34. Kapitel: Schicksalsschlag

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Heißer Wind schlug mir ins Gesicht. Der Sand kratzte auf meiner Haut und drang in meine Kleidung, in jede Falte und Ritze. Die Temperaturen waren mit dem hereinbrechenden Tag um gefühlte fünfzig Grad gestiegen. Weit und breit erstreckte sich nur die Wüste. Nicht ein Fleckchen Schatten war zu erkennen. Der Wind brachte keine Linderung. Viel mehr trug er die Wärme mit sich. Dennoch machte mir die Hitze nichts aus. Ich war ein Kind des Feuers.

Ich saß auf einem Hügelkamm, die Beine unterschlagen. In dieser Wüste hatte ich vor einigen Tagen gegen Thomas gekämpft. Ich erinnerte mich gerne daran. Als er mich quer über die Steppe gejagt hatte, seine Puppenmonster hockten mir ständig im Nacken. Sein spöttisches Lachen hatte mich verhöhnt, doch ich hatte ihm aus der Reserve gelockt und seine Frechheit mit meiner gekontert. Am Ende hatte ich ihn fertig gemacht. Das Grinsen war ihm vergangen, als ich ihm meine wahre Macht demonstrierte.

Ich seufze leise. Wehmut stieg in mir auf. Die Reue saß tief. Ich vermisste ihn. Mehr als ich sollte. Dabei waren wir nur Freunde gewesen. Zumindest befanden wir uns am Anfang einer Freundschaft.

Aber Freunde küssten sich nicht so, wie wir uns geküsst hatten. Und Freunde trieben es auch nicht mitten in einem Wald miteinander.

Die Erinnerung an ihn trieb mir die Hitze in die Wangen. Ich grub die Finger in den Stoff meiner Hose. Sex mit Thomas war intensiv. Es war pure Leidenschaft, mit einem Kick ins Animalische. Ich sollte es bereuen, doch ich bereute nur eins: ihn getötet zu haben.

Hätten wir uns unter anderen Umständen kennengelernt, wäre ich nicht das Drachenkind und er kein Wächter der Tafel, wenn uns mehr Zeit gegeben wäre, dann hätte aus uns ein Paar werden können. Gewiss, eines Tages hätte er mir das Herz gebrochen, aber die Erfahrung war es wert, erlebt zu haben. Die Erinnerung an unsere gemeinsame Zeit täte ich ewig in mir tragen. Die Gewissheit, vom Frauenheld Thomas geliebt zu werden, hätte mich ein Lebenlang begleitet und gestärkt.

Aber ich war nun einmal das Drachenkind. Das ließ sich nicht ändern. Zum ersten Mal war ich sogar froh darüber. Denn es gab mir die Macht, die zu beschützen, die noch am Leben waren.

Dennoch hasste ich mein Leben. Es hatte mich zu Taten gezwungen, die ich nicht tun wollte. Am Ende musste ich ihr Leben gegen das von Kaito eintauschen. Ihr Blut klebte an meinen Händen.

Dabei hatte ich nach so vielen Jahren endlich so etwas wie Freunde gehabt.

Ich hoffte aus tiefster Seele, dass sie mir verzeihen mögen.

Auf meinem Schoß lagen Duell-Karten. Weißumrahmte. Schwarzgeränderte. Blauumrahmte in zwei verschiedenen Nuancen. Braue und Violette. Eine bunte Vielfalt. Sie hatten bei den Leichen ihrer Besitzer gelegen. Ohne zu wissen warum, hatte ich sie an mich genommen. Vielleicht konnten sie mir nützlich sein. Da ich meine Drachen nicht rufen konnte, brauchte ich jede Verstärkung, die ich kriegen konnte. Doch ich musste vorsichtig zu. Wenn ich mir zuviel zumutete, würde ich den Tag nicht überleben.

Andererseits, wenn es zum Kampf gegen meinen Großvater, und daran zweifelte ich keine Sekunde, dann würde mir keine Wahl bleiben. Er müsste jeden Augenblick hier aufkreuzen. Ich machte mir keine Mühe, meine Aura zu verschleiern, da ich gefunden werden wollte.

Mizaels Tachyondrache schaute mich an. Als wollte er sagen: nur Mut. Du schaffst das.

Dafür konnte ich nur beten. Nun war ich ganz auf mich alleine gestellt. Ohne Freunde und ohne Familie. So wie früher.

Eine Stimme drang in meinen Kopf. Zunächst dachte ich, es wäre Rizu, dann hörte ich zu.

O Ariya. Was hast du nur getan?

Drachenstern Saga - Part 1 - Die Legende der DrachenreiterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt