36. Kapitel: Die Macht des Numeroncodes

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Die Sonne stand dicht über den Baumwipfeln, als Yusaku und ich die Höhlen erreichten. Hand in Hand liefen wir durch den langen, schwach erleuchteten Gang. Während des Rückwegs hatten wir kein Wort mehr gesprochen. Die Stimmung war bedrückt.

Als wir die Höhle betraten, sprang Ryoken auf. Er rannte mir entgegen, stoppte dann, als er Yusaku erkannte. Seine Augenbrauen hoben sich und tiefe Falten durchzogen seine Stirn. Die Frage stand ihm zu Gesicht geschrieben.

Ich versuchte ein Grinsen, doch es endete in einer Grimasse. „Ähm, ich will ja mal nicht behaupten, ich bin schnell, aber ich bin schnell. Yusaku ist der letzte Auserwählter."

Die beiden Freuden sahen sich an. Ich eilte an das Schlaflager und ergriff Kaitos Hand. Er schlief noch immer und ich harrte aus. Meine Gedanken begaben sich erneut auf die Reise.

Nun, wo wir komplett waren, gab es keinen Grund mehr, die Prüfungen aufzuschieben.

Und danach wartete die letzte, große Schlacht auf uns.

Tief in mir spürte ich die vertraute Bindung zu meinen Drachen. Sie redeten durcheinander, doch ich blendete es aus. Siebzehn Jahre hatte ich darauf gewartet, diese Bindung zurückzubekommen und nun, wo ich sie wiederhatte, fürchtete ich mich vor dem nächsten Schritt. Ich hatte gehen wollen, ohne zu bedauern, doch ich bedauerte so viel.

Ich bedauerte, dass ich erst so spät gelernt hatte, zu vertrauen.

Ich bereute, die getötet zu haben, die meine Freunde sein wollten.

Ich trauerte der Zeit nach, die ich damit vergeudet hatte, wegzulaufen.

Und vor allem bedauerte ich, dass ich nicht in der Lage war, Liebe zu empfinden, als die Zeit dafür gekommen war. Erst jetzt, wo sich mein Leben dem Ende entgegen neigte, spürte ich so viel davon in mir. Soviel, dass ich ständig den Tränen nahe war.

Es war so, wie es Morpheus gesagt hatte. Mein Herz war so groß und so erfüllt von Liebe, die ich denen zu Teil werden ließ, die es verdienten.

Zum ersten Mal gab ich diese Liebe an Zane weiter. Unfreiwillig und unbemerkt.

Dann an Seto, der es erst möglich gemacht hatte, dass sich mein Herz öffnete.

An Ryoken, der mit zu den wichtigsten Menschen zählte und dem der größte Teil meines Herzens gehörte.

Und natürlich Kaito. Vor allem mein Arco. Mein geliebter Stern.

Meine ganze Liebe galt ihm. Mir war jedes Opfer Recht, damit er überlebte und nicht mit mir in den Tod gerissen wurde. Wenn ich ihm die Erinnerung nehmen musste, damit er glücklich wurde, dann würde ich es tun. Wenn ich zuließ, dass er sich neu verliebte und eine andere Frau in sein Leben trat, dann würde ich auch das zulassen. Hauptsache, er wurde glücklich und er lebte.

Das war für mich immer das Wichtigste.

Schon immer.

Damals wie heute und auch in Zukunft.



~ Kaito ~

Ein Stöhnen entrang sich meinen Lippen. Dann schlug ich die Augen auf. Benommenheit überlagerte mein Bewusstsein. Ich blinzelte. Meine Erinnerungen waren ein reines Chaos aus Bildern und Emotionen. Wo war ich? Wer war ich? Was war passiert?

Ich hatte geträumt, dass ich gestorben war.

Nein. Ich war tot. Ganz zweifelsohne.

Dann musste ich mich wohl im Himmel befinden, denn über mir thronte ein Engel mit silbernen Haaren. Doch wenn dies der Himmel war, warum dröhnte dann mein Kopf so? Ich wollte die Augen schließen. Eine Stimme hielt mich zurück. Ihre Stimme. So wie ihr Klang, so lieblich wie der Frühlingswind. Ich kannte diese Stimme. Die Erinnerung an ihr Gesicht überlagerte alles.

Drachenstern Saga - Part 1 - Die Legende der DrachenreiterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt