47. Kapitel: Der Abend vor der letzten Schlacht

8 0 0
                                    

Die Abendsonne senkte sich über das Tal. Der Himmel mit seinen blutroten Farben spiegelte wieder, was sich zwischen den Felsen abspielte. Der kalte Wind fauchte. Ein lautes Dröhnen lag in der Luft. Metall schlug auf Metall. Funken sprühten. Überall erklangen Schreie. Zwischen den Bergen thronten monströse Maschinen und blutrünstige Monster. Dazwischen sprangen Krieger in Rüstungen und Hexenwesen umher.

Silver stieß ein gewaltiges Brüllen aus, als wir über das Schlachtfeld glitten. Die anderen Drachen antworteten ihm sofort. Die Kämpfe kamen für einen kurzen Moment zum Erliegen. Sämtliche Köpfe flogen nach oben.

Die Knie fest an seine Seiten gepresst, verschaffte ich mir einen Überblick, während der Wind mit meinen Haaren spielte. Auf dem Rücken meines Drachen zu sitzen war für mich eine zweite Heimat. Viel zu lange hatte ich darauf verzichten müssen. Mein D-Wheel hatte dies Glücksgefühl nur teilweise ersetzen können.

Ich ließ meine Drachenmale aufleuchteten. Wie lodernde Fackeln brannten die Zeichen auf meiner Haut. Der Drache in mir war unruhig, wollte hinaus in die Freiheit entlassen werden und kämpfen. Ich hielt ihn zurück.

Noch einmal flog Silver einen Kreis über das Tal. Endlich erblickte ich meinen Großvater. Er stand auf einem Felsen, während um ihn herum die Zweikämpfe tobten und Gut gegen Böse aufeinander stürzten wie Urgewalten. Die Drachenreiter nahmen es mit Exodus auf, die Tempelwächter hielten die Monster in Schacht.

Als Rizu den Kopf hob, begegneten sich unsere Blicke. In seinen Augen blitzte es, eine Mischung aus Triumpf und Zorn. Ein Grinsen verzerrte seine Züge. Der schwarze Mantel flatterte.

„Genug!" Meine Stimme schallte über das Tal. „Die Schlacht wird morgen ausgetragen. Ich spreche für alle, wenn ich sage, dass uns eine Pause guttun wird." In binnen der nächsten Stunde würde die Nacht hereinbrechen. Man sah jetzt schon kaum die Hand vor Augen.

Großvater Rizu nickte und hob die Hand. Seine Gefolgsleute zogen sich zurück. Unter ihnen befand sich Ravon, der mir einen intensiven Blick zuwarf, den ich für die Dauer mehrerer Herzschläge erwiderte. Statt mich meinen Freunden anzuschließen, die sich zum Eingang des Tals zurückzogen, verharrte ich an Ort und Stelle. „Rizu. Auf ein Wort!" Von Winden gehalten schwebte ich zu ihm nach unten. Silvers warnendes Knurren schenkte ich keine Beachtung.

Die Arme vor der Brust verschränkt, erwartete mich mein Großvater. Ich landete wenige Schritte von ihm entfernt. Nahe genug, dass er mich packen könnte, um zu Ende zu bringen, was er damals begonnen hatte.

Ich ahmte seine Haltung nach und wartete. Ohne ein Wort zu wechseln, sahen wir uns nur tief in die Augen. Zweifelsohne spürte er meine erwachte Macht, fühlte er, dass ich nun in der Lage war, ihn zu besiegen, wenn es sein musste. Die Drachenbindungen waren wieder intakt und somit besaß ich all meine Kräfte.

„Du kommst reichlich spät, Drachentochter. Wir haben uns hier prächtig amüsiert.". eröffnete mein Großvater das Gespräch und zauberte ein amüsiertes Grinsen auf sein Gesicht.

Wenn er gedacht hatte, mich damit aus der Reserve zu locken, wurde er von nun vom Gegenteil überzeugt. Meine Prüfung hatte mich verändert, ich war nicht mehr dasselbe Mädchen, dem er zuletzt begegnet war. Mein Herz schlug kraftvoll und gleichmäßig. Ich verzog nicht mal eine Miene.

„Das muss dir ziemlich an die Nieren gehen, Rizu. Das Einzige, was dir von deinem Sohn geblieben war, ist seine Tochter und ausgerechnet die stellt sich gegen dich. Du bist beinahe zu bemitleiden."

Er bleckte die Zähne wie ein Raubtier. „Wenn du wüsstest, wie egal du mir bist. Ich hätte dich damals ohne zu zögern getötet und könnte es jederzeit wieder tun."

Das sagte er zwar, doch ich spürte, dass er nicht ganz ehrlich zu sich war.

„Belüge dich nur weiter, Großvater, wenn du dich damit besser fühlst. Aber wir beide wissen es besser. Auf eine Art bin ich dir wichtig. Ich bin von deinem Blut. Ob du es nun abstreitest oder nicht, du würdest niemals zulassen, dass ich sterbe. Du tötest mich nicht, lieber lässt du die leiden, die mir am Herzen liegen, nur um mich zu quälen. Aber meinen Tod, den willst du nicht."

Drachenstern Saga - Part 1 - Die Legende der DrachenreiterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt