✔Kapitel 2

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Kapitel 2

Harry schlich durch die Gänge des Schulgebäudes, mit den Blicken der anderen, die er im Rücken spürte. Er war es gewohnt von anderen schief angesehen zu werden und mittlerweile störte ihn das nicht mehr. Manche tuschelten oder lachten, sobald Harry an ihnen vorbeiging. Andere ignorierten ihn wiederum. Doch die Schlimmsten waren die "Fighters", die beliebteste und einflussreichste Gang der Schule. Sie hackten am meisten auf Harry herum und versuchten ihre Taten nicht einmal zu verstecken. Unter ihnen war auch Louis, der Anführer der Fighters. Täglich klauten sie den Jüngeren und Schwächeren ihr Pausengeld. Zwangen sie ihre Hausaufgaben zu machen und ließen sich ihre Bücher tragen. Die meisten taten dies ohne Einwände, in der Hoffnung in ihre Gang aufgenommen zu werden. Doch das war so gut wie unmöglich, denn die Gang hatte ihre festen Mitglieder, unter anderem Zayn Malik, Niall Horan, Collin Ferez und natürlich Louis Tomlinson. Die anderen Mitglieder kannte Harry nicht, aber er wollte es auch gar nicht wissen.

Gerade als Harry an seinem Schließfach ankam, sah er am anderen Ende des Ganges, wie Louis einen Schüler gegen die Wand drückte und seine Handlanger, die lachend hinter ihm standen. Mit zitternden Händen griff ihr Opfer in seine Hosentasche und überreichte mit ängstlichem Gesichtsausdruck das Geld, was er bei sich trug, an Louis. Dieser ließ danach von dem Jüngeren ab und steckte sich zufrieden grinsend seine Beute in die eigene Hosentasche. Harry schaute dem Geschehen still zu, denn was sollte er tun? Helfen konnte er nicht, er käme nicht an gegen die Fighters.

Harry spürte einen Blick auf sich und sah, wie Zayn ihn beobachtete, Louis mit dem Ellenbogen anstieß und mit einer Kopfbewegung in Richtung von Harry deutete.

Schnell richtete Harry seinen Blick ab und öffnete kopfschüttelnd seinen Spind.

Seine Bücher waren alle sortiert, nach Unterrichtsfach und seinem Stundenplan. Harry konnte es nicht leiden, wenn die Bücher nicht ihre Ordnung hatten. Er wollte sich gerade sein Biologiebuch nehmen, als seine Spindtür mit einem lauten Knall zuflog und dabei fast seine Hand einklemmte. Erschrocken wich Harry einen Schritt zurück und erkannte Louis, der mit verschränkten Armen und mit der rechten Schulter an den Schließfächern stand. "Hat dir deine Mami nicht beigebracht, dass man andere Leute nicht heimlich beobachtet? Das ist unhöflich", spottete Louis und funkelte Harry dabei böse an. "Tut ... tut mir leid", versuchte Harry ängstlich und mit gesenktem Blick das Schlimmste zu verhindern. Er wusste, dass man Leute nicht beobachtete, das hatte ihm seine Mutter beigebracht. Aber manchmal merkte Harry nicht, dass er das tat und somit wurde es oft falsch verstanden von den Leuten, die Harry nicht kannten.

"Hm, was machen wir denn jetzt mit dir? Du solltest eine Strafe dafür bekommen." Langsam kam Louis auf Harry zu, welcher bei jedem Schritt zurückwich. Doch lange konnte er nicht ausweichen, dann wurde er von zwei Armen aufgehalten, die ihn festhielten. Beim Blick über seine Schultern schaute er in die grinsenden Gesichter von Zayn und Niall.

Maximal dreißig Zentimeter stand Louis noch von ihm entfernt. Harry fühlte sich unwohl, er mochte diese Nähe nicht. Außer seiner Mutter und seiner Schwester durfte ihm niemand so nahe treten. Nervös trat er von einem Fuß auf den anderen, während sein Atem sich beschleunigte und ein leichter Schweißfilm seine Stirn benetzte. "Guck mich an, wenn ich mit dir rede, Styles." Harry konnte nicht, auch wenn er es wollte, doch die Angst ließ es nicht zu, dass er jemandem in die Augen blickte. Auch bei seiner Mutter schaffte er es bis jetzt nur zweimal in den letzten Jahren. Und auch nur, als er vollkommen glücklich war und sich sicher fühlte. Harry spürte einen Schmerz an seiner rechten Wange. Die Stelle, die Louis soeben mit seiner Hand schlug, pochte und brannte. "Du sollst mich angucken, hab ich gesagt. Was fällt dir ein, nicht zu tun, was ich sage?" Was sollte Harry sagen? Ihm erklären, dass es unmöglich war, ihm in die Augen zu schauen? Er würde es nicht glauben und hätte das Gefühl, Harry möchte ihn absichtlich provozieren. Aber das tat er nicht. Also sagte er einfach nichts und ließ Louis Taten schweigend über sich ergehen. "Du bist so ein Freak, weißt du das? Kein Wunder dass du keine Freunde hast ... Niemand möchte mit so einem Psycho wie dir befreundet sein." Es schmerzte, darauf deutete das Ziehen in Harrys Brust und der Druck in seinem Hals. Seine Mutter verglich dieses Gefühl immer mit 'einen Kloß im Hals haben', doch das verstand Harry nicht. Wie konnte man einen Kloß im Hals haben? Wie kam er denn dahin? Für Harry war es einfach nur ein schmerzhaftes Brennen.

"Hey, lasst ihn los!" Diese Wörter ließen Harry aufmerksam werden und er drehte seinen Kopf in die Richtung, aus der die Stimme in seine Ohren klang. Ein ihm unbekannter Junge kam auf die Jungs zu. Seine Augenbrauen zu einer ernsten Miene zusammengezogen. Sein Blick schweifte kurz zu Harry, bevor er ihn wieder wütend auf Louis richtete. "Sagt wer?", spottete Louis und schaute den Jungen, der nun genau neben ihm stand, finster an. "Ich sage das. Lasst ihn los und zwar sofort." Er wirkte selbstbewusst, ganz anders als Harry, der unsicher auf seine Lippe biss und den Boden anstarrte. "Und wer bist du, dass du denkst, ich höre auf dich?", provozierte Louis weiter und ließ nun von Harry ab, um auf den unbekannten Braunhaarigen zuzugehen. "Es geht dich nichts an, wer ich bin, lasst ihn in Ruhe und verschwindet", konterte der zurück. Louis lachte laut auf und wollte gerade auf den Jungen vor ihm losgehen, als Niall ihn an der Schulter zurückhielt. Er beugte sich vor zu Louis und flüsterte etwas in dessen Ohr, weswegen Louis' Miene sich für einen kurzen Moment veränderte. Doch schnell fasste er sich wieder, ging einen Schritt zurück und wendete sich an seine Jungs. "Lasst uns verschwinden. Den Freak schnappen wir uns ein anderes Mal." Mit diesen Worten drehten sich alle um und gingen den Schulflur, nicht ohne ihnen im Weg stehende Schüler beiseite zu stoßen, entlang.

"Hey, ist alles okay bei dir? Haben sie dir wehgetan?" Harry schaute noch immer auf den Boden, doch das Verhalten des Jungen beeindruckte ihn. Noch nie zuvor hatte ihm jemand geholfen, entweder aus Angst oder aus Belustigung. "Es geht mir gut, danke." Endlich fand auch Harry seine Sprache wieder und sah aus den Augenwinkeln, dass der Unbekannte lächelte.

"Ich bin Liam", stellte er sich vor und hielt Harry seine Hand entgegen.

✔Asperger 1 - I'm not a Freak •|• Larry [In Überarbeitung]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt