23. Kapitel: Erwachende Erinnerungen

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Mit einem atemlosen Ächzen brach er zusammen. Auf seinem weißen Hemd breitete sich ein großer, roter Fleck aus, der sich sternenförmig über seine Brust zog. Die Luft roch nach verbrannter Haut und Asche. Ein Keuchen entwich ihm, als er in meinen Armen zusammenbrach. Ein Hustenanfall raubte ihm die Luft zum Atmen. Blut sprudelte heraus und tränkte den Kragen seines Hemdes. Atemlos sackte er zurück, dennoch hoben sich seine Mundwinkel zu einem Lächeln. „Ariya."

Ich war noch bei ihm. Perlmuttertränen tropften auf sein Gesicht, rannen an seiner Stirn und die Wangen hinab. „Nein. Arco."

Alcor.

„Scht. Alles wird gut, Liebste." Er konnte nur flüstern, für mehr reichte seine Kraft nicht. Im selben Ausmaß wie das Blut floss das Leben aus ihm heraus. Eine immer größer werdende Lache bildete sich unter ihm, tränkte auch meine Kleidung, doch das bemerkte ich nicht.

Seine Hand zitterte, als er sie an meine Wange legte. Mit dem Daumen wischte er die Tränen fort. Sofort flossen Neue nach. „Ich werd' schon wieder. Nicht weinen, mein Stern."

Ein Schluchzer entwich mir, ohne dass ich es verhindern konnte. Die Verzweiflung in mir konnte nicht größer sein. Mein Herz war ein einziges Trümmerfeld. „Es tut mir so unendlich leid. Das habe ich alles nicht gewollt. Ich wollte dich doch nur beschützen." Was hatte ich nur getan? „Bitte. Verlass mich nicht."

Mühsam rang er nach Luft. Das Röcheln in seinem Brustkorb verstärkte meine Furcht, so dass ich meine Hand auf seine legte und die Wange in seine Handfläche schmiegte. Sein Lächeln vertiefte sich, als er mir in die Augen sah und ich seine grenzenlose Liebe zu mir erblickte. Obwohl ich schlimme Dinge getan hatte, liebte er mich noch immer. „Sch, nicht doch. Ich habe dir doch versprochen, dich niemals zu verlassen. So leicht sterbe ich nicht. Also lass die Tränen."

Ich schluckte und bemühte mich, ein Lächeln zustande zu bringen. Es missglückte. Weitere Tränen strömten. „Ich wollte nie, dass sowas passiert. Bleib bei mir, oh bitte, bleib bei mir." Ich neigte mich herab, strich mit meinen Lippen über seinen Mund Er atmete flach, sein Herzschlag verlangsamte sich spürbar. Die Zeit lief ihm davon.

„Ich liebe dich, Ariya. Du musst zu uns zurückkehren. Bitte. Kämpfe nicht länger für die. Hilf deinen Freunden. Die Menschheit braucht dich." Er röchelte, hustete qualvoll. Noch mehr Blut sprudelte aus seinem Mund und durchtränkte seinen Hemdkragen. Kraftlos sank er auf meinen Schoß zurück.

Ich weinte bitterlich. All die Tränen, die ich über die Jahre in mir versiegelt hatte, brachen mit einem Schlag aus mir heraus. Mein Herz blutete, meine Seele zitterte, streckte sich nach ihm, versuchte mit aller Verzweiflung, ihn zu halten. Doch er entglitt mir. Erneut. Ich verlor ihn und konnte es nicht verhindern.

Ein Wehlaut entwich mir, als ich über ihm zusammensackte. Was nützte mir meine ganze Macht, wenn ich nicht einmal in der Lage war, den Menschen zu retten, der mir mehr als alles andere auf der Welt bedeutete? Ich schluchzte erneut, verlor den Mut und den Willen zum Leben. Nicht ohne ihn. Er musste bei mir bleiben, sonst konnte ich nicht glücklich werden.

„Bitte. Alcor. Bitte, bleib bei mir. Ich kämpfe für euch. Ich mache die Prüfung und stelle mich meinem Schicksal. Nur bitte – stirb nicht. Ich brauche dich. Ich liebe dich."

„Ich liebe dich auch, mein Stern. Ich werde dich immer lieben." Der Glanz entschwand seinen Augen. „Wir sehen uns im nächsten Leben wieder, Amara. Ich geh schon mal . . . voraus . . ."

Ein letzter Atemzug.

Ein letzter Herzschlag.

Dann Stille.

Drachenstern Saga - Part 1 - Die Legende der DrachenreiterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt