✔Kapitel 43

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Kapitel 43

Ängstlich öffnete Harry die große, braune und schwere Holztür, die ihn von der Bibliothek trennte.

Sein Herz raste, als er seinen Blick durch den Saal schweifen ließ. Die Bibliothek war groß, größer als die meisten Räume hier. An den Wänden standen Regale, die mit Unmengen von Büchern gefüllt waren. Einige sahen noch relativ neu aus, andere wiederum standen kurz vor dem Zerfallen.

Zayn war noch nicht da und erleichtert atmete Harry aus. Ein paar andere Schüler saßen an den Tischen und lasen oder schrieben etwas.

Harry ließ sich auf einen freien Platz nieder und breitete seine Arbeitsmaterialien aus. Es war ruhig, nur das leise Flüstern der anderen war hin und wieder zu hören.
Harry bekam Zweifel, ob es eine gute Entscheidung war, sich hier mit Zayn zu treffen, aber für Änderungen war es bereits zu spät. Er schaute auf seine Armbanduhr und stellte fest, dass Zayn bereits zehn Minuten zu spät war. Vielleicht hatte er es ja vergessen?, dachte sich Harry, doch in diesem Moment öffnete sich die große Tür erneut und Zayn betrat den Saal.

"Du ... Du bist zu spät", sagte Harry zu Zayn, als dieser sich lustlos und viel zu laut auf den gegenüberliegenden Platz fallen ließ. "Wen interessiert das?", fragte dieser bissig zurück, doch Harry antwortete nicht, spielte unsicher mit seinen Fingern. "Lass mich eins klarstellen. Wir machen das, was ich sage, wir arbeiten an diesen scheiß Projekt dann, wann ich es will. Hast du das kapiert?" Harry nickte sofort, auch wenn er damit nicht einverstanden war. "Dann lass uns anfangen", bestimmte Zayn und Harry nickte. "O-okay." Harry wollte sich gerade an seine Arbeit machen, als Zayn ihn noch einmal unterbrach. "Ach übrigens. Sieh zu, dass du aufhörst zu stottern, das ist ja kaum zum Aushalten." Harry runzelte die Stirn, aber nickte wieder.

*

Die folgende Stunde verlief anders als erwartet ziemlich ruhig. Die beiden konzertierten sich auf ihre Aufgaben, besprachen hin und wieder ein paar Dinge, und ab und zu lächelte Zayn sogar leicht. "Warum bist du jetzt so nett?", wollte Harry wissen. Zayn sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. "Soll ich lieber nicht nett sein? Ich kann auch anders, wenn du das so möchtest." Sofort schüttelte Harry den Kopf. "Nein." Für Harry war alles besser als Zayns bösartige Seite. "Wann treffen wir uns wieder?" Schulterzuckend antwortete der Schwarzhaarige. "Morgen. Aber bitte nicht wieder hier, ich hasse Bibliotheken." "W-wir könnten z-zu mir gehen?", fragte Harry unsicher und Zayn nickte. "Geht klar. Und jetzt mach dich wieder an die Arbeit." Zufrieden und mit einem leichten Lächeln sah Harry zurück auf seine Notizen. Er fand es gut, dass Zayn auch nett sein konnte, doch dessen berechnenden Blick bekam Harry nicht mehr mit. Ebenso konnte er nicht wissen, dass alles, was Zayn tat, zu seinem Plan gehörte.

Harry war zufrieden, dass es gut verlaufen war und stand jetzt mit einem Lächeln auf den Lippen vor Louis' Klassenzimmer. Als es klingelte, stürmten die Schüler aus ihren Räumen, beachteten Harry nicht, und wenn doch, schenkten sie ihm einen abwertenden Blick oder rempelten ihn an.
"Hey ... geht's dir gut? Hat er irgendetwas getan?" Louis ließ seinen Blick prüfend über Harrys Körper wandern, um eventuelle Verletzungen festzustellen. "Nein. Alles gut", beruhigte Harry seinen Freund und dieser lächelte leicht. "Gut ... Sein Glück." Louis strich sanft eine von Harrys Strähnen aus seinem Gesicht, bevor er ihm einen sanften Kuss auf die Lippen gab. Dass die meisten Schüler sie komisch ansahen, interessierte beide nicht. Viel zu sehr genossen sie die Nähe des jeweils anderen. "Ich möchte dir gern etwas zeigen", verkündete Louis und hoffte, dass Harry sich darauf einließ. "Und was?" Louis Lächeln wurde breiter. "Ist eine Überraschung." Louis nahm Harrys Hand in seine und zog ihn aus dem Gebäude. "Louis, ich mag keine Überraschungen." Harry spürte, wie er leicht anfing zu schwitzen. Er hasste das Gefühl, nicht zu wissen, was passierte. Doch er wusste auch, dass Louis ihn niemals in Gefahr bringen würde. "Ich weiß, aber diesmal wirst du dich darauf einlassen müssen. Es wird dir gefallen, versprochen."

*

Es vergingen circa 30 Minuten, bevor die beiden an ihrem Ziel ankamen. Louis stoppte vor einem großen Gebäude. "Was ist das?", wollte Harry wissen, als er auf einem Schild die Aufschrift Rosalie's Atelier las. "Nach was sieht es denn aus?", wollte Louis grinsend wissen. "Ist das ein Atelier?" Louis lachte. "Nein, Harry, das ist ein Stripclub und der Name ist dafür da, um es geheim zu halten." Louis liebte Sarkasmus, doch bei Harry war er da an der falschen Adresse. "Was? Wer macht denn so was? Und was wollen wir in einem Stripclub? Louis, ich ... ich will da nicht rein." Erneut musste Louis lachen. "Das war ein Scherz. Natürlich ist das kein Stripclub. Es ist ein Atelier, genau so, wie es auf dem Schild steht." klärte er den Lockenkopf auf, doch dieser sah ihn nur verständnislos an. "Warum sagst du es dann?" Louis zuckte mit den Schultern. "Ich fand es witzig." Kopfschüttelnd antwortete Harry. "War es nicht." Louis seufzte. "Jetzt lass uns reingehen, ich möchte dir jemanden vorstellen." Ohne eine Antwort abzuwarten, zog Louis seinen Freund in das Gebäude, natürlich nachdem Harry bis fünf zählte.

"Gefällt es dir?" Harry stand vor einem Bild. Es zeigte eine Herbstlandschaft. Die Bäume bogen sich leicht durch den Wind und einzelne bunte Blätter fielen auf den Boden. Es gab einen See mit einer kleinen Brücke, auf der ein junges Mädchen in einem weißen Kleid stand und nachdenklich auf das Wasser blickte. "Es ist schön", antwortete Harry. Er hatte selbst auch viele Herbstbilder. Er liebte den Herbst einfach.

"Da seid ihr ja." Eine weibliche Stimme ließ Harry leicht aufschrecken. Er war zu vertieft in das Bild. Beide Jungs wandten ihre Blicke in die Richtung, aus der die Stimme kam und sahen eine junge Frau, einige Jahre älter als die Jungs selbst, und mit einem freundlichen Lächeln auf dem Gesicht. "Ich bin Rosalie, ihr müsst Louis und Harry sein." Louis nickte und ging einen Schritt auf sie zu. "Ich bin Louis. Wir hatten telefoniert." Rosalie nickte und wandte ihren Blick zu Harry, der unsicher hinter Louis stand. "Dann musst du Harry sein." Harry nickte, er fand es seltsam, dass sie seinen Namen wusste. "Louis sagte mir, dass du ein begnadeter Künstler bist. Er wollte, dass ich dir ein wenig von der Kunstuniversität in London erzähle." Harry schaute zu Louis, der ihm aufmunternd zunickte. "Hör es dir wenigstens an, okay?", flüsterte er seinem Freund zu, welcher daraufhin nickte.

*

Das Gespräch dauerte bereits eine Stunde. Nach anfänglichen Schwierigkeiten war Harry mittlerweile hin und weg von Rosalies Erzählungen. Sie redete ohne Punkt und Komma, über Kunst, das aufregende Campusleben und ihre Erfolge, die sie nach ihrer Studienzeit erzielte. Sie war mittlerweile sehr begehrt und hatte Anfragen aus aller Welt. Louis verstand nur die Hälfte davon, weswegen er sich die meiste Zeit mit seinem Handy beschäftigte.
"Also, was denkst du? Wirst du dich auf der Uni bewerben? Wenn du wirklich so gut bist, wie Louis sagte, dann werden sie dich ohne zu zögern nehmen." Harry schien zu überlegen, er wollte nicht aus Holmes Chapel weg, doch was Rosalie erzählte, gefiel ihm. "Ich werde es mir überlegen." Rosalie nickte und auch Louis grinste zufrieden. Mehr wollte er im Moment nicht. Dass Harry darüber nachdachte, reichte ihm vollkommen. "Gefallen dir eigentlich meine Bilder?", wollte Rosalie noch wissen und lächelte Harry erwartungsvoll an. "Sie sind gut, aber meine gefallen mir besser." Louis und Rosalie mussten laut lachen. "Dann solltest du dich auf jeden Fall bewerben", brachte Rosalie unter Lachen hervor und führte die beiden Jungs zum Ausgang.
Nachdem sie sich alle verabschiedeten, verließen beide das Atelier. "Hat es dir gefallen?", fragte Louis und Harry nickte. "Lass uns nach Hause gehen", fuhr Louis fort und nahm Harry erneut bei der Hand. Louis musste schmunzeln. Er war glücklich, glücklich Harrys Freund zu sein, glücklich sein Vertrauen zu haben und glücklich Harry lieben zu dürfen.

✔Asperger 1 - I'm not a Freak •|• Larry [In Überarbeitung]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt