35. Kapitel: Der letzte Auserwählte

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In der Höhle hatte ich endlich Ryoken gefunden. Er war bewusstlos gewesen und sah ziemlich übel zugerichtet aus, aber er war am Leben. Nachdem ich seine Wunden versorgt hatte, kam er kurz darauf wieder zu sich. Während ich Kaito auf ein Lager bettete und ihn mit meinem Hemd zudeckte, erzählte ich ihm kurz und knapp, was vorgefallen war. Haruto schlummerte neben ihm. Er hatte den Übergriff besser überstanden als erhofft.

„Es tut mir leid, dass ich ihn nicht besser beschützen konnte."

„Unsinn." Ich drückte seine Hand. „Der Alte ist ein verdammt hartes Kaliber. Sogar zu zweit hatten wir Schwierigkeiten. Ich brauche meine Drachen und meine wahre Macht, um ihn zu besiegen."

„Dann wirst du dich deinem Schicksal stellen?"

„Ja. Ich bin die längste Zeit meines Lebens davongelaufen."

Ryoken zog mich in seine Arme und ich nahm seinen Geruch in mir auf. Die Augen geschlossen, verweilte ich und lauschte seinem Herzschlag. „Ich liebe dich, Ryoken Kogami." Das tat ich wirklich. Zum ersten Mal war ich mir meiner Liebe richtig bewusst.

„Ich liebe dich auch, mein Drachenmädchen."

Der Kuss war ein Versprechen. Was auch passieren würde, unserer Liebe würde es nicht schaden. Im Gegenteil. Wir hielten uns daran fest und ließen daraus eine Hoffnung entstehen. Eine Hoffnung auf ein gutes Ende. Auf eine gemeinsame Zukunft.

Ryoken streichelte zärtlich meine Wangen, während er federleichte Küsse auf mein Gesicht verteilte. Ich krallte mich an ihm fest und wollte in seine Arme hineinkriechen und mich auf ewig in ihren verstecken.

Aber ich hatte versprochen, nicht mehr wegzulaufen. Auch wenn es mir schwerfiel, löste ich mich nun von ihm und trat zurück. „Kannst du über die Tenjo-Brüder wachen? Ich muss den letzten Auserwählten finden. Papa meinte, er wäre ganz in unserer Nähe."

„Natürlich." Ryoken lächelte, dann begab er sich auf die Knie und zog meine Hand an seine Lippen. „Ich gelobe dir ewige Treue, mein Drachenmädchen."

Ich kniete mich zu ihm runter. „Und ich gelobe, dich ewig zu lieben, Ryoken."



Das Hotelzimmer war klein, aber gemütlich. Im Badezimmer hatte ich mir eine lange, heiße Dusche gegönnt, um mir den Schweiß und das Blut von der Haut zu schrubben. Wirklich sauber fühlte ich mich nicht und vermutlich würde ich mich nie mehr besser fühlen. Die Lasten meiner Sünde erdrückten mich beinahe.

Mit nichts als einen langem Shirt am Leib, trat ich hinaus auf die Terrasse. Die Augen geschlossen, atmete ich die kühle Nachtluft ein und versuchte, meine Gedanken in Ordnung zu bringen. Da herrschte so ein gewaltiges Chaos. Die Ereignisse hatten sich überschlagen, dass ich kaum Zeit fand, das Erlebte zu verarbeiten.

Ravons Versprechen und seine Macht, die er über mich besaß.

Meine eigene Dunkelheit, die mich nach und nach verschlang, bis ich vollständig die Kontrolle über sie verlor.

Areus' Tod.

Die Begegnung in der Wüste.

Der Kampf gegen Rizu.

Kaitos Tod.

Ich ließ die Arme baumeln und bettete das Kinn auf das kühle Metall der Brüstung. Die leuchtende Spitze des Heart-Turms funkelte in weiter Ferne. Heartlandcity lag einige Reisestunden entfernt. Ich hatte in der erstbesten Stadt Halt gemacht und mir ein Hotel gesucht.

Nun, frisch geduscht und mit einer warmen Mahlzeit im Bauch, konnte ich mir die nächsten Schritte überlegen. Allerdings hatte ich keine Idee, wo ich mit meiner Suche anfangen sollte. Ich hatte mir vorgenommen, bei Morgengrauen zurück bei Kaito zu sein, sollte er das Bewusstsein wiedererlangen. Bis dahin wollte ich jede Sekunde nutzen, um den letzten Auserwählten aufzuspüren.

Drachenstern Saga - Part 1 - Die Legende der DrachenreiterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt