Mit einem mulmigen Gefühl verriegelte ich die Tür und lehnte mich gegen das Holz. Die Augen geschlossen, atmete ich tief durch. Ruhe umgab mich. Eine friedliche, trügerische Ruhe. Ich brauchte einen Moment, um mich zu sammeln. Mein Puls raste. Das Blut rauschte in meinen Ohren, so dass mir schwindlig wurde. Die Ereignisse hatten sich überschlagen. Nun musste ich damit fertig werden.
Ich biss mir auf die Lippen, als mit einem Schlag all der Schmerz in mir aufloderte. Die Bilder der Sterbenden wirbelten in meinem Kopf umher. Ich sah ihre bleichen Gesichter, hörte ihre letzten Atemzüge. Überall war Blut. Blut, das ich vergossen hatte.
Die Hand auf den Mund gedrückt, unterdrückte ich ein Würgen. Hastig stürmte ich ins Bad und erbrach mich über der Toilette. Mühsam drängte ich die Bilder zurück. Ich hatte gemordet, ohne mit der Wimper zu zucken. Selbst wenn es Überlebende gegeben hätte, würden sie mir das nie verzeihen. Ich verzieh es mir selbst nicht. Aber damit musste ich nun leben.
Nachdem ich mir den Mund ausgespült und die Zähne geputzt hatte, verließ ich das Badezimmer. Ich musste unbedingt die Kontrolle wiederbekommen. Nur war das nicht so einfach, wenn der eigene Großvater ein durchgeknallter Psychopath war, der die Welt zerstören wollte. Sein Blut floss durch meine Adern. In mir steckte mehr von ihm, als mir lieb war.
Nachdem ich mich einigermaßen gefasst hatte, öffnete ich die Verbindungstür zum Nebenzimmer. Ein ziemlich zerzauster Kaito saß auf dem Bett. Als ich eintrat, hob er den Blick.
Während meiner Abwesenheit hatte Rizu sich mit ihm unterhalten. Das Angebot, dass er ihm unterbreitet hatte, war so grausam wie unvorstellbar. Die Alternative war sein eigener Tod. Wenn er sich Exodus anschloss, würde er am Leben bleiben. Mehr noch; er könnte wieder mit mir zusammen kommen.
Aber wollte er das überhaupt noch? Nach allem, was ich getan hatte? Ein Teil von ihm verabscheute mich dafür. Ein anderer Teil hasste mich sogar, weil ich seine Freunde getötet hatte.
An der Wand gegenüber von der Tür lehnte Ryoken. Die Arme hatte er verschränkt. Sein unergründlicher Blick ruhte auf Kaito, doch als ich eintrat, trat er sofort auf mich zu. „Drachenmädchen."
Ich verharrte im Schritt und setzte eine ungezwungene Miene auf. Niemand sollte merken, wie sehr ich unter meinen Taten litt. Schon gar nicht mein Großvater. Er würde das als Schwäche werten.
„Hey." Meine Augen schweiften von ihm zu Kaito.
Warum waren sie in einem Raum? Was hatte ich verpasst?
Ich wich zurück, die Lippen fest zusammengepresst. Unruhig wippte ich mit den Füßen und wagte nicht mehr, ihn anzusehen. San hatte Recht gehabt. So sehr ich das Miststück verabscheut hatte, aber in diesem Punkt behielt sie Recht.
Ich war eine Mörderin. Ich verdiente Kaito nicht länger.
Da ich noch immer schwieg, sprang Kaito auf die Füße. „Antworte mir gefälligst. Warum hast du das getan?" Seine Stimme überschlug sich fast. Er bebte vor Zorn. Seine Fäuste öffneten sich und schlossen sich wieder. Ich betete beinahe, dass er mich schlug. Damit konnte ich umgehen. Auch, dass er mich nun verachtete. Aber mit diesem Vorwurf in seinen Augen, damit kam ich nicht klar. Und dass er den Abstand zu mir hielt, brach mir das Herz.
Aber das hatte ich mir selbst zuzuschreiben.
Da ich ihm die Antwort darauf schuldig blieb, ergriff Ryoken das Wort. „Sie hat es für dich getan, du Idiot."
Mit vor Schreck geweiteten Augen sah Kaito mich an. Ich fühlte, wie sein Herz stolperte und drückte die Hand auf meinen Brustkorb, als mein Herz sich seinem anpasste. Dies war der Fluch des Bandes. Obwohl es abgemildert war, hatte es solch einen Einfluss auf mich. Aber vielleicht war es auch gar nicht abgeschwächt.
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Drachenstern Saga - Part 1 - Die Legende der Drachenreiter
FanfictionHallo liebe Leser und Leserinnen Dies ist meine Yu-Gi-Oh-Fan-Geschichte. Und darum geht es ...... Sieben Reiter wurden entsandt. Sieben Male schufen ein Band. Sieben Bestien erwachten in der Nacht und bündeln die stärkste Macht. Die Welt war im Wan...