaffe ich es jedes Mal, das zu meinem Vorteil auszunutzen.

Wir umkreisen uns wie Raubtiere, die lauernd ihre Beute im Blick behalten. Mit jedem Schritt nähern wir uns an. "Komm schon 'Rose'", sie grinst noch breiter, als sie mich mit meinem neuen Namen anspricht "lass uns sehen, ob du wieder schnell genug bist."

Sie macht einen Schritt auf mich zu und holt aus. Zu langsam. Mein erster Schlag trifft ihre Schulter von außen. Ein kurzer Schritt und ein minimales Taumeln ihrerseits und sie hat sich wieder gefangen. Sie knurrt. "Hör auf zu spielen!", faucht sie mich an. Nun grinse ich, doch keine Sekunde später bin ich wieder hoch konzentriert. In einer schnellen Bewegung mache ich einen Schritt zur Seite, deute erneut einen Schlag auf ihre Schulter an. Sie weicht zurück, doch ich stehe schon schräg hinter ihr und treffe ihre rechte Seite mit dem nächsten Schlag. "Deckung", erwidere ich und sie dreht sich, mit einem ernsten Gesicht zu mir. Endlich, denke ich mir. Endlich ist sie bei der Sache und wir können kämpfen. Sie korrigiert ihre Deckung, ist nun konzentriert. "Na dann: Lass uns tanzen Maya", damit beginnt der eigentliche Kampf.

Und nichts anderes ist es. Unsere Kämpfe sind Tänze. Manche sind Training, so wie dieser, manche sind tödlich. Wir fokussieren uns nur auf den Gegner, den Tanz. Die Umgebung nehmen wir nicht mehr wahr. Jeder landet Treffer, jeder steckt welche ein. 

"10 Minuten", höre ich eine weit entfernte Stimme und ich weiß, was es bedeutet. Wir kämpfen bereits seit 10 Minuten und keine von uns ist bereit aufzugeben. Doch 10 Minuten sind zu lang. Tut mir leid Maya, aber jetzt ist es genug. Ich packe ihren Arm als sie mir ausweichen will, ziehe sie zu mir ran und verpasse ihr mit der freien Faust einen kräftigen Schlag in die Magengrube. Sie geht zu Boden und krümmt sich. "Der kam unerwartet", keucht sie. Ich lauere noch immer. Erst wenn sie es sagt, ist der Kampf vorbei. "Ich gebe auf" und damit ist der Kampf beendet.

Ich beuge mich zu ihr und setze sie auf. Sie krümmt sich noch immer leicht, aber nicht mehr so stark, wie direkt nach dem Schlag. "Wie oft habe ich dir gesagt, das du angespannt sein musst. Am ganzen Körper?", frage ich sie seufzend. Sie lächelt mich gequält an. "Der Kampf hat zu lange gedauert. Da hat meine Spannung wohl an einigen Stellen nachgelassen." Sie zwinkert mir zu. Erst jetzt merke ich, das die ganze Einheit versammelt ist und sich um uns gescharrt hat.

"Komm her du Fisch. Das darf dir niemals im Einsatz passieren hörst du?" Sie nickt und greift nach meiner Hand um sich hoch zuziehen. Kim greift ihr unter die Arme und stützt Maya leicht. "Ich kümmere mich um sie." Damit drehen sie sich um und die beiden verschwinden aus dem Raum. Ich seufze. "Was macht ihr alle überhaupt hier? Habt ihr mal auf die Uhr geschaut?" Fragend sehe ich in die Runde. "Ich habe Kampfgeräusche gehört", meldet sich Elli zu Wort "Und den Anderen bescheid gesagt. Immerhin gibt es nur zwei von uns, die so verrückt sind, mitten in der Nacht zu kämpfen. Eure Schlafstörungen bringen euch noch um." Nun lachen wir alle. Aber vermutlich hat sie recht.

Auch wenn wir alle sehr gut trainiert und ausgebildet sind, je weniger Schlaf, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit das Fehler passieren. Und Fehler können wir uns nicht erlauben. Noch weniger in der jetzigen Situation. Sarah tritt neben mich. "Ich habe gehört, die wirst eine Rothaarige mit grünen Augen," Sie zwinkert mich zu. Oh Gott, bitte nicht dieses Thema. Melissa kichert. "Das war bestimmt Mayas Idee, oder?" Ich nicke nur. Jede in der Truppe weiß, das ich niemals von selbst auf so einen Gedanken kommen würde. Sarah redet weiter. "Ich besorge die Blondierung, Yasmin sucht die Farbe aus. Die Kontaktlinsen holt auch Yasmin und bei den Klamotten werden Maya, Em und Theresa bestimmt fündig werden." Erklärt sie mir die Aufteilung.

Na wenigstens weiß ich, das Yasmin ein gutes Auge für so etwas hat. Genau wie Maya, Emma und Theresa für Klamotten. Ich habe immer schwarze Kampfsachen bevorzugt, sprich eine Hose und ein Oberteil. Schlicht, elegant und perfekt für unsere 'Tänze' geeignet. Aber in den Punkten, weiß ich, das ich mich auf meine Mädchen verlassen kann. "Ich bin so auf das Endergebnis gespannt" schwärmt nun Yasmin.

"Moment mal! Was ist mit euch. Ihr müsst ja auch Veränderungen vornehmen." Alle nicken. "Das ist alles schon geplant und in Sack und Tüten, wie man so schön sagt" teilt mir Emma mit. "Ich denke, wir werden uns danach alle kaum wiedererkennen" kichert sie nun. Ich glaube ihr aufs Wort. Irgendwie ist es schade, das wir uns so umgestalten müssen, aber wir alle wissen, dass es notwendig ist.

Yasmin tritt nun an meine andere Seite und flüstert mir zu "Wir werden dich zu einer unwiderstehlichen und unglaublichen Mafiabraut machen." Dabei hat sie ein so breites Grinsen im Gesicht, das es schmerzhaft aussieht. "Die ganze Einheit wieder am Ende unwiderstehlicher und unglaublicher sein als so wieso schon", flüstere ich zurück und grinse ebenfalls leicht. "Okay Mädchen, für jetzt reicht es erst einmal. Geht euch ausruhen, der Tag war lang und die Nächsten werden vermutlich nicht kürzer." Zustimmendes Gemurmel ist zuhören. Nach und nach verlassen alle den Raum, bis nur noch Emma und ich zurück bleiben.

Es herrscht Stille.

"Was hat er gesagt, das es dich so mitnimmt?" Mit diesen Worten richtet sich Emma zu mir. Die Wut keimt wieder auf, doch dieses Mal kann ich sie unterdrücken bevor sie an die Oberfläche kommt. Ich sehe Emma nicht an, als ich ihr antworte. Ihr Blick brennt sich in mich. Sie analysiert jede Bewegung, jedes noch so kleine Zucken, jedes Detail. Selbst die Pause analysiert sie, das weiß ich. Immerhin habe ich sie ausgebildet als unsere Operaterin. Einmal hole ich tief Luft bevor ich ihr antworte.

"Das er mich finden wird, egal wohin ich fliehe."